Thomas Ziebula - Die Hure und der Spielmann

  • Die Hure und der Spielmann von Thomas Ziebula


    erschienen im August 2014 bei Bastei Lübbe
    Das Buch hat 687 Seiten und ist unterteilt in Polog, Buch I (Zeitraum 1618-1620), Buch II (Zeitraum 1620-1622) Buch III (Zeitraum 1624-1627) Buch IV (Zeitraum 1628-1632) und einem Epilog.
    Vorangestellt findet der Leser eine Karte des Heiligen Römischen Reichs Vereinter Nation, anhand derer man dem Verlauf der Geschichte folgen kann und ein Personenverzeichnis welches die Romanfiguren und auch die historischen Personen umfasst.
    Im Anschluß an den Roman befindet sich ein Nachwort und der Dank des Autors sowie ein ausführliches Glossar.


    Das Cover ist schlicht, aber wie ich finde sehr schön und zu der Geschichte passend.
    Wie schon bei "Der Gaukler" ist darauf lediglich eine Maske erhaben abgebildet - hier die eines Teufels.



    Über den Autor:

    Thomas Ziebula war bis Mitter der 90er Jahre Diakon und Sozialpädagoge und schrieb vorwiegend Satiren, Kurzgeschichten und Kinderbücher. Seither ist er freier Autor und verfasst Fantasy-, Spannungs- und Science-Fiction-Geschichten,
    die als Hardcover, Taschenbücher und Romanhefte erschienen. 2001 erhielt er den Deutschen Phantastik Preis. Derzeit arbeitet Thomas Ziebula an seinem dritten historischen Roman.



    Inhalt des Buches laut Klappentext:
    Liebe, Krieg und Mordintrigen in einem chaotischen Zeitalter


    Stockholm, 1618. Die Kaufmannstochter Kristina Thott flieht vor einer Zwangsheirat.
    Ein Schiffbruch verschlägt sie nach Deutschland - und mitten hinein in die Wirren des 30-jährigen Krieges. Um zu überleben, muss die junge Frau Wege gehen, an die sie nicht einmal in ihren schlimmsten Träumen gedacht hat:
    Sie wird die Mätresse eines Offiziers. Als Kristina sich in den Spielmann Tonda verliebt, scheint das Glück zum Greifen nahe.
    Was sie nicht ahnt: Tonda ist durch ein Gelübde an einen fanatischen Jesuitenpater gebunden und in geheimer Mission unterwegs.
    Sein Auftrag: Königsmord



    Mein Fazit:
    Schon der Prolog konnte mich mit den ersten Sätzen fesseln und mit sich forttragen.


    Der Prolog spielt 16 Jahre nach Beginn der eigentlichen Geschichte und macht den Leser sehr neugierig auf die Geschehnisse die hierhin geführt haben.
    Was hat der Jesuitenpater, den Kristinas Bruder den "Satansbraten" schimpft, mit dem Tod des schwedischen Königs zu tun und warum trägt er Kristinas Tagebuch und die zwei Handpuppen, die den Teufel und den Tod (hier auch Meister Hein Klapperbein genannt) darstellen, mit sich herum?


    Wie schon Thomas Ziebulas erster historischer Roman "Der Gaukler", ist "Die Hure und der Spielmann" eine gelungene Verknüpfung von Geschichtsstunde und guter spannender Unterhaltung.
    Der Schreibstil des Autors schaffte es mühelos Bilder in meinem Kopf entstehen zu lassen und mich in die Geschichte hineinzuziehen. Der 30-jährige Krieg wurde für mich hier erneut sehr lebendig.


    Die Figuren sind liebesvoll gezeichnet und agieren absolut nachvollziehbar. Der Autor hat es sehr gut geschafft Emotionen zu vermitteln. Ich habe Kristina und auch Tonda liebgewonnen und habe mich mit ihnen gefreut und mit ihnen gelitten.
    Andere Figuren wie z.B Veits Jockrim habe ich zum Teufel gewünscht.


    Als Fan von "Der Gaukler" habe ich mich natürlich sehr über ein Wiedersehen mit Suzanna, Hannes und vor allem auch Rübelrap gefreut.
    Es hat mir auch Spaß gemacht die entsprechenden Stellen im "Gaukler" nochmals nachzulesen.


    (Für alle die "Der Gaukler" nicht kennen sei hier gesagt: man muss die Geschichte nicht zwingend gelesen haben um "Die Hure und der Spielmann" genießen zu können. :wink: )


    Für mich gibt es für "Die Hure und der Spielmann" eine ganz klare Leseempfehlung für alle die gut recherchierte und authentische historische Romane lieben.
    Ich vergebe :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    und freue mich jetzt schon auf den nächsten historischen Roman aus dieser Feder.

    Life isn't about waiting for the storm to pass.....
    it's about learning to dance in the rain!


    2018 gelesene Bücher 45 :study: 20122 Seiten
    abgebrochen: 0


  • Stockholm zu Beginn des Krieges 1618: Die 17-jährige schwedische Kaufmannstochter Kristina Thott will einer Zwangsheirat mit Sakarias Bonde entkommen und begibt sich auf die Flucht zu ihrer Tante in Prag. Doch sie kommt nur bis Deutschland und landet mitten im 30-jährigen Krieg. Ab hier muss sie sich durchschlagen, ist sie doch allein und ohne Schutz unterwegs. Da bleiben einer Frau nicht viele Möglichkeiten zum Überleben.
    Der Prager Katholik Antonin von Waldau unterdessen flüchtet vor seinen verhassten Stiefvater und begibt sich in die Hände des Jesuiten Franz von Trient, dem er treu ergeben ist. Unter dem Namen Tonda reist er als Spielmann umher. Eines Tages begegnet er Kristina, die inzwischen die Mätresse eines Offiziers ist. Zwischen den beiden entbrennt das Feuer der Liebe, doch Tonda ist an den Jesuiten gebunden, der insgeheim einen teuflischen Plan schmiedet. Wird Kristina und Tonda ein gemeinsames Glück vergönnt sein?


    Thomas Ziebula hat mit seinem historischen Roman „Die Hure und der Spielmann“ den Folgeband zu seinem Debüt „Der Gaukler“ vorgelegt. Obwohl das Buch mit 687 Seiten sehr dick ist, fliegt man regelrecht durch die Seiten. Schon die Aufteilung des Romans verdient eine Anmerkung, denn der Prolog startet in der Zukunft im Jahr 1632 und die darauffolgenden Bücher erzählen von der Vergangenheit, dem sich der Epilog wiederum im Jahr 1632 anschließt. Eingestreute Intermezzi, die aus Tagebucheinträgen bestehen, machen die Geschichte authentisch und sehr lebendig. Auch die eingefügte Karte und ein Personenverzeichnis zu Beginn des Buches sowie ein Glossar und ein erklärendes Nachwort des Autors runden dieses Gesamtpaket ab.


    Der Schreibstil ist wieder einmal wunderbar flüssig,, sehr bildhaft, aber auch emotional, dabei lässt der Autor auch den Humor nicht vermissen. Der Leser wird direkt an die Hand genommen und in eine vergangene Zeit entführt. Der Spannungsbogen baut sich gleich zu Beginn auf und zieht sich nahtlos durch den ganzen Roman. Durch die wechselnden Erzählperspektiven ist man immer mitten im Geschehen und verfolgt die Gefühls- und Gemütslage der einzelnen Protagonisten hautnah.


    Die historische Hintergrundrecherche zu diesem Roman hat Thomas Ziebula wieder hervorragend gelöst und brillant in seine Geschichte eingepflegt. Die Geschehnisse des 30-jährigen Krieges werden vom Autor so authentisch erzählt, dass man als Leser das Gefühl hat, mitten drin zu stehen und alles zu beobachten: den Schmutz, die Toten und Verletzten, die Gräueltaten, die Ränke und Manipulationen, die politischen und religiösen Machtspiele, aber auch die Liebe, die Verzweiflung, die Hoffnung und ein wenig Glück. Der Roman überzeugt durch gelebte Geschichte und eine fiktive Handlung, die sich nahtlos einfügt. Dabei unternimmt man eine Reise von Schweden über Deutschland nach Böhmen. Die einzelnen Charaktere sind sehr liebevoll und lebensecht skizziert, vor dem inneren Auge des Lesers werden die Personen regelrecht greifbar. Kristina ist widerspenstig, hat ihren eigenen Kopf und ist sehr willensstark, sie gibt nicht auf und beißt sich durch. Sie ist eine starke Persönlichkeit und absolute Sympathieträgerin. Tonda hatte eine schreckliche Kindheit und dadurch sehr eingeschüchtert. Er sehnt sich nach Liebe, Anerkennung und Wärme, dabei ist er gutmütig und leider auch sehr gut zu manipulieren. Um sich aus diesem Teufelskreis zu befreien, braucht er viel Willenskraft und Stärke, aber auch das Gefühl, geliebt zu werden.


    Thomas Ziebula hat sich mit seinem neuen Roman „Die Hure und der Spielmann“ wieder in das Herz des Lesers geschrieben, denn durch seine Erzählkunst erhält man eine Geschichtsstunde par Excellence, die viel Spaß macht und dabei bestens unterhält. Das geht ans Herz, lässt einen nicht mehr los und hallt noch lange nach. Nachdem Ziebula schon mit seinem Debütroman „Der Gaukler“ einen fulminanten Start hingelegt und die Messlatte hoch angesetzt hat, waren die Erwartungen für sein neues historisches Werk sehr groß. Aber der Autor hat sich mit diesem Buch erneut in die Herzen der Leser geschrieben, sich selbst übertroffen und alles richtig gemacht. Einfach sagenhaft, Chapeau!


    Dieser Roman hätte mehr als :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: verdient, dafür aber besonders gern gegeben!

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
    _____________________________________________


    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Meine Meinung:


    Nun stehen hier zwei hervorragende Rezensionen, das ich da gar nicht viel mehr zu schreiben kann. Ich habe das Buch mit Autor gelesen und mich hat das Buch und auch der Autor so sehr fasziniert, weil das Buch einfach sehr gut und flüssig geschrieben ist, weil es gut recherchiert ist und letztlich, weil der Autor alle Fragen sehr ausführlich beantwortet und die Gruppe sehr aktiv betreut hat. Diese Zeit 1618 - 1632 wurde mir sehr viel näher gebracht und so macht Geschichte kennenlernen sehr viel mehr Spaß als in der Schule, das ist mal sicher. Vielleicht noch ein kleiner Satz zum Inhalt, denn ich fand es wirklich großartig mit den beiden Hauptprotagonisten Kristina und Tonda mitzufiebern. Nun habe ich erst während der Leserunde mitbekommen, das es auch ein Debütroman gibt "Der Gaukler", der wandert zumindest auf meine Wunschliste und ich denke auch das dieser in absehbarer Zeit auch bei mir eintrudeln wird, denn wie geschrieben ist die Art und Weise des Schreibens sehr angenehm und das recherchierte Wissen sehr fundiert.


    Fazit:


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    :study: 13 Gebote (Mortimer Müller) 274 / 426 Seiten

    :study: Einfach Mensch sein (Sy Montgomery) 32 / 208 Seiten


    SUB: 857

  • Das vorliegende Buch „Die Hure und der Spielmann“ durfte ich im Zuge einer autorenbegleiteten Leserunde lesen. Zunächst setzte ich nicht allzu hohe Erwartungen in das Buch, da Titel und Klappentext eine typische Liebesgeschichte vor historischem Hintergrund, wie es sie zuhauf gibt, erwarten lässt. Aber ich wurde positiv überrascht und mit absoluter Begeisterung habe ich eine historisch genauestens recherchierte Geschichte gelesen, die mir ein Wechselbad der Gefühle bereitete.

    „Die Hure und der Spielmann“ gliedert sich neben Prolog und Epilog in vier große Abschnitte, die jeweils in dreizehn einzelne Kapitel unterteilt wurden. Darin wird abwechselnd aus der Perspektive von Kristina, Tonda und Franz von Trient ihre Geschichte erzählt, die sich insgesamt über 14 Jahre während des 30-jährigen Krieges erstreckt.

    Alles beginnt 1632 als dem schwedischen Offizier Erik Thott das Tagebuch seiner Schwester in die Hände fällt, das ein Jesuit, der des Mordes an dem schwedischen König Gustav Adolf verdächtigt wird, bei sich hatte. Das letzte Mal sah er Kristina 1618 als er ihr zur Flucht verhalf und hielt sie seitdem für tot, doch Kristina lebt und hat in ihrem Tagebuch alle wichtigen Ereignisse ihres Lebens bis 1632 festgehalten. So liest Erik voller Staunen und Ungläubigkeit Kristinas Erlebnisse in den vergangenen Jahren. Anschließend folgt ein Sprung zu dem Tag ins Jahr 1618, an dem Kristinas und Tondas Schicksal, der dem Jesuitenpater Franz von Trient begegnet, ihren Lauf nimmt. Am Ende jeden großen Abschnittes folgt wiederum ein kurzer Zeitsprung zum aktuellen Geschehen um Erik, die nahtlos aufeinander aufbauen. Die abwechselnde Erzählweise sorgt für viel Spannung und bringt eine gewisse Dynamik in die Geschichte, sodass an keiner Stelle Langeweile aufkommt. Dafür sorgt auch der flüssige, sehr bildhafte und emotionale Schreibstil, der den Leser direkt in die Zeit des 30-jährigen Krieges entführt und ihn mit den Protagonisten leiden und lachen lässt. Dabei schweift der Autor nie ins Kitschige ab, sondern lässt dem Leser das Besondere an der Beziehung zwischen Kristina und Tonda spüren.

    Mein einziger Kritikpunkt ist, dass im vierten Teil des Buches entscheidende Handlungen etwas knapp gehalten werden und sehr rasch aufeinander folgen, sodass man sich kaum von der einen Überraschung erholen kann und stattdessen sogleich mit der nächsten konfrontiert wird. Manche Stellen musste ich daher öfter lesen um die Ereignisse überhaupt realisieren zu können. Thomas Ziebula ist ein Meister der Überraschungen und wirklich bis zum Schluss verblüfft und schockiert er seine Leser mit Wendungen, mit denen ich nie und nimmer gerechnet hätte. Das weitere Schicksal der meisten Charaktere lässt er bewusst offen, sodass man sich selbst weiterführende Gedanken darüber machen kann. Einerseits finde ich dies sehr gelungen, andererseits ist meine Neugier aber so groß, dass ich sehr gerne mehr über den Verbleib der ein oder anderen Figur gewusst hätte. Wie aber vom Autor schon angedeutet wurde, wird man manch bekanntem Charakter in seinen weiteren Büchern begegnen und auf dieses Wiedersehen freue ich mich schon sehr.

    Die Figuren sind hervorragend ausgearbeitet und überzeugen allesamt mit Ecken und Kanten, egal, ob sie dem Leser nun sympathisch sind oder eher nicht. Kristina ist ein Sturkopf, der gern seinen eigenen Willen durchsetzt, aber für geliebte Menschen bereit ist alles zu tun. Sie macht aus ihren Situationen stets das Beste, selbst wenn es noch so aussichtslos erscheint. Tonda, ein exzellenter Musiker, ist aufgrund seiner Kindheit ein sehr schüchterner junger Mann, der sich nach Anerkennung und Liebe sehnt. Dadurch lässt er sich psychisch leicht manipulieren, was jemand wie Pater Franz, der vom wahren Glauben der katholischen Kirche und dessen Verbreitung regelrecht besessen ist, leicht für seine eigenen Zwecke auszunutzen weiß. Obwohl Franz von Trient bereit ist für seinen Glauben über Leichen zu gehen und meistens Ärger, Wut und Hass beim Leser auslöst, zeigt er in einigen wenigen Situationen auch eine liebevolle und menschliche Seite. Ein Sympathieträger wird er dennoch nie, da dafür sein Fanatismus zu sehr ausgeprägt ist. Veits Jokrim hingegen scheint weder Herz noch Gewissen zu besitzen. Ein traumatisches Erlebnis in seiner Jugend führte zu einer Persönlichkeitsstörung und er steht aufgrund dessen stellvertretend für viele Landsknechte der damaligen Zeit, die im Krieg ihrer gewalttätigen Ader freien Lauf ließen. Aber es gab auch noch gute und gerechte Menschen, wie Pater Alban, meine absolute Lieblingsfigur, und weitere Nebencharaktere, die verschiedene Gesellschaftsschichten repräsentieren, beweisen.

    Die historisch belegten Hintergründe und Personen wurden genauestens recherchiert und im Buch perfekt verarbeitet. Thomas Ziebula schildert die Geschehnisse des 30-jährigen Krieges so lebendig und realistisch, dass man das Gefühl hat, sich mitten im Geschehen zu befinden und die Gewalt und das Leid, die der Krieg mit sich brachte, am eigenen Leib zu erleben. Die Gründe, die zu dem schrecklichen Krieg führten, die politischen und religiösen Machtverhältnisse und welche Personen entscheidend zum Kriegsverlauf beitrugen – all dies wird perfekt in die Geschichte um Kristina und Tonda eingebettet und auf äußerst verständliche und informative Weise erklärt. Im Zuge der Leserunde wurden außerdem viele Sachverhalte noch ergänzend ausgeführt und weitere historische interessante Fakten dargestellt.

    Eine Karte auf der man die Reise durch das Heilige Römische Reich Deutscher Nation nachverfolgen kann und ein Personenverzeichnis, gegliedert nach fiktiven und historisch belegten Personen, zu Beginn des Buches sowie ein Nachwort des Autors und ein ausführliches Glossar am Schluss runden diesen historischen Roman perfekt ab.

    Mit seinem spannenden, emotionalen und äußerst informativen Roman „Die Hure und der Spielmann“ – man darf sich nicht von seinem Äußeren abschrecken lassen – und seiner sympathischen Art während der Leserunde, konnte Thomas Ziebula einen neuen Fan gewinnen!


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • Teufelsweib: Perfekt ausgedrückt, du schreibst mir sozusagen aus der Seele! Das kann ich genauso unterschreiben. :thumleft:


    Ich schau, dass ich die Tage auch meinen Eindruck ihr noch niederschreibe. Jetzt muss ich allerdings leider erst mal bis übers Wochenende arbeiten.

    Wir brauchen Geschichten.
    Wer möchte denn nur ein Leben führen, wenn er das von vielen besuchen kann?
    Sabrina Qunaj - Das Blut der Rebellin

  • Ich kann mich dem großen Lob nur bedingt anschließen. Manchmal möchte sich die Beziehung zur Lektüre nicht einstellen, obwohl man sich sichtlich Mühe gibt. Und ich habe wirklich versucht, das Buch zu mögen. Aber es sollte einfach nicht sein.


    Dabei ist es keineswegs schlecht. Ziebulas historische Recherche ist sehr genau, sodass auch die Informationsdichte hoch ist. Entgegen aller Erwartungen beim Titel ist sein Werk ein solider historischer Roman, der bei Lesern, die Wert auf Korrektheit der Fakten legen, durchaus auf Zufriedenheit stoßen kann. Ich habe durch die Fülle an Wissen vieles über eine Zeit erfahren, mit der ich mich noch nie beschäftigt habe, gleichzeitig habe ich für mich entdeckt, dass ich sie künftig getrost meiden kann, da sie mich im Gegensatz zu anderen Epochen schlicht und ergreifend nicht packen konnte. Der Roman ist auch insbesondere auf den Militäraspekt des Dreißigjährigen Krieges fokussiert, was sich im Laufe des Romans zu einer endlosen Schlacht entwickelt hat, die auf mich nur ermüdend wirkte. Vielleicht wäre es besser gewesen, einen kürzeren Zeitabschnitt zu behandeln und ein paar wenige Belagerungen mit den Charakteren ausführlicher durchzugehen.


    Was die Charaktere angeht, so waren mir nur Randfiguren mehr oder weniger sympathisch, die Hauptfiguren hingegen mussten sich mit allem von Teilnahmslosigkeit bis Abscheu zufriedengeben. Dass Kristina immer die richtigen Männer erwischt hat, war eine Tatsache, die mir aufgrund der geringen Wahrscheinlichkeit einer solchen Entwicklung sehr missfallen hat. Auch konnte ich mit ihrer Persönlichkeit wenig anfangen, sie war mir zu kalt und auf sich selbst konzentriert. Trotzdem habe ich die Kapitel mit ihrer Beteiligung lieber gelesen, weil dort zumindest etwas los war. Tonda ist meiner Meinung nach recht grau geblieben, als wäre er nur schemenhaft in die Handlung eingebracht worden. Auch jetzt, nach Beenden des Buches, könnte ich ihn nicht umfassend einschätzen.


    Als schemenhaft könnte man auch die Sprache bezeichnen. Ich hätte mir viel mehr Erklärungen gewünscht, der Stil ist für einen historischen Roman aus meiner Sicht zu skizzenhaft. Es gibt viele Erzählberichte und Zeitraffungen, die mir die Nähe zum Geschehen genommen haben. Auch der Einstieg in den Roman war extrem schwierig, weil es direkt mit einem Ausblick in die Zukunft losgeht und man mit einer Situation und einer Menschenmenge konfrontiert wird, die man zunächst entwirren muss. Nach einem Blick in die Leserunde musste ich sogar zurückblättern, weil mir manche Personen durch die Lappen gegangen waren.


    Eine Anmerkung zum Schluss: Zuerst dachte ich, der Autor hätte etwas Unkonventionelles eingebaut, das ein komplett anderes Interpretationslicht auf das Werk wirft, aber dann wurde ich bitter enttäuscht. Manchmal müssen Autoren eben auch mutig sein.



    Fazit:
    Von meiner Seite kann ich nur eine begrenzte Empfehlung aussprechen, aber ich scheine eher die Ausnahme zu sein. Als positiv vermerken kann ich, dass ich nun um einiges besser informiert bin, was die Zeit und den Krieg angeht. Trotzdem bin ich froh, das Buch endlich beendet zu haben, denn ein richtiges Vergnügen war das Lesen nicht.


    Was mich übrigens sehr gestört hat, waren die zahlreichen Rechtschreib- und Grammatikfehler. Hoffentlich werden die in einer möglichen weiteren Auflage beseitigt werden.

    :jocolor: Verschwundene Reiche: Die Geschichte des vergessenen Europa // Norman Davies (Projekt)



    You cannot open a book without learning something. - Konfuzius

  • @Irongretta
    Vielen Dank für Deine extrem eloquente Beurteilung. :thumleft: Das bestätigt meinen (vom anderen Roman gewonnenen) Eindruck, dass auch ich zu den Lesern gehöre, die dieses Buch nicht lesen müssen.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Ich habe beide Romane des Autors noch auf meinem ebook-SuB und werde mir mal eine eigene Meinung bilden :wink: Ich bin gespannt.
    Vielen Dank für Deine Rezi, @Irongretta ! Und toll, dass Du es zu Ende gelesen hast, auch wenn es Dir nicht so gut gefallen hat. Das macht ja auch nicht jeder (ich bin ein gnadenloser Abbrecher wenn mir ein Buch nicht gefällt).

  • @Irongretta
    Vielen Dank für Deine extrem eloquente Beurteilung. :thumleft: Das bestätigt meinen (vom anderen Roman gewonnenen) Eindruck, dass auch ich zu den Lesern gehöre, die dieses Buch nicht lesen müssen.


    Gerne. :wink: Obwohl natürlich alles Geschmackssache ist, würde ich auch zu der Meinung tendieren, dass es eher nicht dein Buch ist.


    Ich habe beide Romane des Autors noch auf meinem ebook-SuB und werde mir mal eine eigene Meinung bilden :wink: Ich bin gespannt.
    Vielen Dank für Deine Rezi, @Irongretta ! Und toll, dass Du es zu Ende gelesen hast, auch wenn es Dir nicht so gut gefallen hat. Das macht ja auch nicht jeder (ich bin ein gnadenloser Abbrecher wenn mir ein Buch nicht gefällt).


    Ich bin auch gespannt, was du dazu sagst, weil das Buch die meisten überzeugt. Ich habe es nicht abgebrochen, weil ich in der Hinsicht eher stur bin und es als noch lesbar empfand. :mrgreen: Die Rahmenstruktur mit den Intermezzi (Kapitel mit einem Ausblick in die Zukunft) hat mir im Verlauf der Handlung immer besser gefallen, weil es insgesamt zunehmend Sinn ergab. Außerdem war die Handlung an sich oft recht interessant. Dafür, dass es so viele Kritikpunkte gab, sind drei Sterne noch eine recht gute Wertung, aber die historischen Einzelheiten haben auch viel dazu beigetragen.

    :jocolor: Verschwundene Reiche: Die Geschichte des vergessenen Europa // Norman Davies (Projekt)



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  • Ich hab das Buch gestern noch für die Monatschallenge beenden können und ich muss gestehen ich hab mich mit dem Buch schwer getan. Der Anfang war noch ganz ok, aber irgendwie hatte ich das Gefühl die Handlung plätschert nur dahin. Mit den beiden Hauptfiguren konnte ich nicht wirklich warm werden bzw. fehlte mir das gewisse Etwas um mit Tonda und Kristina Berührungspunkte zu finden. Kristina begleiteten schon fast zu viele Zufälle und glückliche Fügungen und Tonda, der Spielmann, war für mich nur eine Puppe, mit der alle anderen spielen.
    Nichts desto trotz fand ich aber den geschichtlichen Hintergrund zum Buch sehr interessant und auch der Schreibstil vom Autor ist sehr ansprechend.
    Von mir gibt es daher :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: