Teil 1: "Eins" bis "Fünfzehn" (Seiten 9-98)

  • Hallo, liebe Leser/innen,
    ich will mich kurz vorstellen: Chrischi steht für Christoph Wortberg, also den Autor von "Der Ernst des Lebens macht auch keinen Spaß". Ich freue mich auf Eure Kommentare und Anmerkungen zum Buch und bin sehr gespannt...

  • Ich lese nun das Vorwort bzw. die Seite 7 des Buches gefühlt schon zum fünfzigsten Mal und doch bin ich noch nicht weiter gekommen. Das Vorwort oder die Einführung "Was ist ein Held" des Buches fasziniert und berührt mich so dermaßen, dass ich diese Seite wieder und wieder lese. Definitiv ist mit dieser Definition und mit dem Vorwort was sehr schönes gelungen. Ich glaube ich lese es gleich nochmal


    Ich versuche es in Worte zu fassen wieso mich diese Seite fasziniert. Ich glaube das liegt daran das ich mir das gedanklich auch schon öfters vorgestellt habe, ein solcher Held zu sein bzw. so heldenhaft zu handeln. Mag sein das es sehr traurig ist, aber in die Situation zu kommen, das man sein Leben für ein anderes gibt ist etwas was man nicht greifen kann, ist etwas was einen irgendwie im Leben unsterblich macht, da ist es egal ob es für ein unbekannten Menschen ist oder für Bekannte, Verwandte oder Freunde ist, es ist einfach diese Handlung und Bereitschaft in der Situation etwas getan zu haben, was viele nicht tun würden.


    Zitat

    "Der die Folgen auf sich nimmt, egal, wie sie aussehen. Weil er nicht anders kann."


    Außerdem gefällt mir die Seite auch wegen des Endes auf dieser Seite, welcher auch als Klappentext angeführt wird, denn auch das habe ich mir schon öfters gedacht und ich glaube auch das viele sich wünschen einmal ein Held zu sein. Aber es gibt eben doch viele Menschen die es eventuell wollen, aber einfach nicht können, daran ist nix verwerfliches, denn das eigene Leben gegen ein anderes oder mehrere einzutauschen ist einfach etwas so Großes, das man sich nicht schämen muss, wenn man das nicht kann und macht. Aber zumindest kann man die wenigen die es tun in Ehren halten und an ihre Taten erinnern, wenn ein Mensch solch ein Opfer für andere darbringt.


    Ich bin noch immer fasziniert von dieser Seite :applause::love:

    :study: Feuerkind (Stephen King) 34 / 542 Seiten

    :study: 111 Pflanzen die man kennen muss (Klaudia Blasl) 240 / 240 Seiten

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  • Hallo lieber Christian,


    zuerst einmal herzlichen Dank, dass du dir die Zeit für uns nimmst. Ich denke, dass es auch für einen Autor immer recht spannend ist, die Reaktionen der Leser so direkt zu erleben.
    Ich freue mich sehr auf das Buch und deine Gedanken und Erläuterungen dazu. Und auf die Meinung der anderen Teilnehmer bin ich genauso gespannt.
    Also: viel Spaß uns allen :winken:

    Gelesen in 2024: 9 - Gehört in 2024: 6 - SUB: 626


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • Hallo Christoph und alle anderen Mitleser,


    auch ich bin sehr gespannt auf diese Leserunde. Gerade die Leserunden, die von dem Autor mitbegleitet werden, sind sehr spannend und interessant. Zudem bin ich der Meinung, dass die Thematik des Buches viel Diskussionsstoff bietet und sich hervorragend eigenen, um sich in der Gruppe auszutauschen (jedenfalls soweit, wie ich es bisher vom Klappentext und Leseprobe entnehmen konnte).
    Ich freue mich sehr auf regen Austausch und werde später sicherlich meine ersten Gedanken zu dem Buch posten.

  • Da ich heute Abend eher nicht zum Posten komme, hier schon mal kurz meine Eindrücke zum Beginn. Viel konnte ich heute Morgen leider noch nicht lesen, aber die wenigen Seiten hatten es schon wirklich in sich.


    "Was ist ein Held?"


    Schon die Einleitung lädt ja wunderbar zum diskutieren / philosophieren ein :) Was ist denn eigentlich ein Held? sind diejenigen Helden, die sogenannte Heldentaten vollbringen (z.B. Menschen aus brennenden Häusern retten oder Katzen von Bäumen)? Oder sind es die, die über sich selbst hinauswachsen und ihre eigenen Ängste überwinden? Oder sind es die, die jeden Tag ohne großes Aufheben ihren Mann (oder ihre Frau) stehen, ganz selbstverständlich für andere da sind und einfach dafür sorgen, dass unser Leben seinen Gang geht?
    Ich würde sagen, sie alle sind Helden - irgendwie. ob sie diesen Titel dann auch bekommen, steht natürlich auf einem anderen Blatt.


    Auf jeden Fall macht diese Einleitung sehr viel Lust auf's weiterlesen.


    EINS


    Und dann wird der Leser sofort in eine Situation geworfen, die ziemlich erschreckend ist und wohl zum Schlimmsten gehört, was man sich als Mutter (oder Vater) vorstellen kann. Wir erleben, wie eine Familie zu ihrem Sohn fährt, der bereits hirntot ist und nur noch von Maschinen am "Leben" erhalten wird. Was genau geschehen ist, erfährt man nicht, muss man aber auch nicht. Aber wir erleben, wie die "in ihrer Sprachlosigkeit gefangenen" Eltern eigentlich mit der Situation total überfordert sind. Und wir lernen Lenny schon ein bisschen kennen - den Bruder des verunglückten jungen Mannes. Lenny scheint ein ganz normaler Junge zu sein, der es seinen wohl doch recht perfektionistischen Eltern (zumindest erscheint der Vater so) bisher nie so wirklich recht machen konnte und immer im Schatten seines großen Bruders stand. Und in dieser unvorstellbaren Situation ist es Lenny, der die Initiative übernimmt und für seine Eltern spricht. Was für eine Leistung! Er hat seinen Bruder verloren, den er sehr gemocht hat (so wirkt es auf mich) und der ihm nun sehr schmerzlich fehlen wird. Dennoch hat er die Kraft, die die Eltern im Moment nicht haben und ist für sie da, statt umgekehrt, wie man es eigentlich erwarten könnte. Ein beeindruckender Junge, der auf jeden Fall auch das Zeug zum Helden hat und von seinen Eltern wohl bisher sehr unterschätzt wurde. Ich bin sehr gespannt, wie er mit der ganzen Situation klar kommen wird.


    Bemerkenswert fand ich noch diesen Satz


    Zitat

    "Ich frage mich, ob man um die Toten weint oder um sich selbst."


    Ich für meinen Teil habe es wirklich so erlebt, dass man schon auch ein gutes Stück weit um sich selbst weint, weil man sich nicht vorstellen kann, wie man ohne denjenigen Menschen weiterleben soll und Kann. Man erinnert sich an viele schöne Dinge und schmerzlich begreift man: so etwas wird es nie mehr geben. Überspitzt würde ich sagen, dass Trauer immer eine gute Portion Selbstmitleid enthält.


    Der Beginn des Buches ist sehr intensiv und bietet sehr viel Stoff zum Nachdenken. Ich bin begeistert und kann es nicht erwarten, heute Abend endlich weiterlesen zu können.

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  • Dann möchte ich auch direkt beginnen meine ersten Eindrücke niederzuschreiben.


    Was ist ein Held?
    Ebenso wie @Hirilvorgul hat auch mich dieser Einstieg sehr beeindruckt und bewegt. So sehr, dass ich ihn direkt mehrere Male hintereinander gelesen habe und sacken lassen musste. Ich finde ihn sehr schön formuliert. Die einzelnen Abschnitte die eine andere Definition von Held beschreiben. Jeder in diesem Abschnitt kann man wohl als Held bezeichnen und das für so unterschiedliche Dinge. Doch der Fokus liegt dann ja doch letztendlich auf der Definition, dass die Menschen Helden sind, die zu sich selbst stehen und sich nicht verstellen. Die so sind, wie sie sind und die andere nehmen, wie sie sind. Und die, die ihren Weg gehen, auch wenn dieser nicht immer bequem ist und zu ihren Entscheidungen stehen. Womit ich mich persönlich gerade am Anfang etwas schwer tu, ist die Stelle:

    Zitat

    Er sagte: Ich hab nur dieses eine Leben. Dann ging er.
    Mein Bruder war ein Held.


    Ob man dies nun als "heldenhaft" ansehen kann, mag wohl sehr umstritten sein. Ich kann mich damit noch nicht so ganz anfreunden. Doch umso gespannter bin ich, was wir wohl über Jakob erfahren werden, warum er gerade diesen Weg gegangen ist.


    Zum Einstieg hätte ich direkt schon eine Frage an dich, Christoph: Hast du diesen Prolog direkt zu Beginn deiner Schreibarbeit geschrieben, oder wurde er erst während des Schreibprozesses formuliert oder gar erst ganz am Ende nach Beendigung des Buches? Oder hast du immer mal wieder an den Formulierungen gearbeitet?
    Und hast du den Prolog direkt in "einem Rutsch" so runtergeschrieben, wie er nun im Buch steht, oder hast du oft was dran verändert?



    EINS
    Mit dem ersten Kapitel wird man direkt in die Geschichte hinein katapultiert. Als ich den Satz las: "Wir fahren zum angekündigten Tod meines Bruders", dachte ich im ersten Moment, dass dieser nun womöglich auf irgendeiner Brücke steht o.ä. Doch sie fahren ins Krankenhaus zu dem "Termin" an dem die lebensnotwendigen Maßnahmen eingestellt werden. Wie unfassbar schwer dieser Moment sein muss. In diesem Bewusstsein dorthin zu fahren, und genau zu wissen, wenn man das Gebäude wieder verlässt, ist der Mensch wirklich ganz von einem gegangen. Der Mensch, der dort liegt, ist zwar nicht mehr der Mensch, den man mal kannte. Er reagiert nicht mehr, regt sich nicht mehr, aber dann diese Endgültigkeit zu erfahren....puh. Besonders schön fand ich hier den Satz:

    Zitat

    In das Nichts hinter der Hoffnung zu Starren ist unerträglich.


    Denn ja, die Hoffnung stirbt auch in diesem Moment und dahinter liegt das Nichts. Etwas, was man noch nicht begreifen kann und bei dem man nicht weiß, wie es überhaupt weitergehen soll.
    In diesem Moment ist es auch ganz schwer zu begreifen, dass der Mensch, der da vor einem liegt, schon "längst gegangen" ist. Es ist praktisch nur noch die Hülle. Unbegreifbar wird es gerade auch dadurch, dass man keine großen äußerlichen Verletzungen o.ä. sieht. Jakob sieht äußerlich unversehrt aus. Das bringt Lenny in diesem Kapitel sehr gut rüber. Außerdem strahlt er so eine Kraft aus. Eine Stärke. In so einer Situation wird man schnell 'erwachsen'.


    Das Zitat, dass @Hirilvorgul genannt hat, hatte ich mir auch im Buch markiert:

    Zitat

    "Ich frage mich, ob man um die Toten weint oder um sich selbst."


    In diesem kurzen Satz steckt wirklich so viel Wahrheit und ich kann in dem, was Hirivorgul geschrieben hat, nur zustimmen.

  • Oh ich bin wieder der Einzige der zur richtigen Stelle gelotst wurde :pale:
    Erstmal vielen Dank, das sie sich die Zeit nehmen die Leserunde zu begleiten und unsere Fragen beantworten :D


    Ich habe auch direkt eine Frage, auch wenn sie schon ziemlich persönlich ist, aber irgendwie bin ich neugierig ob bei dem Buch bzw. bei diesem Kapitel eigene Erfahrungen eine Rolle spielen oder ob es keinen Bezug gibt?


    Ebenso wie Hirilvorgul hat auch mich dieser Einstieg sehr beeindruckt und bewegt. So sehr, dass ich ihn direkt mehrere Male hintereinander gelesen habe und sacken lassen musste.


    Sacken musste es bei mir nicht, aber ich habe es mehrfach gelesen, weil es einfach so schön war es zu lesen, auch wenn die Grundstimmung durchaus auch etwas trauriges mit sich bringt.


    Doch der Fokus liegt dann ja doch letztendlich auf der Definition, dass die Menschen Helden sind, die zu sich selbst stehen und sich nicht verstellen. Die so sind, wie sie sind und die andere nehmen, wie sie sind. Und die, die ihren Weg gehen, auch wenn dieser nicht immer bequem ist und zu ihren Entscheidungen stehen.



    Ich neige dazu das ich gelesenes auf mich beziehe bzw. auf mein Leben beziehe und auch wenn dieser Satz (wenn auch sehr spät) auf mich zutrifft, fühle ich mich kaum als Held, sondern eher wie jemand, der sich Normalität wünscht. In diesem Bezug frage ich mich ob andere Menschen, also die Helden die sich selbst opfern damit andere überleben auch so denken. Also in der Form das hätte jeder andere in der gleichen Situation auch getan? :-k

    dachte ich im ersten Moment, dass dieser nun womöglich auf irgendeiner Brücke steht


    dachte ich auch als erstes dran, nicht an die Brücke explizit, aber schon an Suizid. :(


    Außerdem strahlt er so eine Kraft aus. Eine Stärke. In so einer Situation wird man schnell 'erwachsen'.


    Diese Menschen die so jung so stark sein müssen haben eine faszinierende Aura. Eine Aura von Kraft und Weisheit und mentaler Stärke und dabei möchte man sie einfach nur umarmen und trösten, damit sie auch ihren Kummer loswerden können.


    "Ich frage mich, ob man um die Toten weint oder um sich selbst."


    Hmmm eine äußerst schwierige Frage ... das kommt ganz drauf an glaube ich, aber ich tendiere dazu mehr um den Toten zu weinen als um mich selbst. Die Denkweise mag komisch sein, aber ich würde eher bei meinem eigenen Tod um mich selbst weinen.


    Ich bin auf alle Fälle froh das ich das Buch gerade lesen darf, auch wenn es persönliche Gedanken offenbart ist es durchaus interessant über solche Dinge nachzudenken, in sich zu kehren und zu überlegen wie man selbst dazu steht und eventuell sich selbst auch besser kennenlernt. Ich für meinen Teil würde sehr viel heftiger um den Tod eines Menschen trauern als über meinen eigenen Tod, deswegen glaube ich durchaus, das wenn ich in eine solche Situation komme ich eventuell / möglicherweise auch so handeln würde, weil mein naturell es auch nicht anders zulassen würde. :-k


    Zumindest denke ich das gerade so, aber ich werde nun weiterlesen und schauen was bei Kapitel 2 alles so steht. Das scheint ein sehr interessantes Buch zu sein wo man viel diskutieren und philosophieren kann. :thumleft: Ich mag das sehr gerne.

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  • Ob man dies nun als "heldenhaft" ansehen kann, mag wohl sehr umstritten sein. Ich kann mich damit noch nicht so ganz anfreunden. Doch umso gespannter bin ich, was wir wohl über Jakob erfahren werden, warum er gerade diesen Weg gegangen ist.

    Genau darüber bin ich auch gestolpert :wink: Dieses Alles-stehen-und-liegen-lassen scheint mir nicht so heldenhaft. Aber ich denke, dafür wissen wir (noch) zu wenig von Jakob und den Umständen unter denen er diese Entscheidung getroffen hat.

    Gelesen in 2024: 9 - Gehört in 2024: 6 - SUB: 626


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • So ich gebe auch noch meinen Senf zu den ersten Seiten dazu. Zum Thema Held habt ihr so viele gute Sachen geschrieben, dass mir echt nichts mehr einfällt, was ich noch hinzufügen könnte.


    Er hat seinen Bruder verloren, den er sehr gemocht hat (so wirkt es auf mich)


    Das ist auch mir so rübergekommen. Obwohl seine Eltern seinen Bruder ihm scheinbar vorgezogen hat, ist er nicht wütend oder eifersüchtig auf ihn sondern kommt sehr gut mit ihm aus und hatte ihn auch zum Vorbild.



    Mit den vorangegangenen Erklärungen zu Helden, dachte ich, dass er nicht einfach so gegangen ist, sondern eben als einer dieser Helden-Beschreibungen. Deshalb hat es mich diese Formulierung wahrscheinlich gar nicht gestört. Man weiss ja nicht wie er den Unfall hatte und warum (bis jetzt jedenfalls) und deswegen glaub ich nicht, dass er "unheldenhaft" gegangen ist. Aber ich kann mich ja auch täuschen.


    "Wir fahren zum angekündigten Tod meines Bruders", dachte ich im ersten Moment, dass dieser nun womöglich auf irgendeiner Brücke steht o.ä. Doch sie fahren ins Krankenhaus zu dem "Termin" an dem die lebensnotwendigen Maßnahmen eingestellt werden. Wie unfassbar schwer dieser Moment sein muss.


    Hm :-k an Suizid hab ich gar nicht gedacht. Ich dachte zuert, dass er schon lange im Spital ums Leben kämpft und die Ärzte haben schon lange gesagt, dass keine Chancen zum Überleben bestehen. Und nun der Familie mitgeteilt wurde, dass es so weit gewesen sei. Ich hatte erwartet, dass er schon tod ist. Jedenfalls kann ich mir auch gut vorstellen, dass es für die Eltern schwierig ist, dem Sohn die Maschinen auszuschalten.


    das kommt ganz drauf an glaube ich, aber ich tendiere dazu mehr um den Toten zu weinen als um mich selbst. Die Denkweise mag komisch sein, aber ich würde eher bei meinem eigenen Tod um mich selbst weinen.


    Dem kann ich nur zustimmen.


    Zwei:
    Es wird eine Szene im Bodenfliesen-Laden gezeigt. Die Brüder vergleichen die Mutter und den Vater in ihrer Entscheidungsgewalt. Sei der Vater in der Apotheke, ist er der Boss. Sobald er nch Hause kommt, hat die Mutter die Hosen an. Jakob nennt dies die "Grosse Lüge".
    Wieder im jetzt, sind die drei am Küchentisch. Es ist für vier gedeckt, ein Platz bleibt leer. Die Mutter macht sich Vorwürfe, weil sie Jakob nicht hätte fahren lassen sollen. So wäre er jetzt noch am Leben. Ich glaube egal was passiert, solche Vorwürfe werden sich Eltern immer machen, wenn ein Kind stirbt. Egal wie, warum, wann....
    Das Telefon geht und es ist das Bestattungsinstitut. Sie wollen wissen welches Holz für den Sarg genommen werden soll.
    Lenny macht sich derweil Gedanken. Dazu gefällt mir vor allem der Schluss des Kapitels:

    Zitat

    Meine Eltern haben mich nie mit meinem Bruder verglichen. Es gab keinen Grund dazu.Die Rollen waren klar verteilt.Jakob stand in der Sonne, ich in seinem Schatten daneben. Ich war unsichtbar.Ab jetzt bin ich nicht mehr unsichtbar. Ab jetzt werden meine Eltern mich vergleichen. Und enttäuscht sein. Weil das, was sie sehen werden, nicht das ist, was sie sehen wollen.


    Ich glaub schon, dass es so sein wird. Denn jetzt wollen sie sich ablenken und werden somit mehr Lenny "beanspruchen". Sie werden merken, dass er nicht gleich ist wie sein grosser Bruder. Und enttäuscht genau deswegen und weil er niemals er sein kann. Vor allem, da Jakob ihr Prinz war.


    Drei:
    Die Beerdigung. Lenny trägt Jakobs Anzug, der ihm zu gross ist. Dieser Anzug hatte sein Bruder bei seiner Abitur-Feier an, an der er eine Rede hielt. In dieser Rede schon hat sein Bruder keine Zukunft genannt, die Floskelt über das In-die-Welt-ausschwärmen ausgelassen und allgemein nichts über die kommende Zeit prognostiziert. Hier kam mir das erste Mal der Gedanke vom Suizid. Irgendwie kam mir das vor, als ob Jakob schon da wusste, dass er sich das Leben nehmen wird.
    Die Kirche ist voll bis zum letzten Platz. Lenny schaut sich um und stellt sich vor, mit seinem Bruder im Gras zu liegen und zu philosophieren. Aber sein Bruder liegt im Eichensarg.
    Dazu gefiel mir der Satz:

    Zitat

    Ich hätte Buche genommen.[...]. Ich will nicht, dass mein Bruder im Dunkeln liegt.


    Dieser Satz hat mich echt berührt.
    Der Pfarrer spricht über Jakob und sein Leben und Tod. Lenny findet es schrecklich und stellt sich wieder sein Bruder im Sarg vor. Plötzlich hört er seinen Bruder aus dem Sarg sprechen. Ihr Gespräch ist echt witzig. Jedenfalls nicht so, wie man sich ein Gespräch mit einem Toten vorstellt. :totlach: Ich fands super! Und als es darum ging den Sarg aus der Kirche zu tragen, höhrt er ihn wieder. Wieder einfach zum totlachen (Sorry, falscher Ausdruck)....zum sich am Boden kringeln.


    Ich bin jedenfalls sehr begeistert vom Buch und hoffe, dass es so weiter geht. Ich finde es sehr gut geschrieben, es lässt sich schnell und flüssig lesen. Ich muss richtig aufpassen es nicht in einem Flutsch zu lesen. O:-)

    Book hangover: Inability to start a new book, because you're still living in the last book's world. :drunken:

  • Als ich den Satz las: "Wir fahren zum angekündigten Tod meines Bruders", dachte ich im ersten Moment, dass dieser nun womöglich auf irgendeiner Brücke steht o.ä. Doch sie fahren ins Krankenhaus zu dem "Termin" an dem die lebensnotwendigen Maßnahmen eingestellt werden.

    Ehrlich gesagt - der Gedanke an einen Suizid kam mir keinen Moment. Aber vielleicht rührt das daher, dass ich in der Familie einen ähnlichen Fall beinahe erleben musste (de rjenige lag im Koma und man hat schon darüber nachgedacht, wie das alles weitergehen soll. Zum Glück wurde aber "alles gut" und niemand musste diese Entscheidung treffen). Da war für mich sofort dieses Bild da, mit dem Krankenhaus-Bett, den piepsenden Maschinen und Schläuchen.


    Sei der Vater in der Apotheke, ist er der Boss. Sobald er nch Hause kommt, hat die Mutter die Hosen an. Jakob nennt dies die "Grosse Lüge".


    Diese Beschreibung fand ich interessant - diese klar geregelten "Zuständigkeiten". ich frage mich nur, wer sich da für wen "verbiegt". Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass das wirklich in der Natur der Eltern liegt, sich auf dem einen Gebiet unterzuordnen und nach Feierabend "schwupp" den Schalter umzulegen und plötzlich ganz anders zu sein. Irgendwas läuft da wohl ziemlich schief und Jakob hat es auf den Punkt gebracht. Die Frage ist nur, warum das so ist.


    Dazu gefällt mir vor allem der Schluss des Kapitels:



    Meine Eltern haben mich nie mit meinem Bruder verglichen. Es gab keinen Grund dazu.Die Rollen waren klar verteilt.Jakob stand in der Sonne, ich in seinem Schatten daneben. Ich war unsichtbar.Ab jetzt bin ich nicht mehr unsichtbar. Ab jetzt werden meine Eltern mich vergleichen. Und enttäuscht sein. Weil das, was sie sehen werden, nicht das ist, was sie sehen wollen.


    Ich glaub schon, dass es so sein wird. Denn jetzt wollen sie sich ablenken und werden somit mehr Lenny "beanspruchen". Sie werden merken, dass er nicht gleich ist wie sein grosser Bruder. Und enttäuscht genau deswegen und weil er niemals er sein kann. Vor allem, da Jakob ihr Prinz war.

    Ist das nicht schrecklich? Lenny hat eine ganz genaue Vorstellung davon, wie seine Eltern ihn jetzt sehen werden und dass er ihren Ansprüchen niemals genügen kann. Das ist doch echt trostlos! Ich hoffe sehr, dass er sich vielleicht doch täuscht und die Eltern ihn so akzeptieren und lieben werden, wie er ist und nicht als "Jakob-Ersatz" sehen.

    Gelesen in 2024: 9 - Gehört in 2024: 6 - SUB: 626


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • Guten Morgen an alle!


    Erstmal einen Dank an alle, die meinen Roman lesen und darüber diskutieren. Es ist schön und bereichernd, als Autor an Euren Gedanken teilhaben zu dürfen.


    Vogue fragt, ob ich den Prolog ("Was ist ein Held?") am Anfang der Schreibarbeit geschrieben habe, oder währenddessen. Es ist tatsächlich so, dass ich den relativ früh geschrieben habe. Und es ist auch so, dass ich sehr viel daran rumgebastelt habe. Einerseits wollte ich damit sofort einen gewissen Grundton in den Roman bringen, andererseits aber nicht zuviel verraten. Und ich wollte eine Frage stellen (die nach dem Held), ohne eine eindeutige Antwort (oer Erklärung) zu liefern. Denn darum geht es für mich in dem Roman ja auch: Kann man auf jede Frage eine Antwort finden? Muss man das überhaupt? Ist das Fragen selbst nicht wichtiger als das Finden von Antworten? Wie auch immer: Wenn ich Euren Gedanken folge, habe ich das Gefühl, dass dieser Einstieg in den Roman funktioniert und das freut mich sehr.


    Gaymax will wissen, ob eigene Erfahrungen in den Roman eingeflossen sind. Eine gute Frage, der ich auch bei Lesungen immer wieder begegne. Die Antwort ist einfach: Natürlich sind die eingeflossen, das geht gar nicht anders. Aber eben in der Regel nicht bewusst. Ich bin beim Wiederlesen meiner Texte oft selber überrascht, weil ich immer wieder persönlichen Bezügen oder Erfahrungen begegne. Aber es ist nicht so, dass ich soetwas bewusst in den Text hineinschreibe (Privates soll privat bleiben), es unterläuft mir oft einfach. Ich freue mich, wenn ich solche Stellen in meinen Romanen finde, weil sie mich überraschen. Und genau das möchte ich von einem Text (auch von einem eigenen): dass er mich überrascht. Man könnte vielleicht sagen: Die persönlichen Erfahrungen sind wie eine Art Folie, auf der Texte entstehen. Die eigene Weltsicht, der eigene Erfahrungshorizont, die eigenen Prägungen - all das fließt beim Schreiben ein und beeinflusst die Texte, aber wie genau das vor sich geht, weiß ich nicht.

  • Jetzt habe ich gestern glatt den Einstieg verpasst vor lauter Stress! Aber heute morgen hat das Buch zum Glück auf sich aufmerksam gemacht :) .


    Chrischie: Vielen Dank, dass du in dieser Leserunde dabei bist! Ich fand deine ersten Antworten schon sehr interessant und glaube, es werden noch einige Fragen auftauchen!


    Ich lese nun das Vorwort bzw. die Seite 7 des Buches gefühlt schon zum fünfzigsten Mal und doch bin ich noch nicht weiter gekommen. Das Vorwort oder die Einführung "Was ist ein Held" des Buches fasziniert und berührt mich so dermaßen, dass ich diese Seite wieder und wieder lese. Definitiv ist mit dieser Definition und mit dem Vorwort was sehr schönes gelungen. Ich glaube ich lese es gleich nochmal


    Ich musste diese Seite auch einige Male lesen. Wirklich schön!


    Ich für meinen Teil habe es wirklich so erlebt, dass man schon auch ein gutes Stück weit um sich selbst weint, weil man sich nicht vorstellen kann, wie man ohne denjenigen Menschen weiterleben soll und Kann. Man erinnert sich an viele schöne Dinge und schmerzlich begreift man: so etwas wird es nie mehr geben. Überspitzt würde ich sagen, dass Trauer immer eine gute Portion Selbstmitleid enthält.


    Würde man nicht um den Verlust eines geliebten Menschen trauern, müsste man doch gar nicht trauern, oder? Also trauert man gewissermaßen immer für einen selbst. Zumindest hat mich meine Erfahrung mit dem Tod das gelehrt.


    Ich glaube egal was passiert, solche Vorwürfe werden sich Eltern immer machen, wenn ein Kind stirbt. Egal wie, warum, wann....


    Ganz bestimmt sogar.... Obwohl sie es in diesem Fall sicher nicht ändern konnten. Schließlich war Jakob schon 18 Jahre alt und konnte seine eigenen Entscheidungen treffen.


    Ich bin jedenfalls sehr begeistert vom Buch und hoffe, dass es so weiter geht. Ich finde es sehr gut geschrieben, es lässt sich schnell und flüssig lesen. Ich muss richtig aufpassen es nicht in einem Flutsch zu lesen.


    So geht es mir auch! Zum Glück musste ich heute morgen dann aufbrechen, sonst hätte ich nach Kapitel 3 sicher nicht aufhören können.


    Ist das nicht schrecklich? Lenny hat eine ganz genaue Vorstellung davon, wie seine Eltern ihn jetzt sehen werden und dass er ihren Ansprüchen niemals genügen kann. Das ist doch echt trostlos! Ich hoffe sehr, dass er sich vielleicht doch täuscht und die Eltern ihn so akzeptieren und lieben werden, wie er ist und nicht als "Jakob-Ersatz" sehen.


    Das hoffe ich auch, aber so nach dem ersten Eindruck fürchte ich, dass es für Lenny noch sehr schwer werden wird.


    Auf die Kapitel direkt eingehen werde ich erst heute Abend. Dazu fehlt mir gerade ein bisschen die Zeit und das Buch habe ich leider hier auch nicht bei der Hand. Bis später!

    Ich lese gerade


    “Words are pale shadows of forgotten names. As names have power, words have power. Words can light fires in the minds of men. Words can wring tears from the hardest hearts.”
    ― Patrick Rothfuss, The Name of the Wind

  • Diese Menschen die so jung so stark sein müssen haben eine faszinierende Aura. Eine Aura von Kraft und Weisheit und mentaler Stärke und dabei möchte man sie einfach nur umarmen und trösten, damit sie auch ihren Kummer loswerden können.


    Diese Gedanken überkommen mich, wenn ich an den zurückgebliebenen Bruder denke.
    Besonder in dem Moment, als der junge Bruder stellvertretend für seine Eltern dem Arzt erklärt, dass sie soweit seien, übernimmt er für mich eine verantwortungsvolle Rolle, die auch ihm extrem schwerfallen muss, deren Aufgabe er sich jedoch stellt. Er als der jüngste in der Familie, der zu seinem Bruder eigentlich immer aufgesehen hat, bei dem ich das Gefühl habe, dass er immer in seinem Schatten stand - auch im Verhältnis zu den Eltern.


    Das ist auch mir so rübergekommen. Obwohl seine Eltern seinen Bruder ihm scheinbar vorgezogen hat, ist er nicht wütend oder eifersüchtig auf ihn sondern kommt sehr gut mit ihm aus und hatte ihn auch zum Vorbild.


    Erschreckt hat mich diese Passage:


    Zitat

    Also schaut er mich an. Die Traurigkeit in seinem Blick überschwemmt mich. Er hat immer alles bestimmt. Er hatte nie Fragen, immer nur Antworten. Jetzt ist er hilflos wie ein kleines Kind. Sein erstgeborener Sohn. Dem alles gelang. Der alles erfüllte, was von ihm erwartet wurde. DIe Schule mit links, im Sport ein Ass. Warum diese Strafe? Und wenn im schon ein Sohn genommen werden muss, warum dieser, warum nicht der andere?
    "Wir sind so weit" sage ich.


    Schwebt hier nicht doch etwas Neid auch mit? Und vor allem auch mangelndes Selbstwertgefühl? Auch ein bißchen unbewusster Vorwurf an die Eltern: Gebt es doch zu, euch wäre lieber, ich läge dort? Und gleich darauf die Feststellung: Wir sind soweit. Ein Ende unter ein Kapitel des Lebens in dem sich der jüngere Bruder nicht so toll gefühlt hat?


    Ich bin mir noch unklar, was in diesen beiden Abschnitten den jüngeren Bruder betrifft. Ich habe einerseits das Gefühl, dass er von seiner Familie und auch von sich selbst maßlos unterschätzt wird. Das Bild, das man sich von anderen macht, ist immer geprägt von Erwartungshaltungen. Erfüllt man diese, so ist man meist der brave. Ist aber der "brave" auch immer der Held?
    Warum sieht der jüngere Bruder seinen älteren Bruder als Held? In "Eins" beschreibt er doch auch, dass der ältere gefördert wurde, es eventuell auch deswegen etwas leichter hatte.


    Zitat

    Vielleicht könnte man auch sagen: Ein HEld ist jemand, der die Zweifel nicht leugnet, die verborgen liegen, in allem was wir tun. Der bereit ist, in den eigenen Abgrund zu schauen, ganz gleich, was er darin sehen wird.


    Wird in diesem Buch der jüngere Bruder auf seine eigenen Zweifel blicken? Wenn ja, wie wird er selbst damit umgehen? Heldenhaft?


    Also ich bin schon mächtig gespannt, wie es weitergeht!

    :study: Audre Lorde: Sister Outsider (eBook)

    :study: Joseph Roth: Hiob (eBook) - MLR

    :study: Thomas Chatterton Williams: Selbstportrait in Schwarz und Weiss - Unlearning Race



    „An allem Unrecht, das geschieht, ist nicht nur der Schuld, der es begeht, sondern auch der, der es nicht verhindert.“

    Erich Kästner

    "Das fliegende Klassenzimmer"


    Warnhinweis:
    Lesen gefährdet die Dummheit

    :study:

  • Obwohl seine Eltern seinen Bruder ihm scheinbar vorgezogen hat, ist er nicht wütend oder eifersüchtig auf ihn sondern kommt sehr gut mit ihm aus und hatte ihn auch zum Vorbild.


    Ein toller Charakterzug und ich kann mir vorstellen das auch der große Bruder darum wusste und es an ihm genagt hatte (zumindest sagt mir das mein Bauchgefühl, vielleicht kommt ja was in dieser Richtung)


    Meine Eltern haben mich nie mit meinem Bruder verglichen. Es gab keinen Grund dazu.Die Rollen waren klar verteilt.Jakob stand in der Sonne, ich in seinem Schatten daneben. Ich war unsichtbar.Ab jetzt bin ich nicht mehr unsichtbar. Ab jetzt werden meine Eltern mich vergleichen. Und enttäuscht sein. Weil das, was sie sehen werden, nicht das ist, was sie sehen wollen.


    Dieser Abschnitt passt wie die Faust aufs Auge. Ich würde gern wissen ob das vielen Eltern passiert das sie bewusst oder unbewusst ihre Kinder vergleichen? :-k Auf alle Fälle finde ich mich in dem Absatz sehr gut wieder und kommt für mich auch absolut authentisch rüber.


    Ist das nicht schrecklich? Lenny hat eine ganz genaue Vorstellung davon, wie seine Eltern ihn jetzt sehen werden und dass er ihren Ansprüchen niemals genügen kann. Das ist doch echt trostlos! Ich hoffe sehr, dass er sich vielleicht doch täuscht und die Eltern ihn so akzeptieren und lieben werden, wie er ist und nicht als "Jakob-Ersatz" sehen.


    erinnert mich auch fatal an das Belohnungssystem bei Noten in Form von Geld. Ich war auch nicht neidisch auf das Geld oder meinem Bruder, aber man will seinen Eltern gefallen, man möchte auch in der Sonne stehen und nicht im einem kleinen Zimmer mit seinem Vater diskutieren, ich glaube da kommen die Gedanken von allein das man den Ansprüchen nicht genügen kann, vor allem dann wenn dann noch Workaholic und Perfektionismus mit reinspielen. Der Vater als Apotheker scheint zumindest gewisse Veranlagung zu haben, wobei er seine "dominante" Rolle durchaus wechselt (Die große Lüge).


    Bin gespannt wie die Geschichte weiter aufgelöst wird. Aber es ist allemal interessant, da man irgendwie wunderbar Parallelen finden kann, die scheinbar einige Menschen erfahren.


    Ich hätte Buche genommen.[...]. Ich will nicht, dass mein Bruder im Dunkeln liegt.


    Auch wenn der Satz etwas witzig daherkommt, finde ich das in dem Satz Bruderliebe und Trauer gut zum Ausdruck kommt. :love:


    Plötzlich hört er seinen Bruder aus dem Sarg sprechen. Ihr Gespräch ist echt witzig. Jedenfalls nicht so, wie man sich ein Gespräch mit einem Toten vorstellt. Ich fands super! Und als es darum ging den Sarg aus der Kirche zu tragen, höhrt er ihn wieder. Wieder einfach zum totlachen (Sorry, falscher Ausdruck)....zum sich am Boden kringeln.


    Eine tolle Szene, die ich in "ähnlicher" Form auch erleben durfte. Ich nehme an das es eine von vielen Trauerstrategien ist, dem Tod mit Humor zu begegnen, zumindest konnte ich das auf der einzigen Beerdigung die ich bisher mitgemacht habe auch erleben. Ich glaube Lenny verarbeitet und trauert halt in der Form, das er gedanklich ein Dialog mit seinem Bruder hat und das Lenny sein Bruder glücklich sehen möchte, so das der gedankliche Dialog sehr witzig gestaltet ist. Auch wenn die Situation unpassend erscheint, ist diese Art der Trauer genauso sinnvoll, sie schrickt nur innerhalb der Familie meist ab, denn die meisten trauern weinend und in Gedanken versunken.


    Ich finde es toll zu lesen, weil ich mich in so vielen Sätzen wiederfinde und weil es so viele ähnliche bis gleiche Situationen gibt die ich auch irgendwie erfahren habe, das ist etwas was das Buch für mich zu etwas besonderem macht. Ich bin gespannt auf den weiteren Verlauf der Geschichte :applause:

    :study: Feuerkind (Stephen King) 34 / 542 Seiten

    :study: 111 Pflanzen die man kennen muss (Klaudia Blasl) 240 / 240 Seiten

    :study: Mit Nachsicht (Sina Haghiri) 0 / 268 Seiten



    SUB: 857

  • Dieser Abschnitt passt wie die Faust aufs Auge. Ich würde gern wissen ob das vielen Eltern passiert das sie bewusst oder unbewusst ihre Kinder vergleichen? Auf alle Fälle finde ich mich in dem Absatz sehr gut wieder und kommt für mich auch absolut authentisch rüber.


    Ich behaupte, das machen alle Eltern von mehr als einem Kind! Ich vergleiche meine Kinder ganz bewusst miteinander, wie auch nicht, ich sehe sie ja ständig zusammen. Deshalb muss aber nicht einer als besser oder schlechter dastehen. Sie sind einfach unterschiedlich aber jeder auf seine Weise gleich wertvoll. Traurig finde ich, wenn einer im Schatten des anderen stehen muss, so wie es in dieser Geschichte offenbar der Fall war.

    Ich lese gerade


    “Words are pale shadows of forgotten names. As names have power, words have power. Words can light fires in the minds of men. Words can wring tears from the hardest hearts.”
    ― Patrick Rothfuss, The Name of the Wind

  • Also schaut er mich an. Die Traurigkeit in seinem Blick überschwemmt mich. Er hat immer alles bestimmt. Er hatte nie Fragen, immer nur Antworten. Jetzt ist er hilflos wie ein kleines Kind. Sein erstgeborener Sohn. Dem alles gelang. Der alles erfüllte, was von ihm erwartet wurde. DIe Schule mit links, im Sport ein Ass. Warum diese Strafe? Und wenn im schon ein Sohn genommen werden muss, warum dieser, warum nicht der andere?
    "Wir sind so weit" sage ich.


    In dem Buch ist wirklich soviel was man kommentieren kann, auf alle Fälle augenfällig das ein großer Schatten auf der Beziehung der Eltern zu den Söhnen liegt.


    Schwebt hier nicht doch etwas Neid auch mit? Und vor allem auch mangelndes Selbstwertgefühl? Auch ein bißchen unbewusster Vorwurf an die Eltern: Gebt es doch zu, euch wäre lieber, ich läge dort? Und gleich darauf die Feststellung: Wir sind soweit. Ein Ende unter ein Kapitel des Lebens in dem sich der jüngere Bruder nicht so toll gefühlt hat?.


    So eine Mischung aus vielen negativen Gefühlen, ein bisschen Neid, obwohl ich schon glaube das Lenny zu seinem Bruder aufgeschaut hat. Für mich fühlt es sich wie Wut an auf die Eltern und eine Traurigkeit die in der Erkenntnis liegt, das die Eltern ihn weniger lieben sowie Trauer das er nicht tot ist, sondern sein Bruder. Irgendwie hängt jedem Charakter eine gewisse Depression an.


    Ich bin mir noch unklar, was in diesen beiden Abschnitten den jüngeren Bruder betrifft. Ich habe einerseits das Gefühl, dass er von seiner Familie und auch von sich selbst maßlos unterschätzt wird. Das Bild, das man sich von anderen macht, ist immer geprägt von Erwartungshaltungen. Erfüllt man diese, so ist man meist der brave. Ist aber der "brave" auch immer der Held?
    Warum sieht der jüngere Bruder seinen älteren Bruder als Held? In "Eins" beschreibt er doch auch, dass der ältere gefördert wurde, es eventuell auch deswegen etwas leichter hatte.


    Der brave bleibt besser im Gedächtnis als das schwarze Schaf und hinterlässt mehr Eindruck. Die Frage warum der jüngere im älteren ein Held sieht lässt sich nicht beantworten, nur vermuten und das scheint mir in dieser Situation doch ein wenig zu schwer zu sein, das kann viele Gründe haben. :-k

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  • Warum sieht der jüngere Bruder seinen älteren Bruder als Held?

    Ich glaube, das ist ganz oft so. Da braucht es gar keine besondere Leistung o.ä.
    Ich habe auch einen großen Bruder und wir haben eine sehr enge Beziehung zueinander. Für mich war und ist er immer der große Bruder, der auf mich aufpasst, zu dem ich aufblicken kann, der immer für mich da ist und zu dem ich immer gehen kann. Egal wann, egal wie. Schon allein dafür sehe ich an ihm etwas heldenhaftes. Nicht für die Menschheit, sonder ganz allein für mich.


    Es könnte sein, dass Lenny und Jakob ebenfalls so ein inniges Verhältnis zueinander hatten. Es scheint ja fast so. Trotzdem werden wir ja scheinbar noch einiges über Jakob herausfinden.



    Seltsam, welch unterschiedliche Gedanken man beim Lesen hat. Für mich war es schon beim Lesen des Klappentextes klar, dass Jakob sich selbst dafür entschieden hat das Leben zu verlassen. Und dann im Prolog: "Und geht, wenn es Zeit ist zu gehen. [...] Dann ging er." habe ich auch eindeutig so interpretiert. Wie gesagt, schon beim Lesen des Klappentextes war ich davon fest überzeugt und bin auch so an das Buch herangetreten. Nun schrieben ja ein paar von euch, dass sie es gar nicht so verstanden haben und dann war ich erstmal irritiert, da es für mich so selbstverständlich war. Daraufhin habe ich nochmal alle Seiten, die ich bisher gelesen habe, überflogen, um ein eindeutiges Indiz für Suizid zu finden...doch ein eindeutiges habe ich nicht gefunden. Mh. Also bleibt das ja noch abzuwarten. Doch trotzdem bleibe ich bei meiner ersten Vermutung, dass Jakob seinen Weg selbst gewählt hat.



    Das Familienleben scheint auch schon vor dem Tod von Jakob sehr eintönig gewesen zu sein. Ihr hattet ja auch schon ein paar Szenen angesprochen. Ich finde die Atmosphäre, die hier beschrieben wird sehr klinisch, starr, kalt. Es wird ja auch an manchen Dingen festgemacht, dass es sich seit Jahren nicht verändert hat und immer alles gleich ist (Fliesen, Abendbrot). Dadurch entstehen gar keine Emotionen innerhalb der Familie. Es wirkt so, als seien sie vor dem Tod schon sehr distanziert zueinander gewesen. Die Geborgenheit und Gemütlichkeit fehlt komplett.

  • Ich finde es toll zu lesen, weil ich mich in so vielen Sätzen wiederfinde und weil es so viele ähnliche bis gleiche Situationen gibt die ich auch irgendwie erfahren habe, das ist etwas was das Buch für mich zu etwas besonderem macht. Ich bin gespannt auf den weiteren Verlauf der Geschichte


    Mir geht es auch so, ich habe gestern angefangen und war so in der Geschichte drin. Erst nach dem 6. Kapitel habe ich aufgehört, ich habe mir auch keine Notizen gemacht, da die Geschichte mich so gefangen hat, das ich mein Umfeld vergessen habe. Beim Lesen des ersten Kapitel (welches ich ja schon als Leseprobe kannte) kamen mir erneut die Tränen, was für eine schwere Entscheidung das sein muss einen Angehörigen gehen zu lassen? Und wie schwer ist es für ein Kind mit ansehen zu müssen, dass der geliebte Bruder stirbt, vor allem es nicht einfach passiert, sondern bewusst die "Maschinen" ausgestellt werden? Und auch die Eltern daran zerbrechen zu sehen, zu mal die Eltern Lenny das Gefühl zu geben , dass er der "Ungeliebte Sohn" sei.
    Ich finde auch den Schreibstil interessant, denn es werden häufig Zeitsprünge gemacht und Szene nur kurz dar gestellt. Man erfährt nur Stückchen weise, was passiert und bekommt doch einen guten Einblick. Die Szenen sind sehr bildlich geschrieben. Ich habe häufig das Gefühl dabei zu sein und habe mich an einige privaten Situationen erinnert. Nach und nach fängt auch das anfängliche Bild einer relativ normalen und heilen Familie zu bröckeln, und auch der Umstand des Unfall von Jakob wird hinterfragt.
    Es scheint nichts so zu sein, wie es erscheint. Bin gespannt wie es weiter geht

  • Schwebt hier nicht doch etwas Neid auch mit? Und vor allem auch mangelndes Selbstwertgefühl? Auch ein bißchen unbewusster Vorwurf an die Eltern: Gebt es doch zu, euch wäre lieber, ich läge dort?


    Ich glaub nicht Neid. Eher so ein gedanklicher Stupf an die Eltern, dass er weiss, was in ihren Köpfen vorgeht. Er weiss genauso wie die Eltern, dass sie Jakob vorgezogen haben und ich denke sie wissen, dass sie von Lenny nicht das gleiche erwarten müssen wie von Jakob. Trotzdem möchten sie es, weil es den "Falschen" genommen hat. Sie möchten, dass Lenny dort läge, damit er, dem sie ihre Erwartungen und Zukunftsvisionen anvertraut haben, auch alles verwirklichen kann. Sie glauben nicht dass Lenny das auch auf die Reihe kriegt. Und wahrscheinlich möchten sie alles so verwirklicht, wie sie es sich vorgestellt haben. Und Lenny stimmt nicht mit ihrer Vorstellung überein. Lenny weiss das. Ich hoffe ihr wisst was ich meine. Irgendwie kann ich mich gerade nicht so gut ausdrücken. Jedenfalls glaube ich schon, dass die Eltern Lenny mögen (ist ja schliesslich ihr Kind), aber eben nicht so doll wie Jakob.


    Ein toller Charakterzug und ich kann mir vorstellen das auch der große Bruder darum wusste und es an ihm genagt hatte (zumindest sagt mir das mein Bauchgefühl, vielleicht kommt ja was in dieser Richtung)


    Ich denke auch, dass Jakob wusste wie er bevorzugt wurde. Und so wie die Szene vom morgentlichen Abschiedskuss beschrieben war, glaube ich, mochte er das eigentlich überhaupt nicht.

    Book hangover: Inability to start a new book, because you're still living in the last book's world. :drunken: