Joe Gores - Der Stoff, aus dem die Morde sind / Interface

  • Der 1974 bereits unter seinem Originaltitel bei Ullstein veröffentlichte, 1979 dann bei Goldmann (neu übersetzt von Friedrich A. Hofschuster) unter dem mit heißer Nadel gestrickten Titel Der Stoff, aus dem die Morde sind herausgekommene Roman Interface des Ex-Privatdetektivs und studierten Literaturwissenschaftlers Joe Gores ist ein düsterer, gewalttätiger Thriller, in dem die Kontrahenten sehr effektiv gegeneinander anspielen. Psychologie sucht man in diesem Frühsiebziger-Reboot klassischer Pulp-Erzählmuster vergeblich. Stattdessen rollt vor den Augen des Lesers eine aktionsbetonte, amoralische Verbrechergeschichte im korrupten, verhurten und sozialdarwinistischen Unterbauch San Franciscos ab, die kaum ein Hardboiled-Klischee über Privatdetektive unzerstört bestehen lässt – und das Genre auf diese Weise stimmig und nachhaltig in die Gegenwart der Siebzigerjahre transformiert.


    Der harte, doch recht sympathische und im Grunde moralisch anständige Privatdetektiv Neil Fargo ist neben seinem Tagesgeschäft als Ermittler auch im Drogenhandel tätig. Doch sein von ihm als Eintreiber an einer Übergabe beteiligte Vietnamkumpel Docker haut mit Heroin samt Geldkoffer ab. In der von Fargo angemieteten Drogenwohnung erschießt er ohne Not den mexikanischen Kurier und schlägt einen alten Chemiker bewusstlos. Danach verschwindet er unerkannt, dabei stets bemüht, genügend Aufmerksamkeit auf seinen Zickzack-Fluchtweg zu lenken. Er ist der Schatten, den fortan alle Kräfte dies- und jenseits der Legalität suchen. Und Fargos Hintermänner fangen immer stärker an zu zweifeln, ob Fargo nicht Anteil an der Abzocke hat. Außerdem hilft Docker der entführten Tochter eines Industriellen, sich an ihren Peinigern zu rächen: Die lebensmüde, junge Frau, die zufälligerweise (wirklich? zufälligerweise?!? :wink: ) auch von Fargo schon längere Zeit gesucht wird, plant als persönliche Erlösung ihren eigenen Drogentod, mit dem sie gleichzeitig die widerlichen Schurken, die sie unter Drogen gesetzt zur Prostitution gezwungen haben, an den Pranger bringen will. Ihr Leben ist eh ruiniert, da bedeutete der "Goldene Schuss" gewissermaßen ein Happy End. Ziemlich harter Tobak!


    Dieser in Deutschland zwischen 1975 und 2006 unter anderem wegen der allgegenwärtigen Akzeptanz von Gewalt als Mittel zum Zweck, Mordlust und Verherrlichung des Verbrechers indizierte Roman ist ein essentielles Noir-Meisterwerk mit überraschendem Ende. Nur derjenige, der auch die dreckigen Tricks anzuwenden versteht, überlebt den allgemeinen Niedergang der Sitten!


    (Eigenzitat von amazon.de)



    Autoreninfo (Quelle: Wikipedia und die großartige Krimiseite flubow.ch): Der US-amerikanische Schriftsteller Joseph Nicholas "Joe" Gores (1931-2011) machte 1961 seinen Bachelor in englischer Literatur in Stanford. Während seiner diversen Brotjobs fand er Zeit, Kurzgeschichten zu schreiben (und selten auch dafür, sie an Pulp-Anthologien zu verkaufen). Eine einträglichere Einnahmequelle war dagegen das Verfassen von Biografien einiger Pentagon-Generäle. Lange Jahre war Englischlehrer in Kenia, aber auch Privatdetektiv in San Francisco, spezialisiert auf die Wiederbeschaffung von Gütern überschuldeter und zahlungsunwilliger Kunden. 1967 hängte er diese Karriere an den Nagel, um sich der Schriftstellerei zu widmen. Seine wohl bekanntesten Bücher sind der 1982 von Wim Wenders verfilmte Roman Hammett (eine fiktive Geschichte aus dem Leben des Kriminalschriftstellers Dashiell Hammett, der wie Gores ebenfalls zuvor Privatdetektiv war) von 1975 und der Roman Spade & Archer von 2009, der die Vorgeschichte zu Hammetts Klassiker Der Malteser Falke erzählt. Ansonsten ist er auch verantwortlich für eine große Anzahl an Episoden klassischer US-Krimiserien wie "Columbo", "B.L. Stryker", "Kojak - Einsatz in Manhattan", "Magnum P.I.", "Mike Hammer" und "Remington Steele".

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

    Everett "God's Country" (126/223)


    :king: Jahresbeste: Gray (2024), Brookner (2023), Mizielińsky (2022), Lorenzen (2021), Jansson (2020), Lieberman (2019), Ferris (2018), Cather (2017), Tomine (2016), Raymond (2015)

    :study: Gelesen: 55 (2024), 138 (2023), 157 (2022), 185 (2021), 161 (2020), 127 (2019), 145 (2018), 119 (2017), 180 (2016), 156 (2015)70/365)
    O:-) Letzter Kauf: Martinson "Schwärmer und Schnaken" (15.04.)

  • Eine interessant aussehende, aber sehr teure englischsprachige Hardcoverausgabe unter dem Originaltitel Interface ist das da unten. Eine preisgünstige Kindle-Ausgabe gibt es aber natürlich auch.

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

    Everett "God's Country" (126/223)


    :king: Jahresbeste: Gray (2024), Brookner (2023), Mizielińsky (2022), Lorenzen (2021), Jansson (2020), Lieberman (2019), Ferris (2018), Cather (2017), Tomine (2016), Raymond (2015)

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