Rhedae, 1207: Im Süden Frankreichs bekommen "die Guten Christen" immer mehr Zulauf. Die Kirchen bleiben leer, die Bevölkerung bezahlt ihren Zehnten nicht mehr an die katholische Kirche und sogar der Adel sympathisiert mit dieser neuen Strömung. Papst Innozenz III. kann nicht länger zusehen, wie immer mehr Gläubige von der katholischen Kirche abfallen, und als erste Maßnahme entsendet er eine Gruppe von Mönchen als Wanderprediger, darunter Pierre de Castelnau, Arnaud Amaury und Dominico Guzman, die die Ketzer in den Schoß der Kirche zurückholen soll. Da diese Maßnahme keinen Erfolg zeigt, sorgt Castelnau dafür, dass Raimund VI., der Graf von Toulouse, exkommuniziert wird.
Nicola, ein Weber aus Rhedae und Oberhaupt der Guten Christen, ahnt, dass es nicht dabei bleiben wird, denn die Spatzen pfeifen schon von den Dächern, dass der neue Papst plant, einen Kreuzzug gegen die Guten Christen zu führen. Nicola trifft seine Vorkehrungen - seine Nichte Elysa spielt eine wichtige Rolle in seinen Plänen, die das Vermächtnis der Guten Christen betreffen.
Der Inhalt des Buches hat mich sofort angesprochen - die Guten Christen (auch Katharer oder Albigenser genannt) und ein Kreuzzug von Christen gegen Christen. Ein sehr interessantes Thema, mit dem ich mich noch nie beschäftigt hatte, das versprach auf jeden Fall einen soliden Grundstock für einen informativen historischen Roman. Die Autorin Hildegard Burri-Bayer wurde mir auch schon desöfteren von andern Fans historischer Stoffe empfohlen, also habe ich in der Onleihe einfach mal zugegriffen, als dieser Titel neu angeschafft wurde.
Über die Autorin findet man bei randomhouse.de leider nur wenig Infos:
ZitatHildegard Burri-Bayer, 1958 in Düsseldorf geboren, lebt mit ihrem Mann und ihren fünf Kindern in der Nähe von Düsseldorf.
Allerdings gibt es auch noch einen Wikipedia-Artikel, der ein wenig mehr über sie verrät.
Mir hat das Buch letztendlich nicht besonders gefallen, durch die zweite Hälfte habe ich mich eher gequält und war mehr als einmal versucht abzubrechen. Für mein Empfinden hatte die Autorin zwar ein tolles Thema gefunden, aber die Umsetzung ist leider überhaupt nicht gelungen. Die Story ist teilweise wirr, die Protagonistin Elysa hetzt von A nach B um den Auftrag ihres Onkels zu erfüllen, ihr zur Seite der tapfere Ritter Gordon, ein Gefolgsmann des Grafen von Toulouse. Warum sie statt hierhin dorthin gehen, scheint sich für die Figuren logisch zu ergeben, für mich blieb es leider im Dunkeln.
Die Spoiler verraten wichtige Inhalte des Buches, also bitte nur mit Bedacht öffnen:
Elysa hat von Nicola ein bronzenes Kreuz mit eingeritzten lateinischen und aramäischen Schriftzeichen erhalten, "die einem Eingeweihten verraten, wo das Vermächtnis der guten Christen zu finden ist". Sie soll es einem Schäfer übergeben, der ebenfalls ein Katharer-Bischof ist. Leider sind inzwischen unterschiedliche Gruppen hinter dem Kreuz her, die Übergabe glückt zwar, aber unmittelbar danach wird der Schäfer getötet, das Kreuz gestohlen und gerät somit in die Hände von Arnaud Amaury.
Elysa und Gordon können das Kreuz zwar zurückholen, aber sie wissen nicht, was damit weiter geschehen soll. Graf Raimund erinnert sich an seine letzte Unterhaltung mit Nicola und sagt "Ach, ich weiß, Nicola hat mir einen Tip gegeben, das Kreuz muss ins Kloster Paraklet!"
Obwohl Elysa keine Ahnung hat, ob sie ihm trauen kann (schließlich hat der Mann sich am Kreuzzug beteiligt!), hinterfragt sie dieses Ansinnen gar nicht, sondern macht sich sofort mit Gordon auf den langen Weg. Schließlich bleibt das Kreuz in diesem Kloster, wo *tadaa* auch das Vermächtnis aufbewahrt wird.
Und was hatte das ganze jetzt für einen Sinn, wenn der Hinweis auf das Versteck zusammen mit dem Vermächtnis im selben Versteck hinter irgendwelchen Klostermauern liegt? Und warum soll Nicola Elysa mit diesem Kreuz losschicken, wenn er Raimund ja sowieso durch die Blume verraten hat, wo "das Vermächtnis" zu finden ist?
Ein zweites wichtiges Handlungselement ist, dass Elysa zu Beginn nicht weiß, wer ihr Vater ist. Im Laufe der Handlung erfährt sie, dass ihre Mutter die Hofdame von Raimunds Frau war und ein Verhältnis mit dem Grafen hatte - Elysa ist also seine Tochter.
Also entweder hatten die französischen Adligen erstaunlich wenig Standesdünkel, oder es ist völlig unwahrscheinlich, dass die Tochter eines einfachen Handwerkers die Hofdame einer Gräfin wird. Wie sollte denn sowas Anfang des 13. Jahrhunderts möglich sein?
Ich fand den gesamten Plot somit am Ende völlig unlogisch, die ganze Story hat keinen Sinn ergeben. Die unvermeidliche Romanze zwischen Elysa und Gordon spielt sich ähnlich holprig ab, obwohl eigentlich fünf Seiten nach ihrer ersten Begegnung klar war: er will sie, sie will ihn, brauchen sie dennoch fast 300 Seiten um endlich zusammenzukommen.
Und zu guter Letzt ist mir die Autorin auch viel zu sehr ins Religiöse / Esoterische abgeglitten, das war mir dann echt zuviel des Guten.
Die sehr eigenwillige Einteilung des Buches hat ebenfalls nicht zum Lesevergnügen beigetragen: Das Ebook hatte knapp 350 Seiten und nur 3 Kapitel, das zweite Kapitel war nach circa 50 Seiten vorbei, somit hatte das letzte Kapitel circa 300 Seiten. Es war zwar durch Absätze untergliedert, die allerdings oft wenig Sinn machten. So gab es beispielsweise einen Streit zwischen Elysa und Gordon, der in 3 Abschnitte unterteilt wurde, obwohl es sich nur um ein einziges Gespräch handelte. Auch einige Schreib- und Grammatikfehler konnte ich entdecken, obwohl ich nicht danach gesucht habe (aber als es um Kräuter, speziell die "Scharfgarbe" ging, hat mir das doch sehr irritiert).
Im Großen und Ganzen erweckten also sowohl die Handlung als auch die gesamte Aufmachung den Eindruck, dass kein Lektor in die Nähe dieses Buches kam.
Daher gibt es von mir einen Stern für den wirklich interessanten historischen Hintergrund, der mir den Anstoß gab, mich mit dem Thema ein wenig zu beschäftigen. Den zweiten gibt es, weil ich das Buch nicht abgebrochen, sondern zu Ende gelesen habe - irgendetwas muss also doch dran gewesen sein.
Empfehlen kann ich es aber definitiv nur Lesern, die sich auch an etwas verworrenen, nicht ganz nachvollziehbaren Geschichten erfreuen können.