Das Setting ~ Wichtig oder eher nebensächlich?

  • Ich hab eine ganze Weile über Deine Frage nachgedacht @Yael - ich musste echt überlegen, ob mir das Setting in Romanen überhaupt bewusst auffällt oder nicht - und muss die Frage tatsächlich mit Nein beantworten. Ich nehme ein Buch und tauche ein in die Geschichte und habe prompt meine eigenen Bilder im Kopf - und das sehr unabhängig von dem was evtl. beschrieben wird. Das ging auch durchaus schon so weit, dass ich partout eine Figur anders gesehen habe als beschrieben (z.B. dunkel statt blond). Eigentlich verrückt, aber so ist das. Die Bilder entstehen mit der Geschichte auch ohne detaillierte Beschreibungen, ich kann gar nicht genau erklären wie - das nennt man dann wohl Kopfkino. :wink: Daher kann ich für mich nur antworten: für mich ist es eher nebensächlich, da meine Bilder sich verselbständigen. Was ich nicht genau beurteilen kann ist, inwiefern mein Kopfkino da von unbewusst aufgenommenen Beschreibungen beeinflusst wird, von Kleinigkeiten, die am Rande erwähnt werden und leicht überlesen werden - die könnten bei mir doch mehr auslösen als ich bewusst nachvollziehen kann. Nur ein Genre nehme ich da ein wenig aus: die Fantasy / Science Fiction. Da glaube ich, dass das Setting sehr wohl wichtig ist, da es sich um "irreale" Welten handelt. Auch auch dort hab ich sehr schnell sehr individuelle Bilder bei mir.


    Du hast das Unmögliche geschafft, und genau das beschrieben, was bei mir unverzüglich beim ersten Satz beginnt. Doch ich denke schon, dass der Film in meinem Kopf nicht nur völlig alleine entsteht, sondern der Autor mit seinen Beschreibungen des Settings, einen sehr großen Anteil daran hat und deswegen für meinen eigenen Kinofilm sehr wichtig ist. Und anders als von anderen hier vermutet, müssen es eben keine ellenlangen Landschaftsbeschreibungen alias Pilcher oder Tolkien sein, sondern vielmehr schaffen es eben einige Autoren, diese Beschreibungen wie nebensächlich einfließen zu lassen und trotzdem bildet sich daraufhin sofort ein komplettes Filmset.
    Aber manchmal, und da musste ich eben echt schmunzeln, ist meine eigene Fantasy dominanter, als die Beschreibung des Autors. Meistens liegt es daran, dass mein eigener Kinofilm schon läuft und der Autor mit seiner Beschreibung zu spät kommt.

    Ich :study: gerade:

    [-X 2024: SuB 7.708

    gelesen/gehört insgesamt: 11 davon 6 :study: = 2265 Seiten / 5 :musik: = 53:34 Stunden

    (2023 gelesen: 14 B. / 4.602 S. + gehört: 32 HB. / 327:27 Std.)

  • Für mich ist das Setting in einem Buch sehr wichtig. Denn es hilft mir in die Geschichte hinein zu kommen und mein Kopfkino einzuschalten. Daher mag ich Landschaftsbeschreibungen, beschriebene Orte und Wohnungen sehr gern um mich einzufinden.Allerdings muss dies nicht über mehrere Seiten gehen, das wäre auch mir zu lang. Aber so ohne alles geht für mich einfach nicht. Ich möchte wissen, wo ich mich befinde. Vor allem in historischen und auch Fantasy-Romanen finde ich das Setting noch wichtiger, da man sich manches so einfach besser vorstellen kann.
    Obwohl die Charakterenausgestaltung ebenso wichtig ist wie ein gelungenes Setting.

    Liebe Grüße von der buechereule :winken:


    Im Lesesessel


    Kein Schiff trägt uns besser in ferne Länder als ein Buch!
    (Emily Dickinson)



    2024: 010/03.045 SuB: 4.302

    (P/E/H: 2.267/1.957/78)

  • Ich empfinde das Setting in einem Buch genauso wichtig wie die Handlung und die Sprache. Das mag an meinem Faible für Fantasy, Horror und SciFi legen, aber je besser das Setting ausgearbeitet ist, desto besser kann ich in die Welt und die Geschichte eintauchen. Selten lese ich auch einmal kurze, knackige Horror Romane oder Kurzgeschichten. Da ist es nicht so wichtig. Aber das ist auch mehr etwas als Lückenfüller zwischen 2 "richtigen" Büchern, weil ich die Zeit brauche, um das gelesene "richtige" Buch zu verarbeiten und wieder aus der Welt aufzutauchen.


    Mehr gibt es dazu gar nicht zu sagen.

    „Die Zeit nimmt alles. Ob man will oder nicht. Die Zeit nimmt alles, die Zeit trägt es von einem fort, und am Ende ist dort nichts als Finsternis. Manchmal treffen wir andere in dieser Finsternis. Und manchmal verlieren wir sie dort auch wieder.“
    Stephen King - The Green Mile

  • Mir sind in erster Linie der Charakter und die Gedanken der Personen wichtig. Diese sollten schon so anschaulich wie möglich sein. Deren Aussehen muss auch nicht bis ins kleinste Detail erklärt werden und der Schauplatz ebenso wenig. Wenn nebenbei Infos zur Umgebung einfließen reicht das völlig.
    Mit einem guten Schreibstil wird jedes Buch gut und da ist der Handlungsort nebensächlich. Ganz egal, ob es auf einer Burg oder in einem Wohnwagen spielt :D


    Die Welt ist wie ein Buch. Wer nie reist, sieht nur eine Seite davon.


    :tanzensolo:


    Gelesen 2016 : 9
    Gelesen 2015 : 44
    Gelesen 2014 : 78

  • Das Setting ist für mich wichtig. Ganz klar. Allerdings gibt es einen Unterschied worauf der Fokus des Buches liegt. Ich finde einfach, dass in den allermeisten Fällen die Balance zwischen Setting - Atmosphäre - Handlung - Dialoge bestehen muss. Es muss alles miteinander agieren und aufeinander aufbauen und sich ergänzen. Das ist für mich die große Kunst einen wirklich guten Roman zu schreiben, der auch für die breite Masse tauglich ist.


    Zudem kommt es sehr auf das Genre an. Viele, die hier geschrieben haben, dass für sie das Setting ungeheuer wichtig ist, lesen gerne Fantasy, Horror, SciFi oder Historische Romane. Bei diesen Genres ist das Setting noch um einiges wichtiger, als beispielsweise bei einem Krimi/Thriller oder einer Geschichte, die stark den Fokus auf die Figuren // Beziehungen // Dialoge legt. Gerade bei Fantasy, Horror, Scifi, Historische Romane taucht der Leser in eine für ihn unbekannte Welt ab. Ohne Beschreibungen würde man sich hier gar nicht zurecht finden und daher ist eine gute und ausgefeilte Beschreibung der Schauplätze unabdingbar.
    Ebenso gehören dazu Bücher / Kurzgeschichten, die sich nur auf das Setting spezialisieren bzw. dies im Fokus steht. Studiumbedingt habe ich schon einige (Kurz)Geschichten gelesen, wo letztendlich nicht die die Handlung oder der Protagonist im Fokus stand, sondern in erster Linie, wie beispielsweise eine Landschaft beschrieben wurde (und diese sich letztendlich auf den Protagonisten auswirkt).


    Wie man merkt, kann man diese Frage gar nicht so einfach über einen Kamm scheren. Jedenfalls bemerke ich gerade selbst, während ich Antworte, wie viele unterschiedliche Aspekte eine Rolle spielen. Daher kann ich da gar nicht "Ja" oder "Nein" sagen. Für mich persönlich kann ich sagen, dass mir (was auch größten Teils meinem Leseschema geschuldet ist) ein Setting sehr wichtig ist.

  • Ich finde das Setting sehr wichtig. Wenn die Kulisse nicht stimmt, dann will ich das Buch nicht mal anfangen, und oft entscheidet gerade das Setting darüber ob ich zu dem Buch überhaupt greife, so war das etwa bei den Büchern von Sarah Lark.

  • Das ist echt eine interessante Frage :thumleft: Bei historischen Romanen ist für mich das Setting und dessen Beschreibung schon sehr wichtig, denn ich weiß ja nicht, wie die erwähnten Städte zur damaligen Zeit ausgesehen haben. Allerdings reichen mir kurze Beschreibungen bzw. Eckdaten, das Übrige macht meine Fantasie. Mehrere Seiten über die Beschaffenheit eines bestimmten Bauwerkes sind eher kontraproduktiv.


    Ich möchte hier ein Negativbeispiel anführen, so sollte es für mich nicht sein.


    http://www.amazon.de/Jenseits-…words=jenseits+von+afrika

  • Ich möchte hier ein Negativbeispiel anführen, so sollte es für mich nicht sein.


    Da ich nur die Verfilmung kenne: was hat dich an dem Buch gestört? Gab es zu wenige oder zu viele Beschreibungen? In den Rezensionen wird die Atmosphäre recht gut bewertet.


    Ich habe mir auf meinem Blog noch einmal Gedanken zu dem Thema gemacht und bin zu dem Fazit gekommen, dass es - zumindest für mich - vom Buch anhängt, ob ich ein ausführliches Setting bevorzuge oder meine architektonische und lokale Phantasie gefordert ist. Erstaunlicherweise fehlen mir keine Bilder, wenn ich knappe, wenig detailreiche Bücher lese. Das ist vermutlich das Phänomen, das @Squirrel so treffend beschrieben hat.

  • @Yael:Ich habe das Buch entnervt abgebrochen, aber tapfer bis Seite 50 oder so durchgehalten :loool:
    Lest mal die Leseprobe, die ich weiter oben versucht habe zu verlinken, dann wisst ihr, was ich meine...Detailreichtum hoch 100000000000000000000000000000000000000000000000


    Off-Topic:
    Den Film habe ich mir nach der Enttäuschung angesehen, er verdient ohne Zweifel :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Mir geht es wie den meisten hier, es hängt hauptsächlich vom Buchgenre ab. Fantasy- und Gruselgeschichten leben natürlich von einer gut und lebendig beschriebenen Umgebung/Landschaft. Was mich allerdings nervt, ist wenn alles 4x erzählt wird. Wenn die Landschaft einmal karg ist, dann bleibt das so und man muss es mir nicht in jedem 3. Kapitel erneut auf die Nase binden. Denn wenn mir eine Beschreibung nicht gefällt, erfinde ich in meinem Kopf einfach eine passendere (mache ich bei Charakteren auch immer so) und wenn dann ständig wieder die Beschreibung wiederholt wird, stört mich das eher nur.

  • Mir ist nicht wichtig, wie die Zimmer aussehen. Aber ich mag es, wenn ich aufgrund der Beschreibung und des Wortschatzes merke, wo die Geschichte spielt. Es mag auch an der Übersetzung liegen, aber mir sind schon Romane begegnet, die an einem x beliebigen Ort hätten spielen können, und das fand ich irgendwie seelenlos. Es spielt durchaus eine Rolle, ob Hannelore überwältigt vor dem Rheinfall oder den Nicaraguafällen steht. Anderseits interessiert mich wiederum nicht besonders, ob sie nun in Berlin Mitte oder am Kreuzberg wohnt, das ist mir dann meistens zu spezifisch. Mit einer Aussnahme: Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse lebt auch von dieser starken Lokalisierung. Das Selbe könnte für Axolotl Roadkill der Fall sein, aber ich habe davon nur einen Auszug gelesen und kann es nicht beurteilen.

  • Ich kann mich dem Grotßteil meiner Vorredner bzw. -schreiber nur anschließen: es kommt darauf an.
    Es gibt Geschichten, bei denen ist eine gute Beschreibung des Settings sehr wichtig - hierzu wurden Fantasy Romane genannt. Und mit gut meine ich nicht automatisch ausführlich- weniger ist auch hier oft mehr! Da ist die Wortgewandtheit des Autoren / Übersetzers gefragt.
    Als weiteres, positives Beispiel für Minimalismus fällt mir spontan Agatha Christie ein. Gerade genug Beschreibung, dass man sich ein Bild machen kann, ohne ins Schwafeln zu kommen.
    Eine Geschichte, bei der ich eine Beschreibung des Settings als total überflüssig empfunden hätte - es gab auch keine soweit ich mich erinnere - ist "Gut gegen Nordwind". Dieser Geschichte ist es total egal, in welcher Umgebung die Protagonisten ihre E-Mails schreiben und lesen! Und trotzdem lebt diese Geschichte!

    Isenhart musste grinsen, ihre Blicke begegneten sich. "Du hast nur tausend Mal", wisperte er.
    Konrads müdes Schmunzeln wuchs sich zu einem breiten Grinsen aus. "Ich verrat dir was", flüsterte er zurück, "das ist Mumpitz."


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  • Lest mal die Leseprobe, die ich weiter oben versucht habe zu verlinken


    Hmm... ok. Ich verstehe, was du meinst. "Jenseits von Afrika" ist wohl einer der seltenen Fälle, in denen die Verfilmung besser ist als der Roman. 8-[