Elli H. Radinger - Minnesota Winter

  • An ihrem letzten Abend lernt Elli Radinger zu Beginn der 90er Jahre in Minnesota auf einem Wolfskongress den Amerikaner Greg Howard kennen, der sich als Wildnisguide seinen Unterhalt verdient. Die beiden liegen sofort auf einer Wellenlänge, leider trennen sich ihre Wege am nächsten Tag, deshalb gibt Elli Greg ihre Postanschrift. Kaum zurück in Deutschland bekommt Elli Post von „ihrem Mann aus der Wildnis“ und es entspinnt sich ein anfangs freundschaftlicher, doch immer mehr romantischer Briefwechsel. Als die Sehnsucht zu groß ist, packt Elli kurzerhand ihre Sachen, bringt ihren geliebten Hund bei ihren Eltern unter und macht sich auf nach Minnesota, um Greg zu besuchen, ihn und sein Leben in der Wildnis, von dem sie selbst schon sehr lange träumt, besser kennenzulernen. Kaum in Minnesota angekommen, zieht sie in Gregs Cabin mitten in den Wäldern um den Timber Lake ein, weit ab von jeglichen Nachbarn und wird von Greg direkt in die täglichen, sehr beschwerlichen Tagesaufgaben eingebunden. Die harte körperliche Arbeit bringt Elli schnell an die Grenzen ihrer Kraft, doch noch immer trägt sie die rosarote Brille der Verliebtheit und tut alles, um es Greg recht zu machen. Dabei zeigt ihr charmanter Traummann immer öfter sein wahres Gesicht, denn er ist ein Kontrollfreak und manipuliert seine Mitmenschen so, wie er es gern hätte. Doch auch Elli bekommt so nach und nach wieder einen klaren Blick und erkennt, welch einen Tyrannen sie als Lebensgefährten für ihren Traum vom Leben in der Wildnis neben sich hat. Ihr bleibt nur, ihre Flucht aus diesem „Gefängnis“ und ihre Rückkehr in die Freiheit zu planen, bevor das Zusammenleben mit diesem Mann eskaliert.


    Die Autorin Elli Radinger hat mit ihrem Buch „Minnesota Winter“ einen sehr wichtigen Teil ihres Lebens autobiografisch festgehalten. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig, bildhaft und sehr eingängig, man hat alles beim Lesen sehr schön vor Augen, selbst die Kälte des Winters in Minnesota war spürbar. Die Landschafts- und Naturbeschreibungen ebenso wie die Tierbegegnungen wirken sehr lebendig und hautnah. Die Autorin gibt einen schönen Einblick in ihre eigene Gefühlswelt und die innere Zerrissenheit. Wie weit will sie gehen, um ihren Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Diese Frage stellt sich der Leser im Laufe des Romans immer wieder und bangt und hofft, dass Elli rechtzeitig die Kurve kriegt und diesen Mann loswird. Aber was tun, wenn man verliebt ist und alles erst einmal mit einer rosafarbenen Brille betrachtet? Jeder von uns wünscht sich die Erfüllung seiner Träume, doch wie heißt das Sprichwort? „Hüte Dich vor Deinen Wünschen, sie könnten in Erfüllung gehen.“ Das WIE ist dabei immer der Haken an der Sache, irgendeine Kröte muss man immer dafür schlucken. Der Protagonist Greg wirkt zu keinem Zeitpunkt sympathisch oder besonders aufregend. Seine Machtspielchen und Manipulationen gleichen mehr einem Sektenführer, der Elli einer Gehirnwäsche unterziehen und sie sich unterwerfen will.


    Elli Radinger hat einen sehr spannenden, autobiografischen Roman geschrieben, der sich herrlich lesen lässt. Ein echtes Leseerlebnis für alle, die sich mit den Gedanken an Auswanderung oder ein Leben in der Wildnis tragen. Aber auch für alle, die einfach tolle Lebensgeschichten lieben! Absolute Leseempfehlung. Chapeau, Elli Radinger, für Ihren Mut und diese Geschichte!!!


    Verdiente :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: für einen außergewöhnlichen und sehr tollen Roman.

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
    _____________________________________________


    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Elli H. Radinger hat sich einen Traum erfüllt: Den Traum vom Leben in der Wildnis. Mit Ende Dreißig fliegt sie nach Minnesota zu Greg; einem Mann, den sie eigentlich kaum kennt. Es war Liebe auf den ersten Blick. Doch bald schon erkennt sie Seiten an Greg, die ihr nicht gefallen und ihr sogar Angst machen. Auch das Leben in der Wildnis entpuppt sich als hartes Stück Arbeit, aber es ist auch wunderschön und immer wieder faszinierend. Doch reicht das aus, um ein Leben an der Seite eines Mannes wie Greg zu führen, der immer unberechenbarer zu werden scheint?


    Mein Leseeindruck:


    Ein ganz wunderbares Buch! Ich muss gestehen, ich bin ohne große Erwartungen an dieses Buch herangegangen, denn ich kannte vorher kein Buch der Autorin. Als erstes angesprochen hat mich das wunderschöne Cover! Es ist einfach bezaubernd und weckte gleich Fernweh in mir. So wurde ich neugierig auf die Geschichte, die Elli H. Radinger hier erzählt.


    Sehr schnell hatte mich dann die Erzählung gepackt. Voller Staunen las ich, wie die Autorin nach Minnesota flog und ihren Wildnistraum verwirklichte. Ihre Erlebnisse haben mich gepackt und verschiedene Gefühle in mir geweckt: Freude und Trauer, Faszination und Entsetzen.


    Ich empfinde wirklich Hochachtung vor dem Mut der Autorin über diesen großen Schritt, ihren Traum wahr werden zu lassen und dann auch noch darüber zu schreiben. Die Erlebnisse sind sehr privat und emotional.


    Mir hat es viel Freude gemacht, dieses Buch zu lesen. Ich werde das Gelesene sicherlich noch lange im Kopf behalten und darüber nachdenken.

    "Ein Leben ohne Bücher ist wie eine Kindheit ohne Märchen, ist wie eine Jugend ohne Liebe, ist wie ein Alter ohne Frieden."


    ( Carl Peter Fröhling )

  • Meine Meinung:


    Die Distanz zwischen Traum und Realität


    Elli H. Radinger hat mit »Minnesota Winter« einen abenteuerlichen Liebes-Wildnis-Roman geschaffen, der auch gleichzeitig ihre Autobiografie darstellt. Die (damals) in Deutschland lebende Autorin beschreibt darin ihre Liebe zur Natur und den Tieren (allen voran den Wölfen) und wie sie es geschafft hat, sich ihren Traum vom Leben in der Wildnis, im Einklang mit der Natur, zu erfüllen. Dass das Ganze auch mit einer Menge Entbehrungen einhergehen würde, war ihr erst nicht derart bewusst.


    ~ Wenn die Existenz auf die Basis reduziert wird, erlangen andere Dinge Bedeutung, und wir beginnen, uns selbst zu entdecken. ~
    (S. 299)


    Manch einer hat ja manchmal diese Anwandlung, einfach seine Sachen zu packen, wegzugehen und mitten im nirgendwo in einer Waldhütte weit abseits der Gesellschaft, und ebenso weit entfernt von Straßen- und Menschenlärm, zu leben. Dass dieses Vorhaben nicht ausschließlich romantisch ist und so ein Leben mitunter sehr anstrengend werden kann, hat die Autorin am eigenen Leib erfahren müssen. In Ellis Fall kam nämlich ein Mann hinzu, der ihr die erste Zeit des Ausstiegs zwar noch erleichtert und sehr schön gemacht hat, aber im Laufe des weiteren Kennenlernens hat sich herausgestellt, dass ebenjener Mann ziemlich engstirnig, verurteilend, kontrollsüchtig und intolerant ist, worunter Elli, je mehr Zeit sie mit ihm verbracht hat, richtig gelitten hat. Aber nicht nur das, zum Ende hin hat ihr Wildnismann sogar seine gewaltbereite Seite gezeigt ...


    Wenn ich mir vorstelle, kilometerweit von der nächsten Zivilisation entfernt zu sein und ich mich mit einem unberechenbaren Mann in einer kleinen Waldhütte aufhalten würde, ohne großartige bzw. schnelle Fluchtmöglichkeit, wird mir ganz mulmig zumute. Wie sich Elli in dieser Situation gefühlt hat, kann ich mir also denken - und das wird, wie ich finde, in diesem Buch auch hervorragend von ihr rübergebracht.


    ~ Ich glaube, der Verlust eines Traums, der Vorstellung, wie das Leben hätte sein können, ist stets wie ein kleiner
    Tod, den wir betrauern müssen, um danach wie Phoenix aus der Asche zu steigen und neu zu beginnen. ~

    (S. 291)


    Teilweise konnte ich die Autorin aber auch nicht verstehen. Ihr Wildnismann Greg kommt hierin nämlich abwechselnd lieb und dann wieder wie ein Monster oder wenigstens wie ein äußerst unguter/unangenehmer Zeitgenosse rüber, und ich hatte so den Eindruck als würden Gregs negative Seiten deutlich überwiegen, dennoch hat Elli ihm immer und immer wieder eine Chance gegeben. Ein bisschen hatte ich das Gefühl, als wäre sie masochistisch. Wer gibt sich denn noch länger mit einem Mann wie Greg, der sie so respektlos behandelt, ab? - Leben in der Wildnis hin oder her. Da wäre ich mir selbst viel zu wichtig, als dass ich das ignorieren oder drüber hinwegsehen könnte. Bei der allerersten schlechten Behandlung hätte ich schon meine Sachen gepackt und ihn verlassen. Sich so etwas auf Dauer gefallen zu lassen bzw. zu warten, bis der Mann komplett ausgereizt ist, das wäre mir nicht eingefallen ...


    Jedenfalls ist es wirklich spannend zu lesen gewesen, wie Elli das alles durchgestanden und überlebt hat, ohne Schaden davonzutragen. So ein Leben in der Einsamkeit und Stille der Wildnis hat schon was Reizvolles, das muss auch ich gestehen, aber dass das auch Schattenseiten hat, muss man sich auch erst mal bewusst machen und eingestehen. Wer mit dem Gedanken spielt, auszusteigen, für den ist das Buch bestimmt was; für alle anderen, die Fans abenteuerlicher (realer) Geschichten sind, die sind mit »Minnesota Winter« wahrscheinlich ebenfalls gut beraten.


    (Weitere Buchzitate findet ihr HIER!)


    4 :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: !