Anne von Canal - Der Grund

  • Laurits ist der Sohn eines vermögenden Paares, das in einer lieblosen Ehe miteinander verbunden ist. Sein Vater, dem Gefühle fremd zu sein scheinen, sieht für ihn eine Karriere als Mediziner vor; seiner Mutter gilt es in erster Linie, den Schein nach außen zu wahren, auch auf die Gefahr hin die eigenen Bedürfnisse vollständig zu leugnen. Als Laurits 18 Jahre alt wird, scheint seiner Aufnahme in die Musikhochschule nichts mehr im Wege zu stehen, doch die Prüfung verläuft anders als geplant und damit auch sein weiteres Leben. Als er Jahre später erfährt was damals wirklich geschah, muss er feststellen, dass seine ganze Existenz auf einer Lüge gründet.
    'Der Grund' ist der Abriss eines Lebens, das geprägt ist von großen Enttäuschungen und den damit verbundenen Neuanfängen - Versuche, das Vergangene zu vergessen und damit hinter sich zu lassen. Doch Laurits muss immer wieder erleben, dass die Vergangenheit sich nicht einfach verdrängen lässt, sondern als Teil des eigenen Daseins akzeptiert werden muss - erst dann kann er tatsächlich einen neuen Abschnitt in seinem Leben beginnen.
    Es ist eine sehr gefühlvolle und einerseits sehr genau beschriebene Geschichte, was Laurits Gefühlswelt betrifft. Andererseits werden viele Ereignisse nur angedeutet, so dass beim Lesen genügend Raum für die eigene Phantasie bleibt: Was geschah mit seiner Hand? Wo ist Pelle? Was machen seine Eltern? Man fühlt, leidet und 'lebt' mit Laurits mit und ist trotz eines mehr oder weniger offenen Endes voller Hoffnung, dass nun eine neue, gute Phase in seinem Leben beginnt. Schön!

    :study: Das Eis von Laline Paul

    :study: Der Zauberberg von Thomas Mann
    :musik: QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling

  • Klapptext:
    Wie oft kann ein Mensch von vorn beginnen?


    Ein reicher Stockholmer Vorort in den Sechzigerjahren: Laurits liebt das Spielen mit seinem besten Freund, das Schwimmen und Tauchen am Sommerhäuschen und vor allem die Klavierstunden bei Fräulein Andersson. Überall fühlt er sich wohler als in Gegenwart seiner überspannten Mutter und des dominanten Vaters, der für seinen Sohn eine Zukunft als Mediziner vorsieht. Doch als Laurits 18 wird, ist eine Karriere als Konzertpianist zum Greifen nah, und er spielt um sein Leben.
    Dann kommt alles anders als gedacht; Laurits findet seine Bestimmung als Arzt - und mit seiner großen Liebe Silja und der gemeinsamen Tochter Liis das Glück. Bis er Jahre später bei einem Familienfest erfahren muss, dass sein Leben auf Sand gebaut ist. Er trifft eine folgenschwere Entscheidung...


    Autorin:
    Anne von Canal, geboren 1973, war nach dem Studium der Skandinavistik und Germanistik zehn Jahre lang im Verlagswesen tätig, bevor sie sich selbst dem Schreiben widmete. Heute lebt sie auf einem Weingut an der Mosel und zeitweise in Hamburg. »Der Grund« ist ihr literarisches Debüt.



    Zu diesem Buch einen Leseeindruck bzw. eine eigene Meinung zu schreiben fällt mir ziemlich schwer. Nein es ist kein schlechter Debütroman, auch wenn es am Ende bei mir nur zu 3,5 Sternen reichen wird. Man muss wahrscheinlich nicht nur den schweren, melancholischen Schreibstil lieben....sondern auch das es sich zu einem durch den ganzen Roman zieht und leider den Protagonisten Laurentius keine Möglichkeit gibt sich davon zu befreien.
    Gerade dies ist aber hier mein Kritikpunkt! Anna von Canal´s Roman beginnt ziemlich "geheimnissvoll", man möchte wissen: Wer ist dieser Mann der sich als Pianist auf dem Passagierschiff verdingt, warum hat er so etwas melancholisches an sich....was hat ihn so zerissen.
    Leider bleibt dies aber den ganzen Roman über so, Anna von Canal schafft es in meinen Augen nicht Laurentius sich nach dem Verrat des Vaters und einer gewissen Zeit des deprimiert seins....das sein Leben so anders verlaufen hätte können. Wieder ins Leben zurück zu kämpfen. Die Autorin lässt einfach keine Weiterentwicklung des Charakters zu.... was ich sehr Schade finde, denn Potenzial ist durch aus vorhanden.
    Ab einer gewissen Anzahl gelesener Seiten war mir dies alles nur zu viel "Trübsal" trotz 2. Schicksalsschlag. den man meiner Meinung entweder eher hätte ein bauen können oder eben den Roman um ein paar Seiten erweitern.... so das Entwicklung da gewesen wäre.


    Was mir von Schreibstil und Erzählweise sehr gut gefallen hat, waren die Stellen als Frau von Canal Laurentius Werdegang zum Pianisten beschrieb und natürlich die Familienfeier.......


    Anna von Canal ist ganz sicher nicht in meinen Augen mit ihren Depütroman "Der Grund" gescheitert....lesenwert ist er alle Male auch wenn ich hier und da Kritik übe....schon alleine die Zitate die ich gefunden habe und im "Ich lese gerade- Thread" gepostet habe geben mir Hoffnung auf hoffentlich weiter gute Bücher der Autorin.
    Diesmal :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    Sobald wir lernen, uns selbst zu vertrauen, fangen wir an zu leben. ( Johann Wolfgang Goethe )


    Jede Begegnung , die unsere Seele berührt hinterlässt eine Spur die nie ganz verweht. ( Lore-Lillian Boden )

  • Inhalt

    Laurits Simonsen arbeitet als Pianist auf einem Kreuzfahrtschiff. Rosa, die Frau die ihn liebt und mit der Laurits kein Kind haben möchte, bemerkt, er hätte die ganze Welt bereist, aber nichts von ihr gesehen. Simon hält sich zwar zwischen seinen Engagements bei Rosa in Venedig auf, am liebsten scheint er sich jedoch in seine Personalkabine auf dem Schiff zurückzuziehen. Ozeanpianist war vermutlich nicht Laurits großer Lebenstraum – und so lässt der Beginn der Geschichte ahnen, dass ihr Hauptthema das Scheitern sein wird.


    Zwischen Laurits Tagebuchaufzeichnungen eingeschoben, vervollständigt ein neutraler Erzähler das Bild des Pianisten. Laurits wuchs als Sohn eines dominierenden Vaters und einer meist gehorsam schweigenden Mutter auf. Der alte Simonsen, Professor für Augenheilkunde, will seinen Sohn in erster Linie zu einem Mann und zu einem Mediziner der alten Schule erziehen, der einmal in die Fußstapfen des Vaters treten wird. Klavierspielen, Laurits einzige und große Begabung, hält der Vater für brotlose Kunst. Laurits wird stets mit eisiger Ablehnung behandelt, wenn er sich den Plänen des Vaters nicht fügt. Obwohl sein Sandkastenfreund Pelle ihm schon sehr frühzeitig beweist, dass Vater Simonsen nicht zu trauen ist, wagt Laurits keinen eigenen Standpunkt zu vertreten. Sein Leben besteht aus Schweigen und Verdrängen, auch noch als er Silja kennenlernt und gemeinsam mit ihr Schweden verlässt. Siljas Eltern waren aus Estland nach Schweden geflüchtet und erfüllen sich nun ihren Traum von der Rückkehr nach Tallinn. Laurits ist inzwischen selbst Vater einer Tochter. Der nie bearbeitete Konflikt mit seinem Vater verhindert Laurits Erwachsenwerden und das Annehmen seiner eigenen Vaterrolle.


    Fazit

    In Anne von Canals Debutroman geht es u. a. um das Scheitern und Verdrängen in zwei aufeinander folgenden Generationen. Mit scharfem Blick für die Gefühle ihrer Figuren lässt die Autorin aus verschiedenen Perspektiven erst allmählich ein Gesamtbild der Ereignisse entstehen. Vorgänge, von denen Laurits lange nichts weiß oder nichts wissen will, verknüpft sie Schritt für Schritt mit der Gegenwart. Auch wenn die Ebenen des Scheiterns in Laurits Leben schonungslos seziert werden, hatte ich nie den Eindruck, dass Anne von Canal ihre Hauptfigur bloßstellt.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Arnott - Limberlost

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow