Philip K. Dick - Der dunkle Schirm/ A Scanner Darkly

  • Inhalt
    Substanz T – auch Tod genannt – ist die neueste Droge auf den Straßen der amerikanischen Städte, und niemand weiß, woher sie stammt und wer sie verbreitet. Der Undercoveragent Fred alias Bob Arctor wird in die Szene eingeschleust, um den Hintermännern auf die Spur zu kommen. Perfekt getarnt, überwacht er mit Kameras und Tonbändern einen der Hauptverdächtigen – und an dieser Stelle verrät der Klappentext den Clou des gesamten Romans. Mag sein, dass den eh schon jeder kennt, ich lass es hier aber weg :wink:


    Meine Meinung
    Ich bin durch die Verfilmung von 2007 mit Winona Ryder und Keanu Reeves auf das Buch aufmerksam geworden – die, obwohl Winona Ryder und Keanu Reeves mitspielen, tatsächlich richtig gut ist. Der dunkle Schirm ist ein Roman, der nur sehr dezente Science Fiction Elemente enthält; es gibt interessante „Jedermann-Anzüge“, die einen Menschen unkenntlich machen, es gibt ein paar technische Überwachungsspielereien, es gibt eine neue Droge, das war es dann aber auch schon. Die Themen, die Philip K. Dick in diesem Roman behandelt, sind zeitlos.


    Der dunkle Schirm treibt ein perfides, doppelbödiges, absolut grandioses Spiel mit der Identität. Fred/ Bob gerät immer mehr in den Sog der Droge und verliert dabei, buchstäblich, auch immer mehr sich selbst. Hier ist wirklich nichts, wie es scheint und keiner ist, wer er zu sein scheint. Der Roman nimmt gesellschaftliche Paranoia aufs Korn, die Überwachungsinstanzen überwachen hier vor allem einander und im Spiel mit den geheimen Identitäten erkennen sich die Protagonisten dann im Wortsinne selbst nicht mehr. In erster Linie allerdings konzentriert sich der Roman auf die kleine Gruppe Slacker rund um Fred/ Bob. Der Roman spielt ca. 20 Jahre nach dem Zeitpunkt seines Erscheinens, also etwa Mitte der 1990er – natürlich stand die Hippie-Kultur Pate für seine Protagonisten, natürlich ist das Buch ein Abgesang auf die ach so fröhlichen Blumenkinder der 1960er und frühen 1970er. Dennoch ist es erstaunlich, wie sehr Philip K. Dick ein Lebensgefühl trifft, das auch „Reality Bites“ entsprungen sein könnte (und das liegt nicht nur an Winona Ryder), mit einem Hauch von „True Romance“ vielleicht, nur mit wesentlich weniger Action. Für Action sind die Protagonisten nämlich meist zu stoned. Es passiert daher über weite Strecken des Romans strenggenommen: Nichts. Das ist aber so unterhaltsam zu lesen, so abstrus und voll des absurden Humors, dass es ewig so weitergehen könnte.


    Philip K. Dick arbeitet mit Der dunkle Schirm auch seine eigene Drogenkarriere auf. Das Ergebnis ist unglaublich komisch, abgrundtief traurig und zutiefst verstörend zugleich (also das, was „Requiem For A Dream“ gerne sein würde, aber nicht schafft, aber das nur am Rande) – und damit genau so, wie ein gutes Buch sein muss, inklusive einem alles andere als eindeutigen Ende.


    Fazit
    Es ist ein sehr gegenwärtiger Gesellschaftsroman, der hier unter dem Etikett „Science Fiction“ zum Vorschein kommt. Ein wunderbares Spiel mit den Identitäten, eine so irrwitzige wie todtraurige Abrechnung mit der Drogenszene und den 1960er/1970er Jahren, gleichsam ein fast schon prophetischer Blick in die 1990er, mit einem grandios ambivalenten Ende – kurzum, ein Roman, der nicht nur SciFi-Fans gefallen kann.
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    Achso: Unbedingt den Film gucken! :wink: