Friedrich Ani - Die unterirdische Sonne

  • Um was geht's?

    Die Jugendlichen Conrad, Leon, Eike, Maren und Sophia sind gefangen in einem Keller, in einem Raum. Jeder von ihnen wurde gekidnappt und dort hinuntergebracht. Ihre Entführer holen die fünf regelmäßig abwechselnd nach oben. Was dort oben in der "Hölle" passiert - darüber will und kann niemand reden. Eines Tages kommt noch ein Junge: Noah. Der will sich nicht auf diese Weise geschlagen geben, will seine Würde behalten. Doch genau damit riskiert er sein Leben.
    Mit diesem Verhalten hat Noah in den Köpfen der anderen eine Hoffnung auf Leben hervorgerufen, die sie schon lange aufgegeben haben...


    Erster Satz:


    "Ich hab keine Angst, hab ich nicht..."

    Meine Meinung:

    Verlies der Kindheit


    Wie das Lachen ging, wussten sie nicht mehr. Lieber sterben, als SO weiterleben, nein, existieren, zu müssen. Genau so haben die Jugendlichen gedacht. Für mich absolut verständlich. Ich möchte es mir gar nicht ausmalen, in einer derartigen Situation zu sein. Auch wenn man gar nicht wirklich erfahren hat, was mit jedem einzelnen von den Fünfen dort oben genau passiert ist. Das war gar nicht unbedingt notwendig. Am Verhalten und an ihren bedrückenden Gedanken konnte ich mir das sowieso denken. Im Grunde ist es auch nicht wichtig. Wichtig ist, dass Noah den anderen Hoffnung gegeben hat, Hoffnung auf Rettung, auf ein Weiterleben. Und dass dadurch dann alles ganz schnell ging, hat mich nicht mehr verwundert.


    Ein ganz einzigartiges Buch über ein Thema, das in der Gesellschaft viel zu wenig, und wenn, dann nicht lange, Beachtung bekommt: Kindesentführung. Wie abgründig und krank Gedanken und Taten von Erwachsenen sein können, zeigt sich durch die Kinder in diesem Buch sehr gut. Aber auch, dass Hoffnung, Vertrauen und Glaube in solchen Situationen nicht nur enorm wichtig, sondern auch lebensrettend sein können, wird vermittelt. Ein Buch, das wirklich nachdenklich stimmt und wenn man sich darauf einlässt, auch in einem selbst etwas in Bewegung setzen kann.


    4 :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: gibt's von mir.

  • Zu fünft sitzen sie in einem Keller. Fünf Kinder und Jugendliche, alle entführt und weggesperrt. Täglich wird einer von ihnen nach oben geholt und kommt Stunden später völlig verstört zurück. Keiner weiß, was den anderen angetan wird, denn wer darüber spricht, der stirbt, und so schweigen sie über diese Taten und erzählen sich stattdessen Märchen und andere Geschichten. Eines Tages wird ein neuer Junge zu ihnen gebracht und er hat sich noch nicht in der aussichtslosen Lage verloren und besitzt noch seinen Kampfgeist.


    Als erstes überraschte mich, dass auf dem Schutzumschlag ein empfohlenes Lesealter von 16 angebracht wurde. Jugendbücher haben stets eine Altersempfehlung, aber dass diese auf dem Buch selbst angebracht ist, ist mir bisher noch nie bewusst aufgefallen. Nachdem ich den Roman nun gelesen habe, weiß ich, warum diese "Warnung" dort steht, denn das Buch ist heftigst. So heftig, dass ich es eigentlich nicht einmal 16- oder 17-Jährigen empfehlen möchte.


    Friedrich Ani schafft es problemlos eine erschreckende und bedrückende Atmosphäre zu erzeugen. Als Leser erfährt man nicht, was mit den Kindern und Jugendlichen geschieht. Man merkt ihnen lediglich an, wie verstört sie stets sind, wenn sie in den Keller zurück gebracht werden und genau damit spielt Ani. Mit dem eigenen Kopfkino, mit der Ungewissheit und zahlreichen Andeutungen, die einem den Magen umdrehen. Die erschaffte Atmosphäre empfand ich viel heftiger, als sie einem in den meisten Thrillern für Erwachsene begegnet. Da es sich bei den Opfern, die in irgendeiner Form misshandelt werden, um Minderjährige handelt und der Roman für Jugendliche geschrieben wurde, empfand ich den Roman als zu heftig, um mit der empfohlenen Altersgruppe konform gehen zu können.


    Die Atmosphäre ist gerade anfangs spannungsgeladen. Der Autor beschreibt die Angst der Minderjährigen, ihren Schmerz und ihre Hoffnungslosigkeit authentisch. Dass die Kinder und Jugendlichen sich irgendwann schon nach dem Selbstmord sehen, erscheint eine glaubhafte Folge der Gefangenschaft und der Misshandlungen zu sein. Obwohl die Authentizität in diesem Bereich gegeben ist, habe ich keinen Bezug zu den Protagonisten aufbauen können. Zunächst kämpfte ich etwas damit die Figuren auseinander zu halten. Nach und nach baut der Autor dann jedoch individuelle Betrachtungen der Charaktere ein, aber auch danach empfand ich sie nicht wirklich greifbar.


    Fazit: Ein Jugendroman, der die grausamen Taten nicht beim Namen nennt, aber gerade dadurch beklemmender kaum sein könnte. Eine Geschichte, die im Kopfkino entsetzliche Bilder auslöst und somit meiner Meinung nach nicht für Jugendliche geeignet ist. Ein Buch, dessen Charaktere mich leider nicht überzeugen konnten. 3/5 Sterne.


    • Gebundene Ausgabe: 336 Seiten
    • Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 16 Jahren
    • :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:
  • Ich fand "Die unterirdische Sonne" einfach nur schlecht und bereue sehr, dass ich mir das teuere Hardcover gekauft habe. :thumbdown:
    Die Protagonisten sind einfach nur gleichförmig. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass innerlich jeder genauso tickt wie die anderen. Zudem hatten sie eine Art zu reden, die mir schon nach 20 Seiten sowas von auf die Nerven ging. :roll: Kein Mensch würde so sprechen wie die Jugendlichen, die in diesem Keller festsitzen. Ich habe ja nichts dagegen wenn jemand seine Figuren etwas "kunstvoll" darstellt, aber dann sollte man das schon zumindest ein wenig können wie z.B. eine Antonia Michaelis. Ich konnte auch absolut nicht mit ihnen mitfiebern. Friedrich Ani hat es mit seinem seltsamen Stil wirklich geschafft, dass einem missbrauchte Kinder, die in einem Keller festsitzen, überhaupt nicht berühren. Die nicht vorhandene Handlung dümpelte so vor sich hin, jeder der Hauptfiguren erzählte auf überzogene märchenhafte Art und Weise etwas von seinem Vorleben und am Ende kam zumindest noch ein ganz klein wenig Spannung auf, was das Buch vor dem Totalausfall gerettet hat. Trotzdem gibt es von mir nicht mehr als :bewertung1von5::bewertung1von5: .

  • Um es vorweg zu sagen. Dies ist ein zutiefst verstörendes Buch, das sich in kein gängiges Genre passen lassen will. Friedrich Ani hat einen Roman geschrieben über fünf Jugendliche, erschienen in einer renommierten Jugendbuchreihe, dem man glaubte auf dem Umschlag die ungewöhnliche Leseempfehlung ab 16 Jahren beifügen zu müssen.


    Tatsächlich scheint die Handlung für jüngere Jugendliche nicht wirklich geeignet. Da sind fünf Jugendliche zwischen elf und fünfzehn, gefangen zum Teil schon seit Monaten in einem trostlosen Verlies in einem Keller eines Hauses auf einer Insel. Sie werden von Erwachsen, darunter auch eine darin festgehalten, nachdem sie an ihrem jeweiligen Wohnungsort entführt und auf die weit entfernte Insel verschleppt wurden.


    Ihr Verlies kennt kein Tageslicht und ihre Verpflegung ist bescheiden. Ein Funzel gibt ihnen so lange Licht, wie die Erwachsenen oben das zulassen und alte schmutzige Matratzen sind nicht nur in der Nacht ihr Lager. Jeden Tag wird einer von den fünf (Leon, Maren, Sophia, Eike und Conrad) nach oben geschleppt, manchmal auch zwei zusammen. Bei Androhung des Todes ist es ihnen verboten, untereinander über das zu sprechen, was oben passiert.


    Was dort genau passiert, wird nie beschrieben, es bleibt dem Leser überlassen aus dem zustand, mit dem sie von oben zurückkehren, zu schließen um was es geht. Längst haben die Kinder und Jugendliche jegliche Hoffnung aufgegeben, doch als nach einige Zeit mit Noah en sechster Junge auftaucht und kurz danach Eike für immer verschwindet, da verändert sich etwas in der Gruppendynamik der Gruppe. Sie sprechen mehr miteinander, teilen sich Dinge aus ihrem Leben mit, lassen Emotionen wieder zu.


    „Wer Anis Geschichtenliest, lernt anders denken“, hat ein Kritiker einmal geschrieben. Das trifft auch und erst recht auf das neue Buch zu. Aber ich möchte ergänzen: er lernt auch anders mitfühlen und anders über Menschen urteilen, die die Gesellschaft längst abgeschrieben hat, die lebendig tot sind, und schon lange, bevor sie abtauchen, längst in sich selbst verschwunden sind, in "leeren Zimmern" leben.