Sophie Divry: The Library of Unrequited Love / La Cote 400

  • Die Autorin:
    Sophie Divry lives in Lyon, France. The Library of Unrequited Love is her first novel. (amazon.de, ich weiß, in diesem Fall echt detailliert. :wink: )


    Klappentext:
    One morning a librarian finds a reader who has been locked in overnight. She begins to talk to him, a one-way conversation full of sharp insight and quiet outrage. As she rails against snobbish senior colleagues, an ungrateful and ignorant public, the strictures of the Dewey Decimal System and the sinister expansionist conspiracies of the books themselves, two things shine through: her unrequited passion for a researcher named Martin, and an ardent and absolute love for the arts. A delightful divertissement for the discerning bookworm...


    Inhalt:
    Normalerweise unbeachtet von den Bibliotheksbesuchern, die ihr viel zu wenige Fragen stellen, zu wenig ernst genommen von den Mitarbeiterinnen, die oben in der Abteilung für Belletristik arbeiten und die sich angeblich für etwas Besseres halten, kommt die Bibliothekarin, die für die Geographieabteilung zuständig ist, früh morgens zur Arbeit, um die Regale durchzuschauen und Bücher einzusortieren, die ausgeliehen gewesen waren und nun zurückgegeben wurden. Aber heute ist alles anders als sonst, denn als sie in die Bibliothek kommt, trifft sie unverhofft auf einen Besucher, der versehentlich über Nacht in der Bibliothek eingeschlossen gewesen war. Zunächst verärgert über den ungebetenen Gast, beginnt die Bibliothekarin damit, von ihrer anstrengenden Arbeit und den Besonderheiten des Ordnungssystems zu erzählen, redet sich aber immer mehr in Fahrt. Wir erfahren, wie einfach es durch ein zentrales Ordnungssystem ist, Bücher in Regalen aufzuspüren, welche Autoren sich den Respekt der Bibliothekarin verdient haben und auf welche sie herabsieht, was sie an Bibliotheken stört und was sie an ihnen liebt und letztlich hören wir noch etwa über Martin. Dieser mysteriöse Bibliotheksbesucher, dessen Nacken die einsame Bibliothekarin an einen Buchrücken erinnert und den sie deswegen so attraktiv findet, kommt seit längerer Zeit regelmäßig und scheint an einer wissenschaftlichen Arbeit zu schreiben. Jedes Mal hofft die Bibliothekarin, er möge sie wahrnehmen – als Frau. Ihr eine Frage stellen, mit ihr ins Gespräch kommen. Doch leider bleibt Martin unerreichbar.
    Der Monolog de Bibliothekarin endet erst, als der Sicherheitsdienst oben die Türen aufschließt und der unfreiwillige Übernachtungsgast das Gebäude verlassen kann.


    Meine Meinung:
    Wer sich auf “The Library of Unrequited Love” einlässt, bekommt 92 Seiten lang einen dramatischen Monolog geliefert. Ohne Punkt und Komma redet die Erzählerin, und ohne einen einzigen Absatz läuft der Text über seine gesamte Länge. Dies fand ich zuerst etwas befremdlich, aber ist man erst einmal in die Gedankenwelt von Divrys etwas verbitterter Erzählerin eingestiegen, macht das Ganze einfach nur noch Spaß.
    Erwartet hatte ich ehrlich gesagt etwas ganz Anderes, nämlich eine Art Liebeserklärung an das Lesen, an Bibliotheken und so weiter, aber die Liebe der Bibliothekarin zu Ordnung, zu Büchern, eigentlich auch zu Bibliotheken – und auch die zu Martin, sie alle sind wirklich unerwidert. Fast könnte sie einem leid tun, aber irgendwie war sie mir dazu nicht sympathisch genug. Wie eine reale Person auch, offenbart Divrys Ich-Erzählerin Facetten ihrer Persönlichkeit, die sympathisch sind, manchmal scheint sie aber wirklich auch sehr verbittert und sogar ein bisschen verrückt. Das macht beim Lesen unheimlich viel Spaß.
    Richtig gut fand ich auch, dass man beim Lesen die ein oder andere interessante Information zum Thema Bibliotheken aufschnappen konnte, und ein bisschen schuldig habe ich mich tatsächlich am Frust der Bibliothekarin auch gefühlt, denn ich gehöre ja auch zu den Lesern, die Bücher immer besitzen wollen und deswegen eigentlich nichts aus Bibliotheken ausleihen. Das gebe ich ja zu. Nichtsdestotrotz gehe ich ganz gerne in Bibliotheken, weil ich die Atmosphäre in den meisten sehr mag. Wie sich die Gestaltung von Bibliotheken entwickelt hat, erzählt die Bibliothekarin hier übrigens auch zumindest kurz, und das fand ich zum Beispiel durchaus spannend.
    Ein ungewöhnliches Buch, das aber durchaus lesenswert ist und uns vielleicht dazu anregen kann, unser Leseverhalten ein bisschen zu beobachten. (Nicht, dass wir das nicht ohnehin schon täten…)
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