Arnaldur Indriðason - Duell/Einvígið

  • Originaltitel: Einvígid
    Inhalt


    Während im Jahr 1972 die ganze Welt auf Reykjavík schaut, wo mitten im Kalten Krieg die Schachweltmeisterschaft zwischen dem amtierenden Boris Spasski und dem kapriziösen Herausforderer Bobby Fischer ausgetragen wird, geschieht ein trauriger und schmutziger Mord. Ein siebzehnjähriger Junge wird in einem Kino brutal erstochen. Die beiden Kriminalbeamten Marion Briem und Albert ermitteln. Von den Eltern des Opfers Ragnar erfahren sie, dass Ragnar ein großer Filmfan gewesen war und im Kino regelmäßig den Ton der Filme mit seinem Cassettenrekorder aufgenommen hat. Der Verdacht liegt nahe, dass Ragnar zufällig etwas Geheimes aufgenommen und mitgehört hat und deshalb sterben musste.


    In Rückblenden erfährt man viel aus Marian Briems Kindheit. Er hat als Kind an Tuberkulose gelitten und lange Zeit in Sanatorien und Krankenhäuser verbracht.



    Meine Meinung


    Die Polizeiarbeit, die zur Lösung des Falles führt, ist genau und anschaulich beschrieben, so dass man eine gute Vorstellung des Lebens im Jahr 1972 gewinnt. Das legendäre Schachtournier nimmt einen recht großen Raum ein und führt wie ein Roter Faden durch das ganze Buch. Allerdings geht es dabei eher um die Organisation und die persönlichen Befindlichkeiten der beiden Kontrahenten. Man versteht den Krimi also auch ohne Schachkenntnisse. Sehr gefühlvoll empfand ich die Rückblenden aus Marian Briems Kindheit. Ich habe viel erfahren über die Behandlung von Tuberkulose bevor man Antibiotika zur Verfügung hatte. Besonders berührend fand ich, dass die Kinder damals alleine recht weit in ein Sanatorium reisten und nur selten Besuch von ihren Angehörigen hatte. Schön ist auch die Freundschaft, die sich zwischen Marian und Kathrin, einer kleinen Patientin entwickelte.


    Der Kriminalfall findet zu einem traurigen aber doch abgerundeten Schluss, wie ich es bei einem routinierten Krimiautor wie Arnaldur Indriðason nicht anders erwarte. Dennoch hat mich während des ganzen Buches der Eindruck beschlichen, dass Indriðason nicht ganz so sicher formuliert, wie in seinen Erlendur Krimis. Ich hatte den Eindruck, er tastet sich an einen Schreibstil heran, was an einigen Stellen zu fast schon aufdringlichen Wiederholungen geführt hat. Ich hätte gerne etwas mehr selber gedacht, beobachtet und Schlüsse gezogen und fühlte mich zu sehr zum Jagen getragen. Insgesamt fand ich die Handlung zu mager für ein Buch von über 400 Seiten.



    Mein Fazit


    Dieser Kriminalroman hat meine hohen Erwartungen, die ich bei Arnaldur Indriðason habe nicht erfüllt. In diesem Buch wird Marian Briem, der als Erlendurs Mentor in den bisherigen Bänden nur eine untergeordnete Rolle spielt, in ein neues Licht gesetzt. Deshalb empfehle ich dieses Buch für Fans der gesamten Reihe. Als isoliertes Buch finde ich die Handlung zwar spannend und gefühlvoll, aber insgesamt etwas dünn. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

    Ich schlief und träumte, das Leben sei Freude. Ich erwachte und sah, das Leben war Pflicht. Ich handelte und siehe, die Pflicht ist Freude!
    Rabindranath Tagore (1861-1941)


    Lha gyal lo - Free Tibet!

    Wir sind grüüüüüün!!!!

  • Wenn es um Marian Briems Leben geht, müsste dieses Buch chronologisch vor den Erlendur-Büchern liegen. Hat Indriðason es auch vorher geschrieben
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    Ich hatte den Eindruck, er tastet sich an einen Schreibstil heran,

    oder ist es aus unerfindlichen Gründen zuletzt übersetzt worden?


    Schach interessiert mich überhaupt nicht, Medizingeschichtliches (TBC vor der Antibiotika-Ära) schon. Ich weiß nicht so recht, ob ich dieses Buch nun lesen soll. :-k Sonst lese ich Indriðason sehr gern.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Meine Begeisterung ist auch nicht gerade überschäumend, aber lest selbst.
    Es liegt eine verhaltene Ruhe über dem Roman, was der Eigenart des ermittelnden Kommissars wie auch der eigentlichen Natur der Isländer geschuldet sein könnte (haben diese ein eher ruhiges Naturell? Ich nehme es einfach mal an ;-)). Alle Spuren, die näher an die Lösung des Falles heranführen, ergeben sich aus zufälligerweise auftauchenden Indizien oder Zeugen, richtige Überraschungsmomente sind äußerst selten. Obwohl der geschichtliche Hintergrund (Ost gegen West) für zusätzliche Spannung hätte sorgen können, bleibt er doch mehr am Rande als schmückendes Beiwerk. Schade, denn etwas mehr Ost-West-Rivalität hätte der Story vermutlich nicht geschadet. Begleitend zum Kriminalfall wird die Lebensgeschichte des Kommissars erzählt, die sicherlich ein gutes Viertel des Buches einnimmt und nichts, wirklich überhaupt nichts mit dem Krimi zu tun hat. Doch da Indriðason ein guter Erzähler ist, folgt man dem Lebensweg Marians und dessen Ermittlungen nicht ohne Interesse, aber echte (Hoch)Spannung kommt nicht auf - zumindest nicht bei mir. So bleibt es bei einem gut geschrieben Roman mit einem Kriminalfall, der einem den damaligen Hype um Schach wieder nahebringt.

    :study: Das Eis von Laline Paul

    :study: Der Zauberberg von Thomas Mann
    :musik: QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling

  • Wenn es um Marian Briems Leben geht, müsste dieses Buch chronologisch vor den Erlendur-Büchern liegen. Hat Indriðason es auch vorher geschriebenoder ist es aus unerfindlichen Gründen zuletzt übersetzt worden?


    Nein, es ist aus dem Jahre 2011. Übrigens hat zeitgleich der zweitbedeutenste Autor Island ebenfalls ein Buch über dieses Match herausbringen wollen - offenbar sogar mit dem gleichen Titel :D Hier steht noch mehr.

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