"Zu Besuch bei Diktatoren" - Peter York

  • Sie haben die Gewalt über Millionen von Menschen und Millionen an geplündertem Geld, aber eins haben sie nicht: Geschmack.


    Peter Yorks Buch Zu Besuch bei Diktatoren beweist überzeugend, informativ und amüsant, daß Liebe nicht das einzige ist, das man mit Geld nicht kaufen kann. Von Lenin zu Milosevic, von Bokassa zu Mussolini - bei allen führte der Größenwahn, gepaart mit einem pathologischen Hang zum Kitsch und zur hemmungslosen Selbstdarstellung, zu ebenso tragischen wie komischen Auswüchsen. Bissig und respektlos beschreibt York die Marotten dieser angeblich "großen" Männer. Und gibt in der Einleitung auch gleich eine nützliche 10-Punkte-Anleitung für alle, die diesen Stil für das eigene Heim übernehmen möchten (Je größer, desto besser; je mehr Gold, desto besser; man kann nie zu viele Bilder von sich selbst hängen haben ...)


    Das Buch behandelt 16 Diktatoren, jeden davon in einem eigenen Kapitel. Die Kapitel sind von unterschiedlicher Länge - je nach verfügbaren Informationen -, und manche enthalten nur wenige Anekdoten über die Paläste und anderen Stilalbträume der betreffenden Staatsoberhäupter. Was York aber immer liefert, ist ein Einblick in ihr Leben und "Werk", und er ist dabei oft bemerkenswert schonungslos, wenn es darum geht, wer es diesen in jeder Hinsicht geschmacklosen Massenmördern erlaubt hat, so lange die Staatskasse für ihre eigenen Projekte zu plündern oder ihnen sogar noch beim Bau dieser Schandmale behilflich war. Schon darum ist dieses Buch lesenswert.


    Es ließen sich auch etliche Schwächen des Buches aufzählen: Die Informationsmenge der einzelnen Kapitel ist sehr schwankend; die Bildqualität der Illustrationen ist fast durchgängig grobkörnig und schlecht (allerdings geht es ja auch eher darum, was auf den Bildern zu sehen ist). Nichtsdestotrotz fand ich persönlich, daß das größte Manko des Buches war, daß es zu kurz war. Ich hätte sehr gern noch mehr über das Thema erfahren, und ich hätte auch einfach gern mehr von Yorks wunderbar süffisanten Beschreibungen gelesen.


    Zu Besuch bei Diktatoren ist ein Lesespaß mit ernstem Hintergrund, ein Buch, das einen schmunzeln und manchmal sogar schallend lachen läßt, ohne herunterzuspielen, wofür sonst diese Diktatoren verantwortlich waren. Sehr zu empfehlen. :thumleft:


    Gruß
    Ute

  • Ich habe mir das Buch gestern auf deine Empfehlung hin gekauft. Im Laden habe ich ueber Lenin mal reingelesen und dann das Vorwort gelesen. Interessanter Stil und ich hoffe, dass ich merke, wenn unterschwelliger Humor angesagt ist. :twisted:

  • jannmaat


    Ich bin fest überzeugt, daß Du dem britischen Humor im allgemeinen und Yorks Humor im besonderen mehr als gewachsen bist. :wink: Ich freue mich schon darauf, Deine Meinung zu dem Buch zu hören (sollte es Dir nicht gefallen, übernehme ich allerdings nicht die Verantwortung für den Kauf ... :mrgreen: )


    Gruß
    Ute

  • Ich fand es amüsant zu lesen und vor allem die Fotos anzuschauen.
    Besonders vielsagend ist der Blick des GI auf das Gemälde im Palast von Sadam Hussein. Da kann der Diktator jeden Maler im Land zwingen Meisterwerke für den Palast zu zaubern und was gibt der in Auftrag? Softporno-Fantasy-Art.
    Interessant finde ich auch die kurzen Biographien der Diktatoren. Leider sind die Texte von jemandem, der nachtritt. Hätte er ja auch alles schreiben können, als die Diktatoren noch an der Macht waren. Vielleicht aber auch mal wieder ein Übersetzungsproblem, denn ich habe das Buch auf deutsch gelesen.