Kurzbeschreibung zur deutschen Ausgabe (Quelle: amazon)
Stoner‹ ist einer der großen vergessenen Romane der amerikanischen Literatur. John Williams erzählt das Leben eines Mannes, der, als Sohn armer Farmer geboren, schließlich seine Leidenschaft für Literatur entdeckt und Professor wird – es ist die Geschichte eines genügsamen Lebens, das wenig Spuren hinterließ. Ein Roman über die Freundschaft, die Ehe, ein Campus-Roman, ein Gesellschaftsroman, schließlich ein Roman über die Arbeit. Über die harte, erbarmungslose Arbeit auf den Farmen; über die Arbeit, die einem eine zerstörerische Ehe aufbürdet, über die Mühe, in einem vergifteten Haushalt mit geduldiger Einfühlung eine Tochter großzuziehen und an der Universität oft teilnahmslosen Studenten die Literatur nahebringen zu wollen. ›Stoner‹ ist kein Liebesroman, aber doch und vor allem ein Roman über die Liebe: über die Liebe zur Poesie, zur Literatur, und auch über die romantische Liebe. Es ist ein Roman darüber, was es heißt, ein Mensch zu sein.
Autor (Quelle: amazon)
John Williams wurde 1922 in Texas geboren. Trotz seiner Begabung brach er sein Studium ab. Widerstrebend beteiligte er sich an den Kriegsvorbereitungen der Amerikaner und wurde Mitglied des Army Air Corps. Während dieser Zeit entstand die Erstfassung seines ersten Romans, der später von einem kleinen Verlag publiziert wurde. Williams erlangte an der University of Denver seinen Master. 1954 kehrte er als Dozent an diese Universität zurück und lehrte dort bis zu seiner Emeritierung 1985. Er veröffentlichte zwei Gedichtbände und vier Romane, von denen einer mit dem National Book Award ausgezeichnet wurde. John Williams starb 1994 in Fayetteville, Arkansas.
Allgemeines
Englische Ausgabe: erschienen am5.Juli 2012 (Vintage Classics) , TB 288 Seiten
Deutsche Ausgabe: erschienen am 1.September 2013 (DTV Verlag), HC 352 Seiten
Vorwort (englische Ausgabe) von John Mc Gahern, 17 Kapitel
Erzählung in der dritten Person aus Stoners Perspektive
Zum Inhalt
Der Roman schildert das wenig spektakuläre Leben der Titelfigur William Stoner (1901 - 1956). Als Sohn einfacher Farmer geboren und dazu bestimmt, die Farm seiner Eltern zu bewirtschaften, ermöglichen ihm seine Eltern einen landwirtschaftlichen Studiengang an der University of Columbia. Gegen Mithilfe auf der in der Nähe der Universität gelegenen Farm seines Onkels erhält Stoner während seiner Studienzeit Kost und Logis.
In einer der obligatorischen Literaturvorlesungen bei Archer Sloane hat Stoner ein Schlüsselerlebnis, er erkennt, dass sein Studiengang nicht seinen innersten Wünschen entspricht und sattelt auf Literaturgeschichte um , um selbst Dozent für Literatur zu werden. Seine Eltern nehmen seine Entscheidung gelassen hin. Zunächst gelingt es Stoner nicht, seine eigene Begeisterung für sein Fach den Studenten zu vermitteln, er ist irgendwie gehemmt. Seine Schüchternheit und Unbeholfenheit treten auch im Privatleben zutage. Er verliebt sich in Edith Bostwick, die oberflächliche Tochter eines Bankiers, die seine Gefühle offensichtlich nicht erwidert, ihn aber trotzdem heiratet. Warum sie das tut, bleibt eine der ungelösten Fragen des Romans. Die Ehe ist von Anfang an unglücklich, Edith weist jede körperliche wie seelische Annäherung ab und findet ihr Hauptvergnügen darin, ihrem Mann das Leben schwerzumachen. Etwas glücklicher wird Stoners Leben, als Edith beschließt, ein Kind zu haben. Nach der Geburt der Tochter Grace zieht sie sich in den "Krankenstand" zurück und ermöglicht damit ihrem Mann, der die Versorgung der Tochter größtenteils übernimmt, wenigstens eine liebevolle Beziehung in seinem Leben. In dieser Zeit gelingt es ihm auch, mehr aus sich herauszugehen und seinen Studenten etwas von seiner Begeisterung für Literatur zu vermitteln, wobei er pädagogisch neue Wege beschreiten möchte. Als seine Frau bemerkt, dass er sich jenseits seiner deprimierenden Ehe ein zufriedenstellendes Leben aufbaut, schreckt sie nicht davor zurück, ihre Tochter Grace rücksichtslos zum Objekt des kalten Ehekrieges zu machen. Doch auch an der Universität hat Stoner einen Widersacher, der ihn seit einem Konflikt wegen eines unfähigen Studenten mit unnachgiebiger Rachsucht verfolgt...
Persönliche Beurteilung
Stoners Lebensgeschichte ist nach außen hin nicht bemerkenswert und über weite Teile auch von einem melancholischen bis deprimierenden Grundton geprägt. Sie wird außerdem in einem ruhigen, sehr sachlichen und geradezu "unbeteiligtem" Sprachstil erzählt. Trotzdem hat mich dieses Buch total gefesselt und sehr stark berührt. Stoner ist eine interessante und widersprüchliche Figur: In seiner Ehe ist er eine Art Pantoffelheld, der sich von seiner Frau viel zuviel gefallen lässt. Als er merkt, dass er keine Beziehung zu Edith aufbauen kann, bleibt er passiv, resigniert und zieht sich in die Welt seiner Bücher zurück. Eine Liebesbeziehung zu einer Kollegin, die intellektuell auf seiner Wellenlänge liegt, ist ihm vergönnt, muss aber dem Druck der universitätspolitischen Gegebenheiten weichen.
In seinem beruflichen Umfeld ist Stoner dagegen kein stummer Dulder, er steht als Student zu seiner Verweigerung des Kriegsdienstes im Ersten Weltkrieg, obwohl er moralisch unter Druck gesetzt wird, und er weiß sich als Dozent des verfeindeten Kollegen zu erwehren, wobei sein subtiles Vorgehen den Leser durchaus zum Schmunzeln verleitet.
Es fällt mir schwer, in Worte zu fassen, warum mich dieser Roman so sehr bewegt hat. Vielleicht liegt es an der Widersprüchlichkeit in Stoners Wesen, der gleichzeitig passiv und schwach erscheint, aber doch innere Stärke beweist und trotz seines eher traurigen Lebens eine Art inneres Glück in seiner Liebe zur Literatur findet. Bleibt auch manches an seinem Charakter ebenso unverständlich wie der Charakter seiner (meiner Meinung nach) psychisch gestörten Frau, so hat er doch sein Leben seiner Lieblingsbeschäftigung gewidmet.
Ein Roman, der mich gedanklich noch lange beschäftigen wird!
Ich bin durch die Mini-Leserunde von Hypocritia und taliesin auf den Roman aufmerksam geworden. Die beiden haben schon viel Interessantes dazu geschrieben. Meiner Ansicht nach verdient es dieses großartige Buch, auch im Rezensionsbereich vorgestellt zu werden.