Ronen Steinke, Fritz Bauer oder Auschwitz vor Gericht

  • Diese Biographie des jungen Journalisten und Juristen Ronen Steinke über das Leben des ehemaligen hessischen Generalstaatsanwaltes und Exil-Weggefährten von Willy Brandt, Fritz Bauer und dessen Rolle bei der schwierigen und von vielen politischen Widerständen bedrohten Vorbereitung und dann von großem medialen internationalem Interesse geprägten Frankfurter Auschwitz-Prozessen 1965 ist sehr gut geeignet, vor allem Leser, die diese Zeit nicht als politisch bewusste Erwachsene miterlebt haben, mit einer Periode der bundesrepublikanischen Geschichte bekannt zu machen, die im Rückblick gesehen einen zentralen Wendepunkt in der Nachkriegsgeschichte des Landes markiert.


    Denn ohne diese Prozesse und ihre aufklärende Wirkung im Inland und ihre entspannende Botschaft im Ausland wäre die weitere Ostpolitik Egon Bahrs und Willy Brandts und danach auch die Große Koalition und die anschließenden erste sozialliberale Koalition nicht denkbar gewesen.


    Ronen Steinke zeichnet kenntnisreich die bisher kaum bekannte Lebensgeschichte jenes Mannes nach, der die Deutschen mit ihrer Geschichte konfrontierte und dabei viel Widerstand und Häme erfuhr. Über die Widerstände aus seiner eigenen Zunft hat er gesagt: „Wenn ich mein Büro verlasse, betrete ich feindliches Ausland.“


    Traurig ist sein verbittertes und einsames Lebensende. Deshalb ist es sehr zu begrüßen, dass mit diesem Buch eines jungen Juristen an das Leben und das unvergessliche Wirken von Fritz Bauer erinnert wird.

  • Jetzt hab ich das Buch tatsächlich auch und durchgelesen.


    Der ersten Rezension kann ich mch so anschliessen. Die jungen Jahre als Staatsanwalt vor dem dritten Reich, die Zeit im KZ und das Exil in Schweden/ Dänemark und dann die Wiederkehr in die neue BRD sind echt spannend. Auch dass er das Thema Homosexualität in der Öffentlichkeit dargestellt hat und liberale Gesetze forderte und trotzdem in seinem Amt das aktuelle strenge Gesetz ausüben musste, ist spannend.


    Besonders bemerkenswert finde ich, dass der Autor es schafft Fritz Bauer und sein Wirken darzustellen und dabei kaum wertend wird. Es werden Sachverhalte zusammen getragen, Interviews mit Zeitzeugen dargestellt im Text und man kann sich selbst dazu eine Meinung bilden.


    Insgesamt schwankte ich zwischen Mitleid für diesen einsamen Mann mit der leidvollen Geschichte und Bewunderung für den Kämpfer und Strategen.
    Irgendwie hab ich jetzt Lust darauf mir alte Fernsehinterviews oder Diskussionsrunden reinzuziehen und ihn streiten zu hören.


    Ich geb dem Buch 5 Sterne.

  • Irgendwie hab ich jetzt Lust darauf mir alte Fernsehinterviews oder Diskussionsrunden reinzuziehen und ihn streiten zu hören.

    Kommt jetzt nicht auch der Film über Fritz Bauer ins Kino? Der hat bis jetzt ziemlich gute Bewertungen und Kritiken bekommen - zumindest was ich mitbekommen habe. :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



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