Antje Babendererde - Isegrim

  • Jolas Zufluchtsort ist der nahe gelegene Wald. Dort fühlt sie sich wohl, dort kennt sie jedes Fleckchen Erde und dort kann sie abschalten und den Rest der Welt mit seinen Problemen vergessen. Doch in letzter Zeit hat Jola das Gefühl, dass sich etwas verändert hat. Sie fühlt sich beobachtet und jemand scheint in "ihr" Gebiet eingedrungen zu sein. Kurz darauf begegnet sie einem fremden Jungen und deckt Geheimnisse auf, die bereits lange zurückliegen. Doch Jola kann sie nicht im Verborgenen ruhen lassen.


    Von Antje Babendererde kenne ich bisher nur ein paar ihrer Indianer-Romane und war gespannt auf "Isegrim", ein Roman, der inhaltlich etwas ganz anderes bietet. Die Zielgruppe sind ebenfalls Jugendliche, aber es geht weder um Indianer, noch um eine zart aufblühende Liebe, auch wenn Beziehungen thematisiert werden, und der Schauplatz des Geschehens ist nicht Nordamerika, sondern Deutschland. Genauer gesagt ein kleines Dorf in Thüringen.


    Der Titel und das Cover, welches mir gefällt und gut zum Titel passt, haben mich etwas irritiert. "Isegrim" als Titel zu wählen, platzierte für mich die Geschichte in eine ganz bestimmte Richtung. Zwar spielen Wölfe eine Rolle in diesem Roman, jedoch keine übergeordnete. Deshalb finde ich die Wahl etwas verwirrend. Hauptthema sind meiner Meinung nach verschiedene Geheimnisse, die in Familien oder in der Dorfgemeinde tot geschwiegen werden und die Jola langsam an die Oberfläche zurück zerrt.


    Babendererde ist eine interessante Protagonistin gelungen, die sich durch ihre Liebe zum Wald und ihre offene Art auszeichnet. Auch für die anderen Dorfbewohner hat sich die Autorin spezielle "Typen" geschaffen, die mit ihren Ecken Kanten beschrieben werden. Durch Babendererdes bildhaften Schreibstil gelang es mir sehr schnell mir Jolas vertraute Umgebung vorzustellen. Jedoch ist es der Autorin dieses Mal nicht gelungen eine besondere Atmosphäre zu erzeugen, wie ich sie bei ihren Indianerromanen gespürt habe. Die Mischung aus Dorfleben, großen Geheimnissen und kriminellen Handlungen hat mich zwar gut unterhalten, aber nicht so fesseln können, wie ihre anderen Geschichten.


    Gesprochen wird das Hörbuch hauptsächlich von Carla Swiderski, die bereits anderen Protagonistinnen von Antje Babendererde ihre Stimme verliehen hat. Am Anfang habe ich erneut die lauten "Luft-hol-Pausen" vernommen, die mir bereits bei Der Gesang der Orcas aufgefallen waren, aber irgendwann hat das nachgelassen oder ich habe es einfach nicht mehr gehört. Ansonsten hat mir ihre Präsentation gut gefallen und ich mag ihr gerne zuhören. Lediglich bei einer Figur viel es mir schwer mir darunter einen jungen Mann vorzustellen, da die Stimme oft viel jünger klang.


    Fazit: Mit "Isegrim" probiert Babendererde nach etlichen Indianerromanen etwas Neues aus und geht dabei in Richtung Spannungsliteratur für Jugendliche. Damit konnte sie mich leider nicht komplett überzeugen. Es wird zwar eine interessante Geschichte erzählt, aber richtig gefesselt war ich nicht. Dahingegen hat die Autorin erneut mit ihren Figuren und ihrem bildlichen Schreibstil Punkte gesammelt. 4/5 Sterne.


    • Audio: 4 CDs - ca. 291 Minuten
    • Verlag: JUMBO Neue Medien & Verlag GmbH (27. September 2013)
    • Vom Hersteller empfohlenes Alter: 14 - 17 Jahre
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  • Für Jola ist der Wald ihr einziger Zufluchtsort. Hier kommt sie hin, wenn sie wieder frei atmen will, denn oft fühlt sie sich von ihren Mitmenschen - vor allem von ihrer überängstlichen Mutter - stark eingeengt. Auch die Beziehung zu ihrem Freund Kai gibt Jola schon lange nicht mehr soviel wie zum Anfang. Das kleine Dorf mit seinen Bewohnern voller Vorurteile und Klatschsucht machen ihr Leben obendrein nicht einfacher, so dass sie in letzter Zeit nahezu täglich in den Wald flüchtet.


    Doch jüngst fühlt sie sich auch hier immer öfter beobachtet. Dann begegnet sie eines Tages Olek, der sie fasziniert und ihr zahlreiche Rätsel aufgibt. Diverse Diebstähle und ein gemeinsames Schulprojekt mit ihren Freunden sorgen dafür, dass die Wogen im Dorf immer höher schlagen und längst Vergangenes wieder ausgegraben wird. Ebenso wie ein Verbrechen, das bereits fünf Jahre zurückliegt und, in dem Jola auf besondere Weise involviert ist.


    Meine Meinung:


    Die Bücher von Antje Babendererde liebe ich vor allem wegen ihres unverwechselbaren Schreibstils. Sehr ruhig und leicht melancholisch präsentiert sie ihre Geschichten, die ohne Ausnahme sehr viel Tiefe aufweisen und mich direkt berühren.


    Auch in "Isegrim" sind ihre Beschreibungen sehr bildhaft und schnell hat das Dorf, in dem Jola lebt, vor meinem geistigen Auge Gestalt angenommen, mitsamt seinen einzigartigen Persönlichkeiten.


    Vor allem Jola ist ein ganz besonderer Charakter. Entgegen dem Trend der heutigen Jugend ist sie nicht dauervernetzt und -beschallt, sondern liebt die Ruhe und den Frieden, die der Wald für sie ausstrahlen. Ihre Umwelt reagiert darauf mit Unverständnis, doch Jola lässt sich nicht beirren und hält an ihren Gewohnheiten fest. Oftmals kommt es ihr so vor, als würde ihr reales Leben nur im Wald stattfinden, während sie außerhalb nur eine Rolle spielt, um die Erwartungen ihrer Mitmenschen zu erfüllen.


    Aber auch die anderen Charaktere sind sehr detailliert gezeichnet und trotz der Erzählperspektive in der ersten Person verblassen diese nicht hinter der Protagonistin, sondern runden das Gesamtbild der Erzählung wohltuend ab. Angefangen bei Jolas Mutter, die unter einer Angststörung leidet, über den beeinträchtigten Magnus und den Eigenbrötler Tobias, bis hin natürlich auch zu Olek, dessen Lebensweise mehr als außergewöhnlich ist und, der ein großes Geheimnis verbirgt.


    Besonders gut gefällt mir, dass kein Charakter hier ausschließlich gut oder böse ist. Sie alle haben Ecken und Kanten und handeln zuweilen unvernünftig oder machen Fehler. Das ist nicht nur absolut menschlich, sondern lässt die Charaktere dieses Romans im hohen Maße authentisch erscheinen. Besonders das Thema Schuld wird hier auf vielfältige Art beleuchtet und sehr schön aufbereitet.


    Fazit:


    "Isegrim" von Antje Babendererde war ein absolutes Lesevergnügen für mich. Sehr ruhig und gefühlvoll geht der Roman in die Tiefe und hat mich weit in die dortige Welt hineingezogen. Die tollen Charaktere sind mir nahe gekommen und haben mich dabei sehr berührt. "Isegrim" ist ein toller Jugendroman, den ich voll und ganz empfehlen kann.

    "Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt." Arabisches Sprichwort :study::flower:

  • Jola lebt mit ihren Eltern in einem kleinen Dorf in Thüringen. Ihr Vater ist der örtliche Förster und von ihm hat sie ihre Liebe zum Wald geerbt. Stundenlang kann sie sich in der Natur herumtreiben und Tiere beobachten. Sehr zur Besorgnis ihrer Mutter und zum Unverständnis ihres Freundes Kai. Kai und Jola kennen sich schon seit Jahren, doch erst seit kurzem sind sie ein Paar. Während Kai total verliebt ist, spürt Jola erste Zweifel, ob diese Beziehung wirklich das Richtige ist.


    Eines Tages macht sie im Wald eine erstaunliche Entdeckung. Anscheinend hat sich auf dem nahegelegenen Truppenübungsplatz eine Wölfin angesiedelt. Jola ist fasziniert, doch ihr ist klar, dass sie mit dieser Meinung wohl in der Minderheit sein dürfte und die anderen Dorfbewohner ihre Begeisterung wohl nicht teilen werden. Also erzählt sie niemandem von ihrer Entdeckung.
    Gleichzeitig trifft sie im Wald auf einen rätselhaften Jungen. Wer ist dieser Olek, wo kommt er her und was tut er da im Wald?


    Neben der Thematik der Rückkehr wildlebender Wölfe nach Deutschland schneidet die Autorin in diesem Buch noch weitere Themen an. Durch ein Schulreferat beschäftigen sich Jola und ihre Freunde mit der Geschichte des Dorfes. Als sie eine der ältesten Anwohnerinnen für einen Zeitzeugenbericht befragen, stoßen sie auf ein dunkles Kapitel in der Vergangenheit des Dorfes. Kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde ein amerikanischer Soldat getötet. Der Täter soll ein polnischer Zwangsarbeiter gewesen sein, doch an dieser Version der Geschichte gibt es auch durchaus Zweifel. Aber die alteingesessenen Dorfbewohner haben keinerlei Interesse daran, dass diese alte Geschichte wieder hervorgekramt wird und reagieren äußerst unwirsch.


    Neben diesem alten Fall aus der Nachkriegszeit gibt es auch noch ein viel aktuelleres Verbrechen. Vor einigen Jahren wurde ein Mädchen entführt. Alina war Jolas beste Freundin und sie vermisst sie heute noch sehr. Die Leiche des Mädchens wurde nie gefunden, allerdings fand man Beweisstücke bei einem Mann, der sich kurz darauf umbrachte, was allgemein als Schuldeingeständnis gewertet wurde. Doch ist vielleicht auch in diesem Fall die Wahrheit eine ganz andere?


    Ich habe bisher noch kein Buch von Antje Babendererde gelesen und konnte daher auch nicht enttäuscht werden, da es anscheinend anders ist als ihre bisherigen Bücher. Mir hat die Verbindung dieser verschiedenen Geschichten und Themen sehr gut gefallen, auch wenn ich mir vielleicht gewünscht hätte, dass der Wolfsanteil noch etwas höher ausgefallen wäre. Die Charaktere fand ich gut gezeichnet und glaubwürdig, die Handlung insgesamt spannend und sehr gut zu lesen.


    Für mich ein tolles Jugendbuch, das ich auch als Erwachsene sehr gerne gelesen habe!