Arkadi Strugatzki, Boris Strugatzki - Picknick am Wegesrand/Пикник на обочине (Piknik na obocine)

  • Originaltitel: Пикник на обочине (Piknik na obocine)


    An sechs Orten auf der Erde landen Außerirdische, verlassen den Planeten aber schnell wieder. Zurück bleiben sechs Zonen, in denen allerlei Gegenstände zurückgelassen wurden, sowie Phänomene auftreten, die das Betreten der Zone lebensgefährlich machen und die Wissenschaft vor Rätsel stellen. Auch Jahre nach dem Besuch ist man nicht schlauer, obwohl Wissenschaftler am internationalen Institut für außerirdische Kulturen fieberhaft in alle Richtungen forschen. Für die Gegenstände aus der Zone hat sich ein florierender Schwarzmarkt entwickelt, sogenannte Schatzgräber, meist junge Männer, die das große Geld lockt, begeben sich in die mittlerweile abgesperrte und bewachte Zone, um dort die kostbaren außerirdischen Materialien herauszuschleppen. Für viele endet ein Ausflug in die Zone tödlich oder im Gefängnis. Einer von ihnen ist Roderic Schuchart, er gehört zu den Besten dieses neuen Berufszweigs am Rande der Gesellschaft.


    Ein großartiger Science Fiction Roman aus dem Jahre 1972, in dem der Besuch der Außerirdischen an sich gar nicht so sehr im Vordergrund steht, vielmehr bedingt er die Kulisse mit den Zonen voller unbekannter Dinge, die die Vorstellungskraft des Menschen sprengen.

    „Es sind vom Himmel gefallene Antworten auf Fragen, die wir zu stellen überhaupt noch nicht imstande sind.“


    Der Leser weiß nicht, warum der Besuch stattgefunden hat, er weiß nicht wer die Erde besucht hat und er erfährt nicht, was es mit den vielen Phänomenen auf sich hat, die innerhalb der Zone auftreten und sogar die Gesetze der Thermodynamik außer Kraft setzen. Der Leser weiß also soviel, wie die Menschen in diesem Roman und das ist nicht viel. Spekulationen und Hypothesen der Wissenschaftler stehen im Raum, doch wenn etwas eindeutig daraus klar wird, dann nur wie wenig man auch nach jahrelanger Forschung weiß.
    Die Schatzsgräber interessiert das alles herzlich wenig, die Hauptsache ist, sie kommen heil aus der Zone raus und es gibt danach genügend „blaue Scheinchen“.
    Wie viele Opfer ist Roderic, der kantige Hauptcharakter, bereit dafür zu bringen?


    Wer Stanislaw Lems "Solaris" mochte, dürfte auch hier nicht enttäuscht werden. Spektakuläre Sci-Fi-Elemente darf man nicht erwarten, dafür ein Szenario, welches zum Nachdenken anregt.
    Einzig das abrupte Ende hat mir nicht gefallen. Dennoch ein sehr lesenswerter Roman.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Vielen Dank für die vielversprechende Rezension. Ich kannte bisher nur die Verfilmung ("Stalker") von Tarkowski (einer meiner Lieblingsfilme). Ich glaube, ich werde mir jetzt auch das Buch besorgen.

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    "Wenn wir einen Menschen hassen, so hassen wir in seinem Bilde etwas, was in uns selber sitzt.
    Was nicht in uns selber ist, das regt uns nicht auf."
    (Hermann Hesse: Demian)

  • Klappentext (Inhalt):


    Dreizehn Jahre sind vergangen, seit Außerirdische die Erde besucht und uns Menschen dabei nicht einmal bemerkt haben. Wie bei einem Picknick am Wegesrand haben sie auf unserem Planeten kurz halt gemacht und sind dann wieder weitergezogen. Aber sie haben ihren „Müll“ zurückgelassen – mysteriöse Objekte, die von Wissenschaftlern untersucht werden, nachdem Laborassistenten wie Redrick Shewahart sie aus der Zone, dem Gebiet, in dem die Außerirdischen gelandet sind, herausgeholt haben. Aber Redrick führt ein Doppelleben: Er ist auch ein Stalker, ein Glücksritter, der immer wieder heimlich in die Zone eindringt und dann seine Funde auf dem Schwarzmarkt verkauft. Redrick ist von der Zone regelrecht besessen, denn er will unbedingt die mysteriöse „Goldene Kugel“ finden, von der es heißt, dass sie die geheimsten Wünsche in Erfüllung gehen lässt …


    Mit diesem Buch haben Arkadi und Boris Strugatzki nicht nur den erfolgreichsten Roman ihrer Karriere geschrieben, sondern einen der berühmtesten Science-Fiction-Romane überhaupt. Neu übersetzt von David Drevs und mit umfangreichem, zum Teil erstmals auf Deutsch veröffentlichtem Bonusmaterial, liegt nun eine großartige Neuausgabe dieses Klassikers vor.



    Klappentext (Autoren):


    Die Brüder Arkadi (1925-1991) und Boris (1933-2012) Strugatzki zählen zu den wichtigsten und erfolgreichsten russischen Autoren der Nachkriegszeit. Ihre Romane sind nicht nur faszinierende Parabeln über der Stellung des Menschen im Universum, sondern auch schonungslose Abrechnungen mit Ideologiegläubigkeit und Personenkult. Etliche ihrer Texte durften in der Sowjetunion nicht erscheinen. Inzwischen hat die Gesamtauflage ihrer Werke die fünfzig Millionen überschritten, sie wurden in über dreißig Sprachen übersetzt, und viele ihrer Romane wurden verfilmt – Andrei Tarkowskis Adaption von Picknick am Wegesrand unter dem Titel Stalker zählt zu den bedeutendsten Filmen des zwanzigsten Jahrhunderts.



    Beurteilung:


    Das Buch beinhaltet ein Vorwort von Wladimir Kaminer, der darin nicht nur die Situation der Schriftsteller in der Sowjetunion sondern auch seine Beziehung zu dem Roman „Picknick am Wegesrand“ erläutert. Dann folgt der Roman „Picknick am Wegesrand“, hier unter dem Titel „Stalker, mit ca. 260 Seiten. Hinzu kommt noch ca. 120 Seiten Anhang.


    Zuerst mal der Roman selbst. Wobei – wie es im Nachwort erwähnt wird – es handelt sich hier eigentlich nicht um einen „Roman“ an sich, sondern mehr um Etwas zwischen einer Erzählung und eine Kurzroman. Daher sollte man sich nicht verwundern, wenn man nach dem Lesen, nicht das Gefühl hat einen Roman gelesen zu haben. Es ist ja schließlich auch keiner.

    Bestehen tut er aus einem Prolog und vier Kapiteln. Wobei die Kapitel eher zeitlich versetzten Episoden sind (wie in Isaac Asimovs Fundation-Trilogie). Das erste Kapitel unterscheidet sich von den anderen drei darin, dass es in Ich-Form verfasst ist. Das Dritte wird aus der Perspektive einer anderen Person erzählt. Was zur kurzweiligen Verwirrung führen kann. Ich selber brauchte ca. 30 Seiten bevor ich richtig in der Erzählung drinsteckte. Und stolperte etwas über die Übergänge der Kapitel. Aber es lässt sich gut lesen, für ein inzwischen über 50 Jahre altes Werk. Am interessantesten war für mich die wissenschaftliche und philosophische Diskussion von Richard Noonan (der Protagonist des 3 Kapitels) und Dr. Valentin Pullman (der auch im Prolog vorkommt) über die Theorien zur Intelligenz und den Außerirdischen. Aber das Kronjuwel des Romans ist das letzte Kapitel. Das war richtig geil. Da kann ich verstehen, wieso Andrei Tarkowski davon beeindruckt war und es verfilmen wollte.


    Genug zur Erzählung. Komme ich mal zum Infomaterial. Da gibt es Kommentare von Arkadi darüber, wie sehr sie darum gekämpft haben, dass der Roman im sowjetischem Raum veröffentlicht wird. Ich glaube ca. 6 Jahre hat es gedauert, bis sie dieses Ziel erreicht hatten. Und sie mussten viele Änderungen akzeptieren, die ihnen selbst nicht zusagten.


    Dann gibt es noch Ausschnitte aus den Arbeitstagebüchern der beiden Autoren, wo sie aufzeichneten, was die einzelnen Begriffe, die hier in der Erzählung auftauchen, bedeuten, welche Funktion sie haben und was die ursprüngliche Inspiration war.


    Danach kommen 70 Seiten mit der Erzählung „die Wunschmaschine“, bei der es sich um eines der Drehbuchversionen zu dem Film von Andrei Tarkowski handelt. Die hatte auf mich zwar keine solche Faszination ausgeübt wie der Roman, aber ist ja auch ein Drehbuch, was soll man da erwarten.


    Zu Schluss gibt es noch ein 22-seitiges Nachwort. Wo näher auf den Begriff Stalker eingegangen wird, woher er stammte, was er bedeutet und wie er sich im sowjetischem Raum verbreitet hat. Dann noch ein wenig Anregungen zur Entstehung des Films und dessen Bedeutung, wie sich diese Vision der beiden Autoren nach dem Unfall in Tschernobyl erfüllte und welchen Einfluss dieses Werk auf spätere Werke und das Spiel S.T.A.L.K.E.R hatte.



    Fazit:


    Eine tolle Erzählung. Wohl gemerkt, Erzählung, nicht Roman. Jeder der sich nicht nur für Science-Fiction-Klassiker sondern auch für Science-Fiktion-Romane mit dem Schwerpunkt „Erstkontakt“ interessiert, würde ich diesen Roman wärmstens empfehlen. Es ist eine stark melancholische Erzählung mit viel Gesellschaftskritik. Von mir gibt es die vollen :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: .

  • Ich mag den beiden tollen Rezensionen noch meinen Eindruck nachreichen. Bei meinem Einstieg war ich erst ein wenig verwirrt. Bitte, was bringen die da aus den Zonen raus? Was ist das überhaupt, eine Zone. Wo sind die eigentlich? Was war passiert? Ich kann vorab schon für alle Leser*innen schreiben, die das Buch noch vor sich haben, es klärt sich alles. Jedenfalls das meiste davon. Manches davon bleibt weiterhin ungeklärt, wie auch die Frage, wann der Besuch stattfand und wer das überhaupt war. Ein wenig philosophieren darf man auch. Was die Lektüre für mich noch interessanter machte.


    Krass fand ich ja den Umgang der Menschen miteinander. In dem Buch wird geflucht und zugeschlagen, gelogen und betrogen. Wie im wirklichen Leben halt :wink: Da wird das Leben für ein paar Geldscheine eingesetzt und jeder ist sich selbst der Nächste.

    Mindestens so spannend wie der Roman ist das Bonusmaterial bei der Neuübersetzung. Wobei ich mich korrigieren muss, denn eigentlich ist es ja so ein Ding zwischen Erzählung und Kurzroman, wie es auch Firkraag erwähnt hatte und kein Roman. Die Arbeitsweise der Brüder und deren Schwierigkeiten mit dem damaligen Regime fand ich interessant, wie auch die Erzählung "Die Wunschmaschine", die das großartige letzte Kapitel noch einmal in einem ganz anderen Blickwinkel bringt. Kein Wunder, dass das letzte Kapitel des Romans/Kurzromans Andrei Tarkowski besonders zu seinem Film inspirierte. Das war wirklich beeindruckend.


    Fazit:

    Spannender Kurzroman, dem man sein Alter nicht zwingend anmerkt. Für Interessierte auf jeden Fall zu empfehlen!

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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