Inhalt:
Das New York der Roaring Twenties ist Schauplatz von Edith Whartons bösestem Roman. Klarsichtig und zum Schreien komisch porträtiert sie eine Gesellschaft, die mit lärmendem Partygetöse alle Sinnfragen übertönt. An mehr als einen leichten Dämmerschlaf ist hier nicht zu denken, denn wer schläft, sündigt nicht – und ist damit nur fader Zaungast einer rauschhaft betriebsamen Welt.
Den Stammplatz in New Yorks High Society zu behaupten ist ein aufreibender Fulltime-Job. Wer wüsste das besser als Pauline Manford? Diszipliniert unterwirft sie sich und das Leben «ihrer Lieben» dem Diktat der besseren Kreise. Trotzdem scheint der Verbleib in den schwindelnden Höhen der Wichtigkeit bedroht. Ist der «Mahatma», Paulines Entdeckung der letzten Saison, nun ein inspirierender Psychoguru oder ein Scharlatan mit einer Vorliebe für nacktes Fleisch? Wie lässt sich die Ehe von Paulines Sohn retten, dessen bildhübsche Frau gelangweilt von einer Karriere in Hollywood träumt? Immer schneller dreht sich für Pauline das Hamsterrad der gesellschaftlichen Verpflichtungen. Alles ist gut, solange der Terminkalender voll ist. Whartons Epochenporträt verrät verblüffende Parallelen zur heutigen Zeit.
(Quelle: Verlagsseite)
Die Autorin:
Edith Wharton (1862–1937) war ein Kind der Upperclass von New York auf, deren gesellschaftliche Zwänge ihr literarisches Lebensthema wurden. Sie veröffentlichte zahlreiche enorm erfolgreiche Romane. 1921 wurde die Autorin mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet, 1923 mit der Ehrendoktorwürde der Universität von Yale, beide Male als erste Frau.
(Quelle: Verlagsseite)
Aufbau/Allgemeines:
Originaltitel: Twilight Sleep
Aus dem Amerikanischen von Andrea Ott
Gebundenes Buch, Leinen mit Schutzumschlag, 320 Seiten
Gliederung:
- 3 Teile und 32 Kapitel
- Anmerkungen
- Nachwort
- Editorische Notiz
Meine Meinung:
Erschienen ist "Twilight Sleep" 1927 im Verlag D. Appleton and Company in London und zeitgleich bei Grosset and Dunlap in New York. Auf Deutsch erschien der Roman unter dem Titel "Die oberen Zehntausend" 1931 bei Paul Zsolnay.
"Dämmerschlaf" ist eine Satire auf die gehobene New Yorker Gesellschaft der Roaring Twenties.
Pauline Manford, die zentrale Figur in diesem Roman, hat einen gut gefüllten Terminplan. Gesichtsmassage, ondulieren, mentales Verjüngungstraining, Psychoanalyse und darüber hinaus viele gesellschaftliche Verpflichtungen füllen ihren Tag. Mit freier Zeit kann Pauline nichts anfangen.
Von ihrem ersten Ehemann Arthur Wyant hat sie sich getrennt, da es ihm an gesellschaftlichem Ehrgeiz mangelt. Ihr jetziger Ehemann Dexter Manford ist genervt von den vielen Partys und Veranstaltungen und träumt bisweilen von einem ruhigen Landleben, wo er wirkliche Erfolge verbuchen könnte. Er belächelt seine Frau bei ihrer kritiklosen Gläubigkeit gegenüber ihrem "Guru", dessen Stunden dieser sich gut bezahlen lässt.
Beide wollen die Ehe von ihrem Sohn Jim mit Lita retten. Lita ist ein etwas flatterhaftes Wesen, welches trotzdem alle verzaubern kann. Sie ist egoistisch, strebt nach einem eigenständigen Leben, so behauptet sie wenigstens und ist schnell gelangweilt. Nun träumt sie von einem Leben beim Film...
Und da ist noch Paulines Tochter Nona. Nona verzichtet auf ihre Liebe, weil dieser noch verheiratet ist und die Ehefrau nicht in die Scheidung einwilligt.
Edith Wharton hat mit "Dämmerschlaf" eine bissige Satire auf die gehobene Gesellschaft mit ihren Lebenslügen, ihren Oberflächlichkeiten und ihrer inneren Leere geschrieben. Die Charaktere sind lebendig und präzise beschrieben.
Im Grunde kommen die Frauen in diesem Roman nicht sehr gut weg: Pauline, die jeden Trend mitmacht und auch mit widersprüchlichen Meinungen keine Probleme hat und Lita mit ihrer Wankelmütigkeit und ihrem Anspruch. Einzig Nona bleibt ungeschoren, aber ihr Verhalten ist auch so ganz anders wie das der anderen Frauen.
Sprachlich klar formuliert, ist es ein Vergnügen, den Roman zu lesen.
Dem Roman angehängt sind Anmerkungen, ein Nachwort und eine editorische Notiz.
Die Ausstattung ist erwähnenswert, das Buch ist leinengebunden und das Cover ansprechend.