Nicole Beisel - Dieser eine Brief

  • Klappentext:
    Nadine und Raphael – zwei Menschen, die sich kennen und lieben lernen mit dem festen Wunsch, den Rest ihres Lebens gemeinsam verbringen zu wollen. Raphael, geprägt durch einen schlimmen Schicksalsschlag aus seiner Vergangenheit, findet Liebe und Halt in seiner Frau Nadine. Dank ihr findet er auch die Antwort auf eine Frage, die ihn jahrelang quält, niedergeschrieben in einem Brief, von dem er nie glaubte, dass er existierte. Bis sie sich selbst von einer Sekunde auf die andere die gleiche Frage stellen muss, wie Raphael damals. Allerdings muss Nadine ihren Schmerz nahezu alleine bekämpfen, denn Raphael kann ihr keinen Halt und keine Hoffnung mehr geben. Oder etwa doch?


    Meine Meinung:


    Der Klappentext las sich gut und so freute ich mich sehr die Printausgabe gewonnen (die Seitenzahlen beziehen sich also auf die Printausgabe) und signiert von der Autorin zugeschickt bekommen zu haben. Ich machte mich also interessiert und begeistert ans Lesen. Leider verflog meine Begeisterung genauso schnell, wie sie begonnen hatte. An diesem Buch sieht man, wie wichtig ein gutes Lektorat wäre, welches nicht nur auf Rechtschreibfehler schaut (die leider sehr zahlreich zu finden sind), sondern auch auf Inhalt, Satzbau und alles Andere, achtet. Wenn man sich das nicht leisten kann oder will sollte man zumindest ein paar ehrliche Testleser haben. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen und aufhören soll. Ich habe auf meinem Collegeblock Seiten mit Notizen gefüllt, die ich mir während des Lesens gemacht habe. Von daher bin ich mir sicher, dass zwei bis drei gute Testleser dem Buch hätten helfen können sehr viel besser zu werden.


    Aber, zunächst mal zu den Charakteren. Die Hauptpersonen dieses Buches sind Raphael und Nadine. Beide, was die Liebe angeht, zu tiefst verängstigte Menschen um die 30 Jahre, die trotz ihres guten Aussehens und ihrer freundlichen Art (glaubt zumindest Nadine von sich selbst; S. 8) nicht zu glauben scheinen, dass ein anderer Mensch sie lieben könnte. Daraus resultiert dann auch, dass sie sich am Anfang ihrer Beziehung um einander herum schlarwenzeln ohne sich gegenseitig zu sagen, was sie empfinden bzw. den anderen wenigstens mal auf einen Kaffee einzuladen,

    Nichts desto trotz sind sie interessante Charaktere, die mir beide recht schnell ans Herz gewachsen sind. Auch alle anderen beteiligten Personen konnte ich mir gut vorstellen und alle waren mir sympathisch.


    Aber dann geht es leider los. Ich schreibe einfach mal ein paar Beispiel dafür auf, warum das Buch am Ende nur 2 Sterne bekommen kann. Alles zu erwähnen (siehe mehrere Seiten in meinem Collegeblock) würde hier den Rahmen sprengen und ich will auch niemanden vorführen, von daher denke ich, dass einige Beispiele ausreichend sind um meine Bewertung nachvollziehen zu können.


    Eine Unlogik, die leider so gar nicht zu Nadines Charakter passt passiert auf S. 104.


    Auch etwas komisch fand ich, ehrlich gesagt auf S. 92, dass Nadine darüber nachdenkt Sabine anzurufen, um zu erfahren,


    Logische Sprünge in der Zeitreihe der Handlung waren z. B. folgende:



    Auf S. 101/ 102 erzählt Nadine Raphael, dass sie am nächsten Tag Spätdienst hat und den Laden um 18 Uhr zu schließen muss. Nur 3 Seiten (und ein Gespräch mit Raphael) später muss sie plötzlich nach Hause, da sie am kommenden Morgen Frühdienst hat, da sie mit Tanja getauscht hat. Wann soll sie denn mit Tanja telefoniert haben? Während sie sich mit Raphael unterhalten hat? Wie unhöflich... ;)


    Außerdem hatte ich leider manchmal das Gefühl, dass die Autorin meint, dass der Leser sich nichts merken kann. Sie hat einige Dinge sehr oft wiederholt, so dass ich des Öfteren dachte "das weiß ich doch schon!")
    Beispiel:
    "Sie parkte vor der Hofeinfahrt und sah Raphaels Auto, das sie wiedererkannte. [...] und auch an dem Abend, als sie sich zum ersten Mal bei Kai und Sabine getroffen hatten. war ihr das Auto aufgefallen.
    Das wissen wir, denn wir waren vor gerade mal 49 Seiten dabei, als ihr das Auto aufgefallen ist.
    Oder auf S. 152, als wir erfahren, dass Raphael Tanja bereits vom sehen kennt, als er ins Brautmodengeschäft kam und die Pralinen für Nadine abgegeben hat. Eigentlich eine interessante Info, wären wir nicht damals dabei gewesen und hätte die Autorin uns nicht bereits auf S. 71/ 72 daran erinnert, dass Raphael Tanja bei der Pralinenübergabe kennengelernt hätte.
    Richtig spannend fand ich dann ja, dass Nadine Raphael und Tanja auf S. 278 einander vorstellt...


    Leider habe ich nicht mitgezählt, wie oft mir gesagt wurde, dass Nadine inzwischen eine sehr gute Freundin von Cecile (Raphaels Schwester) ist. Auf jeden Fall zu oft, denn irgendwann hat es auch der begriffsstutzigste Leser kapiert.


    Gestört haben mich auch Sätze mit zweimal demselben Wort. Man stolpert einfach darüber.
    Beispiele:
    Nadine wurde langsam müde und wollte sich schon langsam auf den Heimweg machen. (S. 38)
    [...], umso eher kam sie dazu, ihren Kleiderschrank zu durchwühlen um anschließend festzustellen, dass sie einfach nichts Passendes im Kleiderschrank hatte. (S. 50)
    [...] und Kai gegenüber hat er wohl auch erwähnt, dass er dich wohl sehr gerne mag. (S. 51/52)
    Versteht ihr, was ich meine? Davon gibt es noch unzählige Beispiele mehr.


    Insgesamt hätte man die Geschichte stark straffen können. Die Autorin versorgt den Leser mit vielen unnötigen Informationen, die man für das vorankommen der Geschichte nicht braucht.
    Beispiel:
    Nadine will sich am Freitag nachmittag mit Sabine treffen um ein Kleid zu kaufen. Eigentlich muss Nadine da arbeiten. Die Autorin erzählt uns, dass Nadine sich erst mit ihrer Kollegin Tanja absprechen muss. Sie erzählt uns, dass die beiden sich immer absprechen, wenn es um Urlaub oder Überstunden geht und dass es noch nie Überschneidungen gegeben hat. Und... welch ein Wunder? Auch diesmal klappt es, dass Nadine frei bekommt. Wenn Nadine nicht frei bekommen hätte, dann wäre das eventuell eine notwendige Information gewesen, um zu verstehen, warum Nadine vielleicht sauer oder enttäuscht ist, da es sonst ja auch immer klappt. Aber so war das überflüssig. (S. 51)
    oder mit offensichtlichen Informationen:
    "[...] bis zum Park, der weitestgehend aus viel Wiese, vielen Bäumen, Wegen und Parkbänken bestand." (S. 101)
    Fast jeder Leser wird sich einen Park so oder ganz ähnlich vorstellen. Spannend wäre diese Beschreibung gewesen, wenn der Park anders aussehen würde als ein normaler Park oder irgendetwas von dieser Aufzählung für die Handlung wichtig gewesen wäre.


    Noch etwas, was ich extrem befremdlich fand waren die "eingeklammerten" Satzteile. Entweder etwas gehört dazu, dann kommt es rein, oder eben nicht, dann bleibt es weg. Aber in Klammern?


    Ja, das sind nur einige Blitzlichter auf das, was mich gestört hat. Ein dickes „Sorry“ an die Autorin, die Geschichte ist ganz sicher nicht schlecht, nein, sie ist sogar richtig gut, denn die Idee ist sehr schön, aber so wie sie erzählt wird macht es keinen richtigen Spaß sie zu lesen. Die Logiksprünge und die nutzlosen Informationen, die einfach aufgezählt werden, sowie die Rechtschreib- und z. T. Zeitenfehler lassen das Buch nicht unbedingt zu einem Lesevergnügen werden. Und das ist mehr als schade für die Geschichte.


    Von mir gibt es zwei Sterne für die Idee. Die Geschichte an sich konnte mich in ihren Bann ziehen, denn Raphael und Nadine sind bei allem, was ich so zu bemängeln habe sehr sympathische Protagonisten, die ich direkt in mein Herz geschlossen habe. Ich bin mir total sicher, dass man mit einer professionellen Überarbeitung des Buches eine tolle Geschichte daraus machen kann. Das Ende war auf jeden Fall wunderschön und traurig zugleich, mir liefen die Tränen über die Wangen.

    Gruß
    Yvonne

    Nicht die haben die Bücher recht lieb, welche sie unberührt in den Schränken aufheben, sondern, die sie Tag und Nacht in den Händen haben, und daher beschmutzet sind, welche Eselsohren darein machen, sie abnutzen und mit Anmerkungen bedecken.
    (Erasmus von Rotterdam)