Inspiration für Charaktere

  • An die Autoren: Mich würde interessieren, wie ihr auf die Ideen eurer Figuren in den Romanen kommt. Ich persönlich bin ein großer Film- und Kinofan, daher leihe ich mir, was das Äußere meiner Protagonisten betrifft, die Merkmale von Schauspielern aus. :wink: Das sind meist solche, die nicht besonders populär sind - zumindest taucht kein Johnny Depp oder Robert Pattison auf. Ich habe eine Vorliebe für britische Schauspieler, die nicht so unbedingt "in" sind. Verraten werde ich an der Stelle nicht, wer genau das Vorbild des Grafen oder von Miles und Rupert war, doch es hilft mir sehr, wenn ich eine ungefähre Vorstellung der Gesichter, der Staturen und auch der - mehr oder weniger bekannten - Charaktereigenschaften der Figuren habe. So ganz aus dem Blauen könnte ich mir tatsächlich keine Figur ausdenken. Bei Freunden, Nachbarn und Bekannten wäre mir eine Personenbeschreibung zu riskant. :-,


    Wie ist das bei euch? Wo holt ihr eure Inspiration her?

  • An Schauspieler denke ich eigentlich nie. Ich nutze ein paar Eckdaten als hervorstechendste Eigenschaften und den Rest darf sich der Leser selbst zusammenreimen. Das kommt in den meisten Fällen besser an, als wenn ich alles an einer Person haarklein beschreibe. Das mag allerdings auch daran liegen, weil ich absolut kein Personengedächtnis habe. Für mich sind die Eigenheiten einer Person oft wichtiger als das Aussehen.


    Ein Steckbrief einer meiner Personen sieht ungefähr so aus: blaue Augen, kurze, braune, wellige Haare, schiefes Lächeln, Narbe von Stirn bis Ohr rechte Seite, groß, Beruf Metzger, 47 Jahre. Ich wüsste jetzt niemanden, der so aussieht, aber man kann schon etwas damit anfangen, damit sich ein Leser eigene Vorstellungen machen kann. Danach entwickle ich den Charakter - bzw. manchmal entwickelt er sich von selbst :lol:

    "deine beschreiebung alleine lässt vermuten, dass es sich um schmöckerroman einzigartiger klasse handelt, nämlich übertriebenem bullshid, der mit der wirklichkeit keinene hinreichenden effekt auf die wirklichkeit erstreckt." (Simon Stiegler)

    Stimmt! Ich schreibe spannende Unterhaltungsliteratur, die den Leser aus der Wirklichkeit entführt, bis zum Ende gelesen wird und bei der der Leser am Ende fragt: Wann erscheint der nächste Band? Schreiben will halt gelernt sein

  • Inspiration ist bei mir eine schräge Sache. Meistens wache ich morgens mit einer vagen Idee von einem (oder zwei) Charakter auf und hab eine vage Idee, was dessen Geschichte anbelangt. Das lass ich dann erst mal eine Weile so vor sich hin köcheln. Entweder es wird was draus oder ich vergess das Ganze nach ein paar Tagen wieder.
    Wenn dann die erste Hürde genommen ist und mich die Charaktere nicht mehr in Ruhe lassen, werde ich oft von anderen Büchern/Geschichten inspiriert. Meinem derzeitigen Protagonisten hab ich sein selbstverletzendes Verhalten zugeschrieben, nachdem ich in einem Manga davon gelesen habe. Die Einzelteile werden dann mit der Zeit verändert, sodass sie individuell auf meinen Charakter passen.
    Das Aussehen entwickelt sich oft von selber. Nach einer Weile entwickeln meine Charaktere ein Eigenleben und erzählen mir Dinge über sich selbst, die mir vorher gar nicht klar waren. So hab ich zum Beispiel in einem anderen Forum besondere äußere Merkmale eines Protagonisten beschrieben und plötzlich sind da Narben auf seinen Fingerknöcheln aufgetaucht, weil er nach einem Streit mit der Faust eine Glastür eingeschlagen hat. Er hat mir dann erklärt, dass er schon seit Kindesbeinen ein Problem mit Aggressionsbewältigung hat und schnell die Kontrolle über seine Wut verliert.
    Von echten Menschen (ob ich die nun kenne oder nicht), lass ich mich eher nicht beeinflussen. Das würde bei mir dann dazu führen, dass ich die Geschichte des Menschen schreiben müsste, der mich beeinflusst hat. Bin da ein bisschen schräg :wink: .


    P.S.: Ich weiß es klingt schräg, wenn ich sage, dass mir mein fiktiver Charakter etwas erzählt, aber so fühlt es sich für mich meistens an. Ich weiß nicht, wie's euch so geht, aber bei mir sind das teilweise richtige "Stimmen im Kopf". :lol:

    "If you have never said "Excuse me" to a parking meter or bashed your shins on a fireplug, you are probably wasting too much valuable reading time."

    (Sherri Chasin Calvo)


    “I am not eccentric. It's just that I am more alive than most people. I am an unpopular electric eel set in a pond of catfish.” (Edith Sitwell)

  • Zuerst steht bei mir die Schablonen-Figur, wie auf einem Spielbrett, in die Handlungsstruktur passend geschaffen. Anfangs ohne Innenleben, ohne Äußerlichkeiten,
    dann suche ich Schritt für Schritt nach dem Charakter. Oft stelle ich mir dazu eine äußere Schale vor, und finde dann oft in Magazinen oder Filmen Gesichter, die
    dazu passen könnten. Wie zum Beispiel eine Fotografie eines faltigen, haarigen Mannes zu meinem italienischen Notoar Saramita in meiner Mittelalter-Geschichte.
    Der Charakter, das Temperament, verlangt nach einem gewissen Gesicht, nach einer gewissen Körperhaltung usw. Kurze fiktive Tagebucheinträge der Figuren helfen
    mir darüber hinaus, langsam die Charakterisierung, die Seele der Figur aufzubauen. Ich finde es immer absolut spannend, meine Figuren nach und nach richtig kennenzulernen,
    für mich das Salz in der Suppe eines Autors.


    lG, Christine

  • Ich nehme grundsätzlich keine existierende Einzelperson als Vorbild für meine Charaktere. Würde ich das versuchen, dürfte ich nur mich selbst verwenden. Denn niemand anderen kenne ich gut genug um ihm 1:1 gerecht zu werden. Vielleicht kenne ich mich dazu selbst nicht gut genug.
    Dafür gibt es viele einzelne Beobachtungen den Charakter von realen Menschen betreffend, auf die ich zurückgreife. Zu diesem Pool tragen dann auch Eigenschaften von Schauspielern und fremden Buchcharakteren bei. Manchmal ist es sogar Hilfreich auf ein beliebtes Klischee zurückzugreifen. Am besten sind aber immer solche Eigenschaften, die ich aus eigener Beobachtung gut kenne.


    Nur aus diesem Fundus entstehen dann neue Charaktere. Das geht nicht dadadurch, einfach beliebig irgendwelche Eigenschaften in einen Topf zu werfen, sondern nur durch eine Abstimmung anhand der Geschichte (auch Beruf, Äußerlichkeiten, Hobbies, Freunde und Bezugspersonen) und den Motivationen des Charakters und auch der erzählerischen Notwendigkeit (also die Frage was für ein Charakter überhaupt realistischer Weise die vorgesehene Handlung mittragen kann).


    Natürlich ist auch nichts verkehrt daran, von einer Einzelperson auszugehen und die dann abzuwandeln und auszugestalten. Mir persönlich fiele das allerdings schwerer.