Der Grenzgeher von Theo Auer
Ein Grenzgeher in
vielerlei Hinsicht ist Johannes Hainz, der als Schmuggler mit Pottasche, Salz,
Höllenstein und Perlen über die Grenzen von Bayern und Böhmen schleicht. Der in
Bayern, Frankreich und Österreich als Kaufmann und bayerischer Agent agiert und
der nicht zuletzt die Grenzen seiner Herkunft überwindet. Bis 1799 regierte in
Bayern der greise Kurfürst Karl Theodor, der Zeit seiner Regentschaft Bayern
das man damals noch mit ai schrieb gerne gegen ein anderes Herrschaftsgebiet
eingetauscht hätte. Vor dem Hintergrund der französischen Revolution herrschte
in allen anderen Regierungen Europas große Nervosität. Baiern, ein machtloser
Staatstorso, war zu einer Schaukelpolitik zwischen den Großmächten gezwungen.
Napoleon errang in Italien erste große Erfolge und persönlichen Reichtum,
während nördlich der Alpen das österreichische Heer die Revolutionsarmee wieder
zurück drängte. Erst unter der Führung Napoleons übernahm Frankreich die
Herrschaft über fast ganz Europa. Vor diesem geschichtlichen Hintergrund
erleben wir die Metamorphose eines einfachen, jungen Mannes aus dem Bayerwald,
der zunächst mit Fleiß und Glück zu bescheidenem Wohlstand kommt und seine
Familie rehabilitieren will. Dabei gerät er in die Schlachten des ersten
Koalitionskriegs, befreundet sich mit General Michel Ney, dem späteren Duke d
Elchingen, folgt jenem an die Cote Azur und kommt dort auf abenteuerliche Weise
zu Reichtum. Zurück in Bayern greift er in das politische Leben ein. Er
unterstützt das Haus Wittelsbach, lässt sich auf haarsträubende Unternehmen
ein, und hat ein gerüttelt Maß Anteil daran, dass aus dem Kurfürsten Max Josef
IV. im Jahre 1806 König Max I. Josef wird. Er ist der verlängerte Arm des
Minister Montgelas und nebenher ein erfolgreicher Unternehmer im bayerischen Wald.
Wir erleben ihn als Schmuggler und Aschenbrenner im Bayerischen Wald und als
Fischer auf dem Mittelmeer. Er spekuliert an der Pariser Börse, führt eine
große Glashütte, schließlich agiert er als politischer Agent und kurfürstlicher
Kämmerer. Dabei hilft er mit Baiern zu einem Königreich zu machen. Er erlebt
die Säkularisation in Bayern, das gesellschaftliche Leben in Paris unter dem
Kaiser Napoleon und begleitet die kurfürstlich/königliche Familie der
Wittelsbacher in dramatischen Tagen. Immer aber bleibt er verbunden mit seiner
Heimat, dem bayerischen Wald. Er ist gewissermaßen eine bayerische Version des
Graf von Monte Christo.
Die Story ist gut recherchiert und die Handlungsabläufe sind historisch wie logisch gutverwoben. Trotz der Ich-Erzähler Form wechselt der Autor Tempi und Schauplätzeangemessen und spannungsfördernd. Nebendem abenteuerlichen Geschehen vermittelt der Roman gelungeneMillieubeschreibungen und plastische Umfeld- und Situationsschilderungen. Ein„Selfmademan“ zwischen 18. und 19. Jahrhundert.
Absolut lesenswert.