Inhalt (Klappentext):
Österreich 1937: Der 17-jährige Franz Huchel verlässt sein Heimatdorf, um in Wien als Lehrling in einer Trafik - einem kleinen Tabak- und Zeitungsgeschäft - sein Glück zu suchen. Dort begegnet er eines Tages dem Stammkunden Sigmund Freud und ist sofort fasziniert von ihm. Im Laufe der Zeit entwickelt sich eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen den beiden unterschiedlichen Männern. Als sich Franz kurz darauf Hals über Kopf unglücklich in die Varietétänzerin Anezka verliebt, sucht er bei dem alten Professor Rat. Dabei stellt sich jedoch schnell heraus, dass dem weltbekannten Psychoanalytiker das weibliche Geschlecht ein mindestens ebenso großes Rätsel ist wie Franz. Ohnmächtig fühlen sich beide auch angesichts der sich dramatisch zuspitzenden politisch-gesellschaftlichen Verhältnisse. Und schon bald werden Franz, Freud und Anezka jäh vom Strudel der Ereignisse mitgerissen.
Autor:
Robert Seethaler, geboren 1966, wurde 2007 für seinen Roman "Die Biene und der Kurt" mit dem Debütpreis des Buddenbrookhauses ausgezeichnet. Er erhielt zahlreiche Stipendien, darunter das Alfred-Döblin-Stipendium der Akademie der Künste und das Heinrich-Heine-Stipendium. Es folgten 2008 "Die weiteren Aussichten" und 2010 "Jetzt wirds ernst".
Robert Seethaler lebt und schreibt in Wien und Berlin.
Meine Meinung und Bewertung:
Nachdem die Mutter ihren "Unterstützer" verloren hat, ist für Franz die unbeschwerte Zeit im Örtchen Nußdorf am Attersee im Salzkammergut vorbei. Sie schickt ihn zu Otto Trsnjek, der ihr noch einen Gefallen schuldet, nach Wien. Dort soll er eine Lehre in einer richtigen Trafik, mit Zeitungen, Zigaretten und allem Drum und Dran beginnen. Er sitzt auf einem Hocker neben dem Eingang, liest wie befohlen die Zeitungen und hilft dem Kriegsversehrten Trsnjek im Laden und mit den Kunden. Zu den Stammkunden zählt auch der bekannte Professor Freud, dem Franz eines Tages den vergessenen Hut bis zu dessen Haustür nachträgt. Auf recht unkonventionelle Art trifft er sich nun öfters mit dem klugen Professor, und eine ungewöhnliche Freundschaft nimmt ihren Lauf.
Ich glaube die tiefgründigen Gespräche zwischen dem Jungen und dem Alten werde ich wohl nie vergessen. Franz in seiner Naivität und Unerfahrenheit und der kauzige Freud, bei dem er Rat sucht. Schon bald stellen sie fest eigentlich nichts zu wissen, aber auch das Nichts will erörtert werden.
Wie in all seinen vorherigen Büchern schildert Robert Seethaler ein Stückchen Alltag in einer komischen Zeit, wie Franz den Aufstieg Hitlers nennt, und den durchgedrehten Menschen. Sensibel, menschlich, mit Ironie und Humor, aber auch tief traurig und erschreckend. Seethaler hat seine eigene Sprache, seinen eigenen Blickwinkel und ein Gespür für das Unterschwellige, stets spannend ohne überzuschäumen. Er gönnt damit dem Leser eine Zeit der Ausgeglichenheit und Ruhe, schickt ihn dennoch in ein Abenteuer. Ein Buch, das berührt und in seiner "Einfachheit" besticht.
Wer Robert Seethaler schon kennt, wird erneut begeistert sein, wer ihn kennen lernen möchte, wird mit diesem Buch einen wunderbaren Anfang finden!
Liebe Grüsse
Wirbelwind