Wendy Wunder: Flamingos im Schnee / The Probability of Miracles

  • Die Autorin:
    Wendy Wunder unterrichtet Yoga in Boston, wenn sie nicht gerade schreibt oder Zeit mit ihrem Mann und ihrer zauberhaften Tochter Cadence verbringt. »Flamingos im Schnee« ist ihr erster Roman, und ja, Wendy Wunder ist tatsächlich ihr richtiger Name. (amazon.de)


    Kurzbeschreibung: (von amazon.de)
    Dieses Buch wird dich zum Lachen und zum Weinen bringen und dazu, das Leben zu lieben.
    Campbell Cooper würde gern ein normales Leben führen, aber die Diagnose Krebs hat ihr den Alltag genommen. statt sich wie jeder andere Teenager in ihrem Alter zu vergnügen, verbringt sie Tage und Wochen im Krankenhaus. Ihre Chancen stehen schlecht, das weiß sie, und an Wunder hat sie noch nie geglaubt. Ihre Mutter ist da anders. Als diese von einer Stadt in Maine hört, in der auch die unmöglichsten Dinge wahr werden, packt sie Campbell und den halben Hausstand zusammen und macht sich auf den Weg dorthin. Und tatsächlich gibt es in Promise Merkwürdiges zu sehen: Schnee im Sommer, Regenbogen ohne Regen und eine Schar Flamingos. Doch Campbell lässt sich so schnell nicht überzeugen. Erst als sie Asher kennenlernt und langsam beginnt, ihr Leben wieder zu genießen, scheint fast alles möglich …


    Inhalt:
    Eigentlich möchte sie ihren Schulabschluss machen, in Harvard studieren, einen tollen Jungen kennenlernen und noch so viel mehr. Aber die Liste mit den Vorhaben, die Campbell mit ihrer besten Freundin zusammen schreibt, ist keine Liste mit Wünschen unbeschwerter Teenies, denn die beiden Mädchen haben Krebs, und ihre Chancen stehen schlecht.
    Campbell macht die Krankheit zu einer Zynikerin. Was soll das alles noch? Warum nicht einfach in der Glitzerwelt von Disneyworld weiterleben, als wäre nichts? Denn hier jobbt Campbell und hier arbeiten auch ihre Mutter und viele ihrer Freunde. Nichts ist hier echt – und gerade das scheint Campbell genau recht zu sein. Sie kann ihr Leben kaum aushalten – die Traurigkeit ihrer Mutter und ihrer Schwester, das ständige Reden über die Krankheit, die Hoffnung, an die sich alle klammern wollen. Sie will nicht darüber reden und sie will sich alledem nicht mehr stellen.
    Und da reicht es ihrer Mutter. Kurzerhand beschließt sie, ihre beiden Töchter ins Auto zu packen und eine Reise zu machen. Ziel der Fahrt ist der kleine Ort Promise in Maine. Hier sollen Wunder noch möglich sein – und ein Wunder ist das einzige, das Campbell noch retten kann. Gerade sie hält das Vorhaben ihrer Mutter nur für schwachsinnig – und während ihre kleine Schwester und ihre Mutter in Promise ein Wunder nach dem anderen verorten, kann Campbell darüber nur müde lächeln. Dann aber lernt sie Asher kennen, und auch, wenn sie ihn am Anfang am liebsten auf Abstand halten möchte, verliebt sie sich doch in ihn. Eigentlich eine hoffnungslose Liebe, denn der Krebs hat Campbell fest im Griff. Doch vielleicht kann die Magie des kleinen Ortes Promise ja doch noch ein Wunder bewirken…


    Meine Meinung:
    Vielleicht liegt es an mir, aber todkranke Protagonisten im Teenageralter kommen mir zur Zeit verstärkt unter. Vom Ansatz her ist “Flamingos im Schnee” also nichts Neues: ein Mädchen, das mit dem Tod konfrontiert wird, obwohl es eigentlich noch viel zu jung zum Sterben ist. Eine Familie und Freunde, die vor Schmerz kaum wissen, wie sie die Situation aushalten sollen. Ein Leben zwischen Angst und Hoffnung.
    Und dennoch ist “Flamingos im Schnee” kein Buch wie zig andere. Es ist wunderschön erzählt, gerade weil Campbell zum Teil eine so übellaunige Protagonistin ist, die einfach nicht in das Bild passen will, das man von einem Mädchen in ihrer Situation hat. Dann wieder ist sie sehr schwach und verletzlich, hat Angst, weiß nicht, wie sie sich verhalten soll – für mich absolut glaubwürdig und richtig gut ausgearbeitet.
    Was mir auch gut gefallen hat, sind die Schauplätze. Disneyworld im Kontrast zu Promise, das funktioniert einfach. Beim Lesen hat man das Gefühl, dass man sich in Promise wirklich einlebt – und man fängt an, an Wunder zu glauben und zu hoffen, dass Campbell wirklich überleben wird. Irgendwie war für mich nicht klar, wie der Roman enden würde und ob die Autorin Campbell “retten” würde oder nicht. Ich werde das natürlich an dieser Stelle auch nicht verraten, aber eines möchte ich zum Ende sagen: Es ist der Autorin sehr gut gelungen, es ist absolut glaubwürdig und auf seine Weise sehr schön.
    “Flamingos im Schnee” ist nicht nur ein Roman über ein todkrankes Mädchen, es ist die Geschichte einer Familie, eine Geschichte von Freundschaft, Hoffnung, Angst und der ersten großen Liebe. Wirklich lesenswert und sehr schön.
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Da ich mittlerweile dieses Buch beendet habe, kann ich nur sagen, dass meine Meinung absolut positiv geblieben ist. Besonders gelungen fand ich, dass Campbell nicht nur das todkranke Mädchen war, dass in Promise auf ein Wunder hofft, sondern dass sie etwas ruppig rüberkommt, ihrem jugendlichen Alter entsprechend. Die Charaktere waren überaus glaubwürdig gestaltet und es war ein tolles Buch! Sehr schön gemacht.


    Das Ende fand ich sehr gelungen, ich hatte mit viel Kitsch gerechnet, nicht nur am Ende sondern während des gesamten Buches - wurde aber eines Besseren belehrt und positiv überrascht. Wirklich empfehlenswert.

  • Es kommt selten vor, dass ich zwei Bücher nacheinander lese, die mich in etwa gleich berühren. Noch dazu zwei Debütromane. Doch nach Wo Milch und Honig fließen von Grace McCleen ließ mich auch Wendy Wunders Debütroman Flamingos im Schnee erst los, als ich die letzte Seite gelesen hatte. Und auch hier muss ich sagen, diese kam viel zu schnell. Wobei loslassen übertrieben ist, denn dieser Roman ist eins der Bücher, die man nicht so schnell vergisst.


    Wunders Roman ist eigentlich todtraurig. Wer nah am Wasser gebaut hat, sollte sich vorsichtshalber Taschentücher bereitlegen, obwohl die Autorin gänzlich auf Melodramatik verzichtet und ihre Figuren darüber hinaus trotz der ernsten Thematik nicht in völliger Verzweiflung versinken lässt. Ein Hauch Fantasy verhindert dies ebenfalls, ohne der Geschichte die Glaubwürdigkeit zu nehmen. Eine Geschichte, die im Grunde, abgesehen von dem einen oder anderen Detail, jedem von uns geschehen könnte.


    Im Fokus steht die im glitzernden Schaustellermillieu eines Vergnügungsparks aufgewachsene Campbell. Ihr Vater verstarb früh. Mit dem neuen Partner der Mutter kann sie nicht wirklich etwas anfangen. Aber das ist auch nebensächlich, denn tatsächlich deutet gleich zu Beginn des Romans alles darauf hin, dass das Mädchen den Kampf gegen den seit Jahren in ihrem Körper tobenden Krebs verloren hat. Mit dieser Diagnose will sich ihre Mutter nach wie vor nicht abfinden. Es gelingt ihr Cam zu überreden, an einen Ort zu fahren, der angeblich wahre Wunder und womöglich sogar eine Chance auf Heilung bringen kann. Obwohl Cam eigentlich längst aufgegeben hat, fahren sie und ihre jüngere Schwester gemeinsam mit der Mutter los.
    Einfühlsam und nachvollziehbar, unpathetisch und bildhaft beschreibt die Autorin die Gefühle, die sowohl die Krankheit als auch dieser letzte Versuch, sich der tückischen Krankheit entgegenzustellen, mit sich bringen.


    Die jahrelange Krankheit hat dafür gesorgt, dass Campbell keine wirkliche Jugend hatte. Sie wirkt gleichermaßen erwachsen wie pubertär. Das wird schnell klar, denn Wunder stößt ihre LeserInnen gleich mitten ins Geschehen. Bringt gleich anfangs eine Liste mit Dingen ins Spiel, die Cam und eine ebenfalls todkranke Freundin noch erleben wollen. Die Art und Weise, wie Wunder Cam und ihre Freundin beschreibt, gibt sehr treffend wieder, was ich bei betroffenen Patienten und auch selbst erlebt habe. Selbstironie und verzweifelter Sarkasmus, eine gewisse Kaltblütigkeit und der stete Versuch, sich selbst Hoffnung zu verbieten. Dies wird - im Buch, wie im realen Leben - von verzweifelten Angehörigen und Freunden unterlaufen, die genau diese Hoffnung immer wieder aufs Neue anregen wollen. Ebenfalls sehr stimmig ist die Stärke, die Cam ausstrahlt. Der Versuch andere vor der grausamen Wahrheit zu schützen. Oder das Bedürfnis schreien zu müssen, weil man in Watte gepackt wird. Und dann das blindwütige Um-sich-schlagen im übertragenen Sinn, weil Cam genau weiß, wie sie andere verbal oder durch bestimmte Handlungen verletzen kann. Weil niemand außer ihr das Offensichtliche sehen will. Der Versuch, keine Ängste und Schwächen zuzulassen, weil das den Schutzwall zu sprengen droht, den sie um sich aufgebaut hat und der sie aufrecht hält.


    Einerseits ist Cams Darstellung dadurch etwas distanziert, doch im Bezug auf die Krankheit gesehen so in sich stimmig, dass LeserInnen einfach mit ihr fühlen müssen. Genau wie mit ihrer Mutter, die versucht, den Spagat zwischen dem drohenden Verlust ihrer Tochter und dem Alltag zu bewältigen. Oder Cams kleiner Schwester, die stets zu kurz kommt, weil Cams Krankheit im Vordergrund steht.


    Doch dies sieht Cam genau genommen erst einige Zeit nach der Ankunft in Promise. Dort durchlebt nicht nur sie eine Wandlung. Plötzlich dreht sich nicht mehr alles nur um sie und ihre Krankheit. Andere Dinge rücken in den Vordergrund. Cam kann sogar den anfangs unmöglichsten Punkt auf ihrer Liste (ihre Entjungferung) abhaken und zwischen ihr und Asher, der in Promise lebt, bahnt sich eine zarte Beziehung an, obwohl Cam ihren teils verletzenden Sarkasmus nicht wirklich ablegt. Sie erlebt Dinge, die es sich zu erleben lohnt. Und während bei ihr ein Umdenken in Richtung Hoffnung einsetzt, vollzieht sich ein unmerklicher Umbruch im Fühlen ihrer Schwester und Mutter. Es werden Dinge ausgesprochen, die sie sich eingangs des Romans vermutlich nie gesagt hätten.


    Unerwarteterweise musste ich an mehreren Stellen laut lachen. Etwa als Cam ihrer Schwester ein Einhorn präsentieren will. Cams Sarkasmus hatte teilweise ebenfalls diesen Effekt, andererseits hätte ich das Mädchen stellenweise am liebsten geschüttelt.


    Fazit: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    Wunder hat Realität mit märchenhaften Fantasy-Elementen gemischt. Das könnte kitschig und melodramatisch wirken, tut es aber nicht. Vielmehr geht es um eine Heilung der besonderen Art. Um Akzeptanz und Loslassen. Um inneren Frieden. Um Zusammenhalt und Perspektivwechsel. Um Hoffnung und Ehrlichkeit. Flamingos im Schnee ist ein berührendes Debüt, welches wie Wo Milch und Honig fließen die volle Punktzahl verdient. Ein lesens- und empfehlenswerter Roman für jüngere und ältere LeserInnen.


    Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

    Fantasien sind die Flügel unserer Seele. Auf Ihnen tragen wir in Worten und Bildern unsere Wünsche und Träume in die Welt.