Klappentext:
Eine Leiche treibt inmitten von Seerosen im Wasserbecken des Altonaer Volksparks. Der Tote war Sohn einer der besten Familien der Stadt: Falk Sieverstedt - jung, sensibel, auf der Suche nach sich selbst. Kurz zuvor hatte er in der zynischen Reality-Live-Show «Second Chance» angerufen – seit Monaten das Thema in der Hansestadt – und vor Millionenpublikum seinen Selbstmord angekündigt. Ein Skandal, und doch ein Routinefall. Hauptkommissar Albrecht und seine Kollegin Hannah Friedrichs wollen die Ermittlungen schon einstellen, da gibt es Hinweise auf weitere mysteriöse Selbstmorde. Und dann verschwindet Hannah spurlos.
Der Autor:
Stephan M. Rother wurde 1968 im niedersächsischen Wittingen geboren, ist studierter Historiker und war fünfzehn Jahre lang als Kabarettist unterwegs. Seit einem Jahrzehnt veröffentlicht er erfolgreich Romane, darüber hinaus ist er als Übersetzer tätig. Stephan M. Rother ist verheiratet und lebt in einem verwinkelten Haus voller Bücher und Katzen am Rande der Lüneburger Heide.
Aufbau:
Wie schon der Vorgänger ist auch dieser Thriller in 2 Teile gegliedert, die wiederum in insgesamt 12 Kapitel unterteilt sind. Eingeschoben sind noch sogenannte Zwischenspiele, die zumeist Protokolle von Telefonaten wiedergeben.
Die gesamte Geschichte spielt zum größten Teil innerhalb von 2 Tagen. Nach dem Prolog springt die Handlung 2 Tage zurück.
Erzählt wird aus 2 Perspektiven im Wechsel: in der 3. Person wird die Handlung mit Blick auf Jörg Albrecht erzählt. Hannah Friedrichs Sichtweise wird hingegen in der Ich-Form erzählt.
Den Abschluss des Buches bildet eine sehr sympathische Danksagung des Autors.
Inhalt:
Ein junger Mann wird im berühmt-berüchtigten Dahliengarten tot aufgefunden. Selbstmord ist auszuschließen, aber vielleicht war es Tötung auf Verlangen? Immerhin hat er ein paar Tage zuvor in der beliebten Fernsehshow „Second Chance“ angerufen und dort Selbstmordgedanken geäußert.
Dass er der Sohn des Konsuls Sieverstedt ist, macht den Fall nicht einfacher. Und das Ermittlerteam um Jörg Albrecht hat keine verwertbare Spur. Bis plötzlich ein Foto auftaucht. Ein Foto von kleinen Mädchen in einem Container, das das Firmenimperium Sieverstedt schlagartig in Albrechts Focus rückt. Währenddessen stößt Hannah Friedrichs durch Zufall allerdings noch auf eine ganz andere Spur: ein junges Mädchen hat Selbstmord begangen. Und auch sie hatte zuvor bei Marius nach einer „Second Chance“ gesucht. Bevor sie Albrecht aber über diesen Zusammenhang informiert, will sie den Fernseh-Guru zur Rede stellen…
Mein Eindruck:
Mit „Öffne deine Seele“ ist Stephan Rother noch mal eine Steigerung zu seinem Erstling „Ich bin der Herr deiner Angst“ gelungen. Mit Spannung von der ersten bis zur beinahe letzten Zeile hetzt er seine Leser durch die Handlung. Der ständige Perspektivwechsel trägt sein Scherflein dazu bei.
Außerdem hat er mit Jörg Albrecht und Hannah Friedrichs ein Ermittlerduo geschaffen, das gegensätzlicher nicht sein kann. Hannah, die ich nach wie vor extrem nervig finde in ihrer Selbstgerechtigkeit, ist mir für eine Ermittlerin fast zu unprofessionell. Albrecht gibt in diesem Buch dafür etwas von seiner Überkorrektheit auf und wird dadurch menschlicher und noch sympathischer. Und auch das Team um dieses ungleiche Pärchen bekommt nach und nach deutlichere Konturen.
Der Fall selbst, in dem ein selbsternannter Fernseh-Guru eine nicht unwesentliche Rolle spielt, hat bei mir die Frage aufgeworfen, was für eine Welt das ist, in der Menschen ihre tiefsten Sorgen und Ängste lieber vor einem Millionenpublikum ausbreiten, statt mit den geliebten Menschen zu reden. Und wie kann es sein, dass ein Mensch, der zugegebener Maßen viel Einfühlungsvermögen und Menschenkenntnis zu haben scheint, darüber entscheidet, wer von den Anrufern es wert ist, seine Zeit weiter zu beanspruchen und somit Hilfe zu bekommen? Wieviel Arroganz gehört dazu, Menschen, die so verzweifelt sind, noch tiefer in ihr Elend zu stoßen? Dieses Buch hat mich sehr nachdenklich gemacht und auch zornig auf unsere Gesellschaft, die so etwas zulässt.
Das Verschwinden Hannahs gibt dem Fall natürlich noch zusätzliche Dramatik. Vor allem gibt er aber den Männern in ihrem Leben die Chance, ihre Rivalität zumindest zeitweilig auf niedrigstes Niveau zu fahren und miteinander zu reden und zu handeln. Das lässt vor allem Dennis in einem neuen Licht erscheinen.
"Öffne deine Seele" ist ein Buch, das nachhallt – und das ist etwas, das man wahrlich nicht von vielen Thrillern behaupten kann. Zudem ist es Rother gelungen, eine Auflösung zu schaffen, die ich so nicht vorhergesehen hatte. Für den „Second Chance“-Guru Marius hätte ich mir am Ende aber doch noch irgendeine Wendung gewünscht – der geht zwar mit großem Auftritt von der Bühne (anders kann er auch gar nicht), aber eigentlich doch ohne Veränderung aus dem ganzen Fall heraus.
Was man von Hannah allerdings nicht sagen kann – man darf gespannt sein, wie sie sich weiter entwickeln wird.
Wer Rothers ersten Krimi nicht kennt, dürfte kein Problem mit dem Fall an sich haben. Aber alles, was das Privatleben der Ermittler betrifft, baut eindeutig auf „Ich bin der Herr deiner Angst“ auf. Darum kann es nicht schaden, dieses Buch zuerst zu lesen.
Von mir gibt es und eine klare Leseempfehlung für Thriller- und Krimi-Fans.
Fazit:
Ein Ermittlerduo, das emotional bewegt, in einem Fall, der im wahrsten Sinne unter die Haut geht.