Ingrid Noll - Die Häupter meiner Lieben

  • Inhalt:

    Zitat

    Oberflächlich betrachtet sind Cora und Maja zwei ganz normale 16-jährige Mädchen, die füreinander durch dick und dünn gehen. Doch wehe es macht ihnen irgendjemand Schwierigkeiten. Gleichgültig um wen es sich handelt, sei es der Bruder, der Freund oder später der Mann: Wer stört, stirbt, schnell und schmerzlos, ohne viel Federlesens. Ganz ohne Moral und falsches Mitleid. Ihre Morde sind so klug gemacht, dass kein Polizist auf den Gedanken kommt, tumbe Nachforschungen anzustellen.
    (von amazon.de)


    Aufbau und Handlung:
    In Form einer Lebensbeichte versucht Maja sich über ihr bisheriges Leben klar zu werden. Allmählich wird für den Leser erkennbar, auf welche Weise sie schon in ihrem jungen Alter – explizit wird es nirgends erwähnt, aber sie kann nicht älter als Anfang 20 sein - zu ihrem angenehmen Leben in einer Villa in Florenz kam. Einer trostlosen Kindheit in schwierigen, emotional armen Verhältnissen entflieht sie regelmäßig durch kleptomanische Anfälle. Doch erst die Freundschaft mit der gleichaltrigen, aber gerade gegenüber Männern deutlich abgebrühteren und mitleidloseren Cora gibt ihr wieder einen personalen Rückhalt. So gaunern die beiden sich von Diebstahl über Erpressung bis hin zu Mord und Totschlag durch ihr junges, aber erfolgreiches Leben.
    Die Kette der „Unglücksfälle“ geht ständig weiter, sobald dadurch die finanzielle Situation aufgebessert werden kann oder vorherige Ereignisse vertuscht werden müssen. Schließlich wird in Sizilien auch noch Majas Kind entführt; klar, dass die beiden jungen Frauen es aber selbst mit der Mafia aufnehmen würden.
    Maja und Cora werden sehr ausführlich geschildert und charakterisiert. Da dies alles aus Majas Sicht geschieht und sie sich bisweilen über sich selbst im Unklaren ist, manchmal auch Coras Gedanken nicht nachvollziehen kann, bleiben natürlich trotzdem Fragen offen.
    Die übrigen Personen – außer der italienischen Haushälterin Emilia, die Teil der selbstgewählten Familie wird - werden zum Großteil nur soweit geschildert, wie sie der Handlung dienlich sind. Vieles bleibt im Unklaren und Klischeebehafteten.


    Eigene Meinung:


    Die selbstanalytischen Ansätze Majas jeweils zu Beginn der Kapitel und die Schilderung ihres familiären Hintergrunds in den ersten Kapiteln halte ich für sehr gelungen. Regelmäßige Vorausdeutungen, insbesondere gegen Ende der Kapitel fördern die Spannung und lassen ein angenehmes Krimi-Feeling aufkommen. Die Selbstverständlichkeit, mit der die beiden Frauen auch Schwerverbrechen in Kauf nehmen, um ihren Traum vom unabhängigen Leben in der Toskana abzusichern, hat in ihrer grotesken Zuspitzung zunächst eine ziemliche Wirkung auf mich ausgeübt. Die Beiläufigkeit, mit der kriminelle Handlungen angegangen und berichtet werden, hat schon etwas Faszinierendes.
    Allerdings hat für mich der rote Faden der Krimihandlung irgendwann etwas nachgelassen. Dann waren die Untaten der beiden meines Erachtens nicht mehr tatsächlich motiviert, sondern einfach noch eine beliebige Verlängerung des eingeschlagenen Kurses, der auf keinen weiteren Höhepunkt mehr zusteuert. Die letzten Verwicklungen um die Entführung von Majas Sohn Béla erschienen mir nur noch aufgesetzt.
    Größtes Manko für mich ist, dass die starke Abhängigkeit, ja fast schon Hörigkeit, Majas von Cora für mich nur unzureichend nachvollziehbar wird. Dies zusammen mit den, wie oben bereits erwähnt, nur holzschnittartig gezeichneten Nebenfiguren führt zu etwas Abwertung eines Buches, das mich ansonsten gut unterhalten hat.
    Insgesamt vergebe ich vier Punkte. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:
    Die beiden Nachfolgebände werde ich sicher auch noch lesen, habe es aber nicht sonderlich eilig damit.

    :study: Hoffmann, E. T. A.: Das Fräulein von Scuderi

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    Monats-Challenge 2024: 0/12


    "Lasse, Bosse und Ole saßen neben Fräulein Lundgrens Bücherregal und lasen die ganze Zeit,
    denn Jungen tun ja nie etwas Nützliches."
    (Lindgren, Astrid: Wir Kinder aus Bullerbü, S. 91)

  • Ich mag Ingrid Noll und auch dieses Buch habe ich wieder verschlungen.
    Ihr Schreibstil ist flüssig, man taucht sofort ins Geschehen ein, es wird nie langweilig. Ich habe mich erwischt als ich vor lauter Erstaunen: "Oh, neee!" sagte - es passieren also Dinge, mit denen ich nicht gerechnet habe. Das ist aber typisch in ihren Büchern.
    Dieses Buch hat von mir :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: erhalten.
    Es lohnt sich wirklich ihre Bücher zu lesen :thumleft: