Kurzbeschreibung (amazon)
Er kam im Sommer. Völlig überraschend. Aber er war kein Mensch, er war ein Ungeheuer.
Als
Raffael erwacht, sind sein Bett und seine Sachen voller Blut. Er gerät
in Panik, denn ihm fehlt jegliche Erinnerung an die vergangene Nacht. Es
gelingt ihm nicht herauszufinden, was passiert ist, aber wenn er
getrunken hat, weiß er nicht mehr, was er tut. Mordet er vielleicht, ohne
es zu wissen.
Von seinen Eltern, die in der Toskana leben, fühlt
er sich verraten und verlassen. Die beiden führen ein glückliches Leben
und ahnen nicht, dass er in ihrer Nähe ist und sie längst im Visier hat
...
Autoreninfo (amazon)
Sabine Thiesler, geboren und aufgewachsen in Berlin, studierte
Germanistik und Theaterwissenschaften. Sie arbeitete einige Jahre als
Schauspielerin im Fernsehen und auf der Bühne und schrieb außerdem
erfolgreich Theaterstücke und zahlreiche Drehbücher fürs Fernsehen (u.a.
Das Haus am Watt, Der Mörder und sein Kind, Stich ins Herz und mehrere
Folgen für die Reihen Tatort und Polizeiruf 110). Bereits mit ihrem
ersten Roman Der Kindersammler stand sie monatelang auf den
Bestsellerlisten. Ebenso mit den folgenden Büchern Hexenkind, Die
Totengräberin, Der Menschenräuber und Nachtprinzessin.
Aufbau
Der Roman ist in 67 Kapitel unterteilt. Die Rahmenhandlung ist mit "Christine" betitelt und spielt im Winter 2011/2012 in Florenz. Christine spricht mit einem Psychologen, der Leser erfährt zunächst nicht, warum sie diese Termine hat und dem Mann aus ihrem Leben erzählt.
Der überwiegende Teil der Handlung ist im Frühling 2011 in Berlin und im Sommer 2011 in der Toskana angesiedelt. In den Text sind wiederholt Rückblicke auf die Kindheit und Jugend von Christines Sohn Raffael eingeflochten.
Eigene Beurteilung
Der Protagonist Raffael ist seit dem 24.04.1992, als er als Siebenjähriger seine geliebte Zwillingsschwester Svenja verlor, nicht mehr er selbst. Vollkommen traumatisiert, spricht er kein Wort mehr und ist auch für seine Eltern nicht mehr zugänglich. Seine Mutter Christine widmet sich ihm intensiv und vernachlässigt darüber ihren Mann Karl, sodass die Ehe in den Strudel einer Krise gerät. Als die Atmosphäre in der Familie sich ständig verschlechtert und Christine mit Raffael nicht vorankommt, geben die Eltern den Jungen in ein Internat, aus dem er -wie man später erfährt - nach der Mittleren Reife verschwunden ist. Der Kontakt zu seinen Eltern ist abgebrochen.
Christine und Karl haben sich wieder zusammengerauft und in Italien ein neues Leben aufgebaut. Raffael lebt dagegen in Berlin, verdient seinen Lebensunterhalt mit Aushilfsjobs und trinkt Alkohol bis zur Besinnungslosigkeit. Er ist intelligent, aber auch völlig impulsiv und unberechenbar. Vor allem im komplett betrunkenen Zustand ist er extrem aggressiv und wird zur Gefahr für seine Umgebung. Raffael ist ein Protagonist, der den Leser nicht kalt lässt. Obwohl man erfährt, dass er in seiner Kindheit und Jugend Schweres durchmachen musste, erregt er eher Abscheu als Mitleid. Auch sein Vater ist, milde ausgedrückt, nicht gerade ein Sympathieträger, man kann darüber spekulieren, ob Raffael nur durch seine Erlebnisse, oder auch durch ererbte Eigenschaften zum Soziopathen geworden ist.
Im zweiten Teil des Romans, der in Italien spielt, gibt es ein Wiedersehen mit Kommissar Donato Neri, dessen Charakterisierung mir hier gelungener scheint als in den vorhergehenden Büchern der Autorin. Er ist in gewisser Weise immer noch ein Pechvogel, da er weiterhin "Oma", seine demente Schwiegermutter Gloria, die ihm (und seiner Frau) das Leben schwermacht, im Haus hat, aber in diesem Roman fällt er nicht durch die Inkompetenz auf, die ihn seinerzeit per Strafversetzung in die Provinz brachte. Die Geschichte um Familie Neri lockert einen spannenden Krimi humorvoll auf und sorgt für Entspannung neben dem Nervenkitzel.
Vom Erzählstil hat mir "Bewusstlos" sehr zugesagt, die Autorin versteht es, Spannung aufzubauen, Informationen nach und nach einfließen zu lassen und sehr anschaulich zu schreiben. Man kann dieses Buch nur schwer aus der Hand legen, wenn man einmal angefangen hat.
Mit dem Inhalt bin ich nicht ganz einverstanden, da mir einge Dinge nicht realistisch vorkommen: Raffael verstößt mehrfach massiv gegen die Gesetze und bekommt keine Anzeige? Auch bleiben manche Fragen offen
Warum tötete Raffael die Zeitungsbotin?
oder werden nicht nachvollziehbar aufgelöst (Ende des Romans). Hier hätte ich gern mehr Informationen gehabt.
Fazit
"Bewusstlos" ist ein ansprechend geschriebener, spannender Krimi, in dessen Mittelpunkt die kranke Psyche des Protagonisten steht. Ermittler/Ermittlungen spielen nur eine sehr untergeordnete Rolle. Das Buch bietet rasante Unterhaltung, ist aber manchmal im Handlungsverlauf nicht ganz realistisch.