Andrea Molesini, Zu lieben und zu sterben

  • Inhalt(Klappentext):
    Die Deutschen haben die Villa der Familie Spada requiriert. Auch wenn die einquartierten Offiziere zur selben gesellschaftlichen Schicht gehören - spätestens als sie im Dorf Zivilisten hinrichten lassen und die Kirche geschändet wird, steht fest: Dieser Krieg ist unmenschlich, und der alte Ehrenkodex des Adels gilt nicht mehr. Der siebzehnjährige Paolo und seine schöne, exzentrische Cousine Giulia beschließen, dem Verwalter des Hofgutes zu helfen, der den regionalen Widerstand gegen die Besatzung anführt. Was wie ein spannendes Cowboy- und Indianer-Spiel beginnt, wird bitterer Ernst, als sie verraten werden. Nach kaum einem Jahr wird Paolo zu lieben und zu sterben gelernt haben. Alles, was ein Leben ausmacht.


    Autor:
    Andrea Molesini, 1954 geboren in Venedig, ist bislang als literarischer Übersetzer und Autor von Kinderbüchern in Erscheinung getreten. "Zu lieben und zu sterben" ist sein erster Roman. Es wurde von italienischen Buchhändlern und Lesern mit dem Premio Supercampiello zum besten Buch des Jahres gekürt.


    Meine Meinung u. Bewertung:
    "Potz Deibel Sakkerment" so flucht die Köchin laut, wenn mal wieder etwas geschieht, das sie nicht ändern kann, ihr aber nicht gefällt. Und da gibt es so manches. Im Park hat man Zelte aufgeschlagen, in der Villa wohnen die Offiziere. Nun muß sie das wenige, das ihnen geblieben ist, auch noch den Besatzern servieren, erst den Deutschen, dann den Österreichern. Zum Schluß verwandelt sie Mäuse zu einem schmackhaften Kaninchenragou, Baumrinde zu einer leckeren Suppe. Der Hunger wird fast mehr gefürchtet als die Kanonen. Von der herrlichen Einrichtung ist kaum etwas geblieben, das meiste wurde zu Brennholz zerschlagen.
    Der grausame, unmenschliche Krieg ist längst im Dorf angekommen. Es wird geschändet und gehängt. An allen Ecken Verrat gewittert. Blut fließt in Strömen bei Freund und Feind. Die Familie Spada unterstützt den Widerstand mit Hilfe von frischer Wäsche und Klappläden als Zeichen für ein britisches Flugzeug, das wöchentlich das Dorf überfliegt. Nur den Stolz bewahren, Haltung zeigen. Man gehört der gleichen Gesellschaftsschicht an wie die adligen Offiziere, würde sich in Friedenszeiten wahrscheinlich verstehen, doch der Krieg verhindert, unterdrückt, zerstört, tötet. Keine Zugeständnisse, auch die Offiziere sind Befehlsempfänger.
    Im Umfeld von Großmutter, Großvater, Tante und Cousine, dem Verwalter, der Köchin und dem Dienstmädchen erlebt Paolo eine verschworene Gemeinschaft, die alles ans Tageslicht bringt Schmeichelei, Wut, Hass, Angst, Verzweiflung, Verachtung und auch Mut. Und trotzdem gibt es die wenigen Augenblicke, die zusammenschweißen, Liebe und Geborgenheit vermitteln.
    Auch Andrea Molesini arbeitet mit allem Mitteln, teils nüchtern, um das Entsetzliche lesbar zu machen, teils verbindend. Man hat die Villa vor Augen und beobachtet eine Zeit, die so nie mehr folgen wird. Nichts wird sein wie zuvor. Er schildert den unbarmherzigen Krieg, man riecht die überquillenden Latrinen, die Kälte, den Schmutz, das Blut, und doch immer wieder auch eine kurze Leichtigkeit, ein kleines Aufatmen, das Hoffen.
    Mich hat dieser Roman mit seiner kraftvollen Sprache tief beeindruckt. Ein Debütroman - ich merke nichts davon, bin von der Erzählkunst des Autoren vollends begeistert wie so viele Leser vor mir, und sicher auch nach mir! :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::thumleft:


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.