Heinz Schilling, Martin Luther. Rebell in einer Zeit des Umbruchs

  • Dies wird nicht das letzte Buch über die Person und das Werk deS großen Reformators Martin Luther sein, das in den nächsten Jahren auf den Buchmarkt kommt. Die 500. Wiederkehr der Veröffentlichung seiner 95 Thesen im Oktober 2017 wirft schon jetzt ihre Schatten voraus. Die Evangelische Kirche in Deutschland hat mit Margot Käßmann eine ihrer derzeit brillantesten Köpfe zur Lutherbotschafterin ernannt; und man wird absehen müssen, ob es ihr gelingt, in einer zunehmend an den Feinheiten der christlichen Religion und Theologie uninteressierten Öffentlichkeit deutlich zu machen, warum die zentralen Erkenntnisse Martin Luthers auch heute noch aktuell sind und sie gegen eine Dominanz der katholischen Kirche zu verteidigen. Apologie des Protestantismus mit seiner klaren Botschaft „sola fide“ tut schon lange Not, doch die evangelischen Kirchen selbst tun sich mit ihrer jedem gefallen wollenden Schmusetheologie schwer damit.


    Der emeritierte Professor für die Geschichte der frühen Neuzeit, Heinz Schilling, hat mit seiner von vielen seiner Kollegen hoch gelobten großen Bographie Martin Luthers eine über viele Jahre als Orientierung dienendes Buch vorgelegt, mit dessen Darstellungen sich nicht nur die Historiker, sondern vor allen Dingen die Theologen auseinandersetzen müssen.


    Haben sie, die Theologen, gerade die heldenhafte Szene auf dem Wormser Reichstag oft dazu benutzt, Luther als einen eher einsamen Menschen darzustellen, der in der Zurückgezogenheit und in einem rein inneren Kampf zu seinen wesentlichen Erkenntnissen gelangte, die dann nicht nur die damalige kirchliche Welt, sondern die Politik in Europa veränderten, schildert Schilling Luther als einen schwierigen und überaus widersprüchlichen Charakter. Als einen Rebellen, der in einem „gewaltigen Ringen um die Religion und ihre Rolle in der Welt“ vor Fehlern und aus heutiger Sicht dramatischen Fehleinschätzungen nicht gefeit war.


    Heinz Schillings große Biographie führt auch den theologischen Laien gut und verständlich ein in das Welt verändernde Geschehen der Reformation und ihrer Theologie.


    Ich drücke nochmals die Hoffnung aus, dass die Protestanten den Kairos der 500. Wiederkehr ergreifen und sich selbst und der Welt wieder neu verdeutlichen, was das besondere an ihrer Konfession ist und warum die Welt darauf nicht verzichten kann. Vielleicht wird dann auch einer größeren Öffentlichkeit klarer, warum das so unendlich schwer ist mit der Ökumene.