Jean Echenoz - Blitze

  • Inhalt:
    Gregor erfand nahezu alles, was das 20. Jahrhundert prägen sollte, kam aber meistens zu früh. Oder ließ sich seine Entdeckungen nicht rechtzeitig patentieren. Seine illuminierten Röhren zum Beispiel waren fünfzig Jahre später als Neonröhren wieder da. Und wie nebenbei entwickelte er einen ferngelenkten Torpedo, aber das amerikanische Militär hatte im Ersten Weltkrieg noch keine Verwendung dafür.
    Den sogenannten »Stromkrieg« gegen Edison allerdings gewann er: Der von ihm entwickelte Wechselstrom ließ sich über weitere Entfernungen transportieren als Edisons Gleichstrom. Und er wurde zum Star der New Yorker Society. Ließ bei öffentlichen Auftritten optische Lichterscheinungen an seinem Haar und sei- ner Kleidung entstehen. Lebte im Waldorf Astoria. Verkehrte mit Kipling und Twain.
    Und er stürzte ab, verarmte, vereinsamte, wurde wunderlich.
    1943 verstarb der serbischstämmige Erfinder und Elektroingenieur Nikola Tesla, dessen biografische Daten Jean Echenoz das Material für seinen fiktiven Prota- gonisten Gregor an die Hand gaben. Und er schlägt höchst fiktionale Funken aus dem Leben dieses Jahrhundertgenies: Blitze ist eine melancholische Variation auf das Thema der Einsamkeit, auf das Zerbröckeln der zivilisatorischen Träume.
    (Quelle: Verlagsseite)


    Der Autor:
    Jean Echenoz, geboren 1947 in Orange (Provence), lebt heute in Paris.
    1999 Prix Goncourt
    1983 Prix Médicis
    2006 Prix François-Mauriac
    (Quelle: Verlagsseite)


    Originaltitel: Courir
    Aus dem Französischen von Hinrich Schmidt-Henkel
    Berlin Verlag
    142 Seiten


    Meine Meinung:
    Mit "Blitze" beendet Jean Echenoz sein Erzählprojekt "Drei Leben": nach dem Porträt des Künstlers Ravel ("Ravel") und des Sportlers Emil Zápotek ("Laufen") nimmt er sich den Wissenschaftler Nikola Tesla vor, im Roman Gregor genannt.
    Der Roman beginnt mit der Geburt Gregors, die genaue Stunde bleibt unbekannt; niemand wird ihm sagen können, zu welcher Stunde und an welchem Tag genau er geboren wurde.
    Während seiner Geburt stürmt und blitzt es.


    "Eine Geburt außerhalb der Zeit also, und auch außerhalb des Lichts, denn in jener Zeit beleuchtet man nicht anders als mit Wachs und Öl, der elektrische Strom ist noch unbekannt. So, wir wir ihn heute kennen, ist er noch nicht allgemein verbreitet, es wäre tatsächlich an der Zeit, sich darum zu kümmern. Und als wäre dies eine weitere persönliche offene Rechnung, wird Gregor genau dies übernehmen, er wird den Strom nutzbar machen." S. 7"


    Schon als Kind zerlegt Gregor sämtliche Uhren und setzt sie wieder zusammen, was leider nicht immer so funktioniert, wie er wütend feststellen muss. Gregor ist leicht gekränkt, misstrauisch, launisch, neigt zu Wutanfällen und ist nicht gerade symphatisch.
    Mit 28 Jahren reist er mit einem Empfehlungsschreiben an Thomas Edison nach New York, bei dem er eine zeitlang als Angestellter arbeitet.


    Gregor forscht, experimentiert und lebt als geachteter Wissenschaftler im Waldorf Astoria. Doch seine Nachlässigkeit, was das Patentieren anbelangt, nutzen andere. Seine Vorführungen werden von seinem Publikum bestaunt.
    Sein Verhältnis zu Frauen ist distanziert, zeitlebens bleibt er Junggeselle.. Er leidet unter Manien, wie z.B. Angst vor Mikroben, sodass er Handschuhe trägt und sie ständig auswechselt. Seine Vogelliebe, insbesondere zu Tauben, artet aus.


    Jean Echenoz schreibt temporeich und spannend, sprachlich ist der schmale Roman überzeugend und sicher auch interessant für einen Leser, der sich nicht für Wissenschaft interessiert. Wie genau sich Echenoz an die Biographie hält, weiß ich nicht, aber der Roman scheint doch recht nah an der Wahrheit zu sein.
    Mir hat "Blitze" gut gefallen und ich werde mir sicher Ravel und Laufen auch noch vornehmen.

  • Danke, Mara!
    Es kam mir doch gleich merkwürdig vor..., aber im Buch steht: "Die Originalausgabe erschien 2010 unter dem Titel "Courir" und da habe ich mich nach kurzem Zögern doch drauf verlassen.