Der Autor:
Timur Vermes wurde 1967 als Sohn einer Deutschen und eines 1956 geflohenen Ungarn geboren, studierte in Erlangen Geschichte und Politik und wurde dann Journalist. Er schrieb für die "Abendzeitung" und den Kölner "Express" und arbeitete für mehrere Magazine. Seit 2007 veröffentlichte er als Ghostwriter vier Bücher, zwei weitere sind in Vorbereitung. (amazon.de)
Klappentext:
Sommer 2011. Adolf Hitler erwacht auf einem leeren Grundstück in Berlin-Mitte. Ohne Krieg, ohne Partei, ohne Eva. Im tiefsten Frieden, unter Tausenden von Ausländern und Angela Merkel. 66 Jahre nach seinem vermeintlichen Ende strandet der Gröfaz in der Gegenwart und startet gegen jegliche Wahrscheinlichkeit eine neue Karriere - im Fernsehen. Dieser Hitler ist keine Witzfigur und gerade deshalb erschreckend real. Und das Land, auf das er trifft, ist es auch: zynisch, hemmungslos erfolgsgeil und auch trotz Jahrzehnten deutscher Demokratie vollkommen chancenlos gegenüber dem Demagogen und der Sucht nach Quoten, Klicks und "Gefällt mir"-Buttons. Eine Persiflage? Eine Satire? Polit-Comedy? All das und mehr: Timur Vermes' Romandebüt ist ein literarisches Kabinettstück erster Güte.
Inhalt:
Es ist Sommer 2011, als Adolf Hitler plötzlich auf einer Wiese in Berlin aufwacht. Er hat natürlich keine Ahnung, dass es nicht mehr 1945 ist und so kommt ihm erstmal alles etwas merkwürdig vor. Verunsichert und doch mit dem ihm eigenen Selbstbewusstsein macht er sich auf, um Menschen zu finden, die ihn nach Hause bringen können – und findet sich in einer ihm völlig fremden Welt wieder. Hier nimmt ihn keiner als den wahr, der er eigentlich ist, und sein Beharren darauf, dass er “der Führer” sei, löst bei den Mensche eher Heiterkeit aus. Man hält ihn für “den Stromberg von Switch” und für einen begnadeten Komiker und Satiriker – und Hitler merkt, dass hier eine ganze Menge Arbeit auf ihn zukommt, damit ihn das Volk wieder als den anerkennt, der er eigentlich ist.
Ausgerechnet die neuen Medien – Fernsehen und Internet – machen aus Hitler schnell einen Star. Seine Auftritte in einer Comedy-Show werden zwar zum Teil sehr kritisch betrachtet, insgesamt aber ist das Publikum von der vermeintlichen Kopie Hitlers begeistert und seine Aussagen über die Gesellschaft treffen für viele Menschen genau den Nerv der Zeit. Auf YouTube erhält Hitler rasch Millionen von Klicks und als die BILD-Zeitung auf ihn aufmerksam wird, ist seine Bekanntheit endgültig gesichert. Dass der ehemalige Diktator aber keinesfalls Gesellschaftskritik auf satirischem Niveau betreibt, sondern dass er hofft, dass seine politischen Ziele letztlich doch noch durchgesetzt werden können, scheint niemand zu merken…
Meine Meinung:
Es ist extrem schwierig, etwas zu dem Buch zu schreiben. Timur Vernes ist in jedem Fall ein total mutiger Roman gelungen, der einen während des Lesens schon manchmal sprachlos macht und der mich danach etwas ratlos zurückgelassen hat.
Erstmal ist da der Ich-Erzähler Hitler, der das Lesen so schwierig macht. Normalerweise identifiziert man sich als Leser mehr oder weniger mit dem Ich-Erzähler, weil man sich so in sein Denken einfühlt, in seine Gefühlswelt hineindenkt und so weiter. Will man das bei Hitler? Keinesfalls, und doch passiert das unwillkürlich und sorgt bei mir für gemischte Gefühle.
Sprachlich meint man schnell, Hitler in dem Roman wiederzuerkennen. Vermes übernimmt Formulierungen, die man aus Hitlerreden und Propaganda der damaligen Zeit kennt. Das ist erschreckend, gleichzeitig aber natürlich auch irgendwie stimmig.
Der Roman ist mehr als Satire, er geht deutlich weiter. Vermes entwirft ein Szenario, das in seiner hypothetischen Art durchaus irgendwie glaubwürdig ist. Hitlers Verhalten wird als “Method Acting” verstanden, er wird als Comedy-Star gefeiert, als einer, der das ausspricht, was in der Gesellschaft falsch läuft. All seine Grenzüberschreitungen werden als satirisch und komisch gefeiert, er selbst als einer, der sich was traut, keine Tabus kennt. Hinter allem, das zeigt Vermes deutlich, steht eine Gefahr: Hitler wird zum Star, wird umjubelt und gefeiert, bekommt letztlich seine eigene Fernsehsendung und politische Parteien reißen sich um ihn. Könnte einer wie er auch heute Erfolg haben? Ist unser “es darf nie wieder passieren” schneller gesagt als gedacht – wenn wir durch die Medien so leicht zu manipulieren sind?
Das Buch ist mir unheimlich. Bei allem, was es satirisch und komödiantisch leistet, ist es auch durchaus gesellschaftskritisch und mahnend, und durch die drastische Art, wie es erzählt wird, durchaus auch dazu geeignet, seinen Lesern Gänsehautmomente zu verpassen. Man kann diesem Buch mit guten Gewissen viele Leserinnen und Leser wünschen – aber nur wache, die auch bereit sind, sich mit dem Inhalt auseinanderzusetzen…