Melane Metzenthin - Schicksalsstürme

  • Inhaltsangabe:

    Der junge Mann, der vor Heiligenhafen Schiffbruch erlitten hat, kann sich außer an einige Gedankenfetzen an nichts mehr erinnern. Er kennt nicht einmal seinen Namen. Brida, die Tochter des stadtbekannten Kapitäns Hinrich Dührsen, nimmt sich des Fremden an. Gemeinsam versuchen sie das Rätsel um dessen Vergangheit zu lüften und geraten, ohne es zu ahnen, immer mehr in Gefahr ...


    Bewertung:

    Ich bin mit einer gewissen Skepsis an diesen Roman herangetreten, da ich historische Romane in den letzten Jahren vermieden hatte. Die oft zu dick aufgetragenen Schicksale konnte ich irgendwann nicht mehr verdauen. Dieser Roman jedoch ist so ganz anders. Bereits nach wenigen Seiten hat es Melanie Metzenthin geschafft, mich ins Heiligenhafen des frühen 15. Jahrhunderts mitzunehmen. Ihre leichte und dadurch sehr angenehme Art des Schreibens verführen den Leser. Der Leser schwebt beinahe sinnbildlich über das Geschehen und wird nicht überhäuft mit schweren emotionalen Tiefgängen, die der Geschichte abträglich wären. Und so konnte ich das Buch kaum mehr aus der Hand legen, musste immer noch ein Kapitel lesen und war am Ende sogar etwas enttäuscht, dass die letzte Seite so schnell gelesen war.


    Die Geschichte selbst lebt durch ihre Spannung. Immer wieder wird der Leser mit neuen Ereignissen und Wendungen überrascht, die dem Geschehen eine gewisse Brisanz geben. Es ist Metzenthin gelungen, scheinbare Offensichtlichkeiten abzuwenden und immer wieder neue Wege aufzuzeigen, insbesondere dann, wenn es um das Lüften des Geheimnisses um Erik geht. Dabei wird der Leser durch die Straßen der mittelalterlichen Hansestädte geführt, was mir besonders gefallen hat. Die gut recherchierte Historie gerade von Heiligenhafen hat mich so Einiges über die Geschichte Norddeutschlands erfahren lassen.


    Der Roman lebt aber nicht nur alleine durch die Kulisse. Besonders die Hauptfiguren bleiben dem Leser im Gedächtnis. Erik ist die Sorte Mann, von der wohl so manche Frau träumt. Er ist charmant, witzig, aber hat auch Ecken und Kanten. Sein Gedächtnisverlust nimmt ihn mit, zumal so manches ungewöhnliche Verhalten seinerseits kaum zu erklären ist. Brida wiederum ist eine taffe Frau, die in der von Männern dominierten Welt der Schifffahrt ihren Platz gefunden hat und weiß, wie man mit einem Seefahrer umzugehen hat, immerhin hat sie ja ihren Vater Hinrich, der ihr und vielen anderen ein großes Vorbild ist. Ihn habe ich besonders ins Herz geschlossen, ebenso wie den Schmuggler Kalle, der mir von Anfang an sympathisch war.


    Das ganz Besondere dieses Romans liegt für mich aber Zusammenspiel der Figuren miteinander. So finde ich das Verhältnis zwischen Brida und ihrem Vater Hinrich grandios, ebenso die liebevolle Hinwendung Eriks zu seinem Bruder - soviel mag verraten werden. Sicherlich gibt es auch hier Menschen, die Böses im Schilde führen. Metzenthin versteht es aber, hinter die Fassade zu schauen und zu erklären, warum Menschen in gewissen Situationen eben unverständlich handeln. Hier kommen ihre Erfahrungen als Psychotherapeutin zugute. Und so steht in diesem Roman die Menschlichkeit im Vordergrund, etwas, was heutzutage gerne Mal in Vergessenheit gerät. Lediglich der Umgang Eriks mit Seyfried, einem Trunkenbold Heiligenhafens, konnte ich nicht nachvollziehen, obwohl mir der Verweis Metzenthins auf die damalige Zeit durchaus plausibel
    erscheint, hätte ich mir doch hier - als Philosophin - ein anderes Verhalten erhofft.


    Fazit:

    Ein spannender historischer Roman, der gerade durch seine Leichtigkeit und Menschlichkeit überzeugt, der keiner großen Tragik bedarf, um die Leser zu erreichen, der geschrieben wurde von einer mehr als sympathischen Autorin, die ich im Rahmen einer Leserunde kennenlernen durfte. Ein Roman, den ich einfach nur weiterempfehlen kann.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

  • Danke für Deine Rezension !
    Wenn Dir das gut gefallen hat, kann ich Dir "Die Sündenheilerin" von ihr empfehlen, auch ein Klasse Buch !

  • Hallo :)
    Ich lese sehr gerne historische Romane und habe mir auch diesen nach deiner Rezi auf meine Wunschliste gesetzt. Danke! :flower:
    Wird hier der Charakter, wie in vielen historischen Romanen, in unzählige geschichtliche Ereignisse reingepresst oder ist er in dieser Hinsicht anders? Es richtet sich deiner Rezi nach darauf aus, deswegen fände ich es auch sehr lesenswert. :)

    Bücher müssen schwer sein, weil sie eine Welt in sich tragen.

  • Der geschichtliche Hintergrund ist nur auf einen kleinen Zeitraum begrenzt und überschaubar, aber ganz losgelöst von den geschichtlichen Ereignissen ist der Hauptcharakter Erik nicht. Ich fand es aber nicht übertrieben, denn im Grunde geht es nur um ein Ereignis und um ein sehr begrenztes räumliches Gebiet.
    Wie sehen das die anderen Leser dieses Romans?

  • 1428: Am Strand von Heiligenhafen wird ein Schiffbrüchiger
    angeschwemmt. Man bringt ihn zur Kapitänstochter und Heilerin Brida, die sich
    seiner annimmt. Als er aufwacht, hat er das Gedächtnis verloren, er weiß weder,
    woher er kommt, noch wer er ist. Doch seine ersten Worte sind auf Dänisch.
    Sollte er ein Däne sein? Das wäre fatal, liegt das Land doch gerade im Krieg
    gegen Dänemark. Erik, wie man ihn bald nennt, versucht alles, seine Identität
    herauszufinden und so nach und nach hat er Geistesblitze, die ihm Teile seiner
    Vergangenheit enthüllen. Zwischen Brida und ihm entsteht eine starke Zuneigung,
    doch kann sie ihm trauen?


    Cover und Klappentext könnten einen schnulzigen Liebesroman vermuten lassen,
    doch das ist dieses Buch beileibe nicht. Melanie Metzenthin ist es gelungen,
    eine spannende Liebesgeschichte vor einem weniger bekannten historischen
    Hintergrund zu entwickeln, die zwar vorübergehend etwas an Spannung verliert,
    als „Eriks“ Herkunft aufgedeckt wird, die aber an dieser Stelle nicht endet
    sondern neue Spannung entwickelt, als die Dänen handlungsrelevant ins Spiel
    kommen. Auch liest sich das Buch sehr flüssig, man mag es kaum aus der Hand
    legen.



    Die Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet, besonders gefallen mir Brida und
    ihr Vater. Gerade Brida ruht so in sich selbst, dass das ganze Buch durch sie
    eine wunderbare Harmonie ausstrahlt. Das hat mich sofort gefangen genommen.
    Auch „Erik“ ist ein interessanter Charakter, bei dem man sich, so lange er sein
    Gedächtnis verloren hat, ständig fragt, ist das die echte Persönlichkeit bzw.
    wie wäre er, hätte er den Gedächtnisverlust nicht – und diese Fragen bekommt
    man später zum Teil beantwortet. Seine Ängste und Zweifel während seines
    Gedächtnisverlustes sind sehr gut herausgearbeitet, die Autorin lässt uns hier
    direkt daran teilhaben.


    Gefreut habe ich mich, dass auch die Vitalienbrüder eine Rolle spielen, das ist
    nun einmal ihre Zeit und ihre Gegend, deshalb passen sie auch gut ins Buch. Die
    Bösewichter der Geschichte sind vielleicht etwas zu überzeichnet dargestellt,
    aber so kann man sie (zumindest zwei von ihnen) wenigstens auch richtig
    verabscheuen.


    Im Nachwort erfährt man dann noch, was geschichtlich Fakt ist und, da die
    Autorin Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie ist, auch ein paar Erläuterungen
    zum Thema Gedächtnisverlust.


    Dass das Buch nicht die volle Punktzahl von mir erhält, liegt daran, dass ich
    einige Handlungsstränge nicht ganz nachvollziehen kann und dass das meine
    Lesefreude etwas eingeschränkt hat. Nichtsdestotrotz kann ich das Buch
    empfehlen. Mir selbst hat es auf jeden Fall Lust gemacht, weitere Bücher der
    Autorin zu lesen.



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