Horst Evers: Der König von Berlin

  • Kurzmeinung

    Rincewind66
    Dank des charmanten und knochentrockenen Humors von Horst Evers gefällt mir sogar ein Krimi
  • Klappentext:


    Der Hauptgewinn! Der junge und ehrgeizige Kommissar Lanner aus dem niedersächsischen Cloppenburg wird tatsächlich nach Berlin versetzt. Allerdings erwarten ihn dort Kollegen, die ihn als "Dorfsheriff" schikanieren, eine Bevölkerung ohne den geringsten Respekt und eine Stadt, die ihn mit ihrer anregenden Mischung aus Minderwertigkeitskomplex und Größenwahn in immer neue Bredouillen bringt. Dazu die Leiche eines Mannes, der vor Monaten im Garten seines Mietshauses vergraben wurde, den niemand kannte, in dessen Wohnung man jedoch Unmengen von Bargeld findet. Obendrein ereilt den Chef der größten Schädlingsbekämpfungsfirma ein mysteriöser Tod, und kurz darauf wird Berlin von einer gewaltigen Rattenplage bedroht ...
    Die sich dramatisch entwickelnden Fälle überfordern Lanner bald noch mehr als die Stadt. Zum einzigen Verbündeten wird ausgerechnet ein alter Mitschüler und Feind aus Cloppenburg, der schon vor langer Zeit in Berlin gestrandet ist und als Aushilfskammerjäger arbeitet. Die beiden machen sich an die Enträtselung eines Geheimnisses, das sie sehr viel tiefer in die Abründe und den Organismus Berlins führt, als sie sich das eigentlich gewünscht hätten.


    Der Autor:


    Horst Evers, geboren 1967 in der Nähe von Diepholz in Niedersachsen, studierte Germanistik und Publizistik in Berlin. Er jobbte als Taxifahrer und Eilzusteller bei der Post und gründete 1990 zusammen mit Freunden die Textleseshow "Dr. Seltsams Frühschoppen". Horst Evers ist mehrfach preisgekrönt, u.a. erhielt er den Deutschen Kabarettpreis 2002 und den Deutschen Kleinkunstpreis 2008. Seine Erzählbände "Die Welt ist nicht immer Freitag", "Gefühltes Wissen", "Mein Leben als Suchmaschine" und "Für Eile fehlt mir die Zeit" sind Bestseller. Horst Evers lebt mit seiner Familie in Berlin.


    Krimi, 381 Seiten


    Meine Meinung:


    Wie der Autor stamme auch ich aus Niedersachsen und war schon deshalb neugierig auf das Buch. Aber irgendwie haben wir eine unterschiedliche Auffassung von Humor. Den Sprachwitz habe ich nur als albern empfunden. Wenn gleich zu Beginn der neue Kommissar Lanner aus Niedersachsen mit seinem Kollegen Kolbe von der Spurensicherung aneinandergerät im Gerangel um Kompetenzen, sie sich einen Schlagabtausch liefern, bei dem Kolbe die Oberhand behält und der dann vor sich hinsingend: "Ich freu mich so, ich freu mich so!" davonhüpft, finde ich das nur ziemlich dämlich. Aber im Laufe der Handlung sind die "witzigen" Szenen nicht mehr so ganz brachial und eigentlich ist der Roman auch ganz gut zu lesen. Wenn man die Auffassung des Autors von Humor auch noch teilt, kann es durchaus ein Lesespaß sein.


    Dennoch bleibt es bei allerlei Slapstickeinlagen doch noch ein Kriminalroman. Und man erhält ein sehr gut skizziertes Bild der Stadt Berlin. Der König von Berlin ist derjenige, der es erreicht, die Rattenpopulation in der Stadt gezielt zu steuern und zu seinen Gunsten zu nutzen. Immer wenn die Auftragslage zurückging, gelang es dem Großunternehmer und Chef der Schädlingsbekämpfungsfirma Machallik, die Rattenplage wieder anzuheizen. Aber hinter dieses System von geheimen unterirdischen Flucht- und Ausweichtunneln zu kommen, ist nach dessen Ableben gar nicht so einfach. Und irgendjemand nutzt nun dieses Wissen für seine eigenen Zwecke. Diese scheinen darauf abzuzielen, den bevorstehenden Staatsbesuch des russischen Regierungsoberhauptes zu sabotieren.


    Jedenfalls hat Kommissar Lanner eine ganze Menge um die Ohren und gerät auch noch in Lebensgefahr. Und während er nun eine Zeitlang unabkömmlich ist, muss seine Kollegin Carola Markowitz weitere Ermittlungsarbeit leisten. Insbesondere ist auch noch der Tod eines Ghostwriters zu klären. Dieser hatte anscheinend immer ziemlich viel Bargeld bei sich, was schon mal so einige Begehrlichkeiten wachgerufen haben könnte. Oder sollte er etwa einen Autor oder Verlag erpresst haben, seine Schreibtätigkeit für einige renommierte Bestsellerautoren auffliegen zu lassen?


    Mein Fazit: Guter Schreibstil, aber für meinen Geschmack mit zu vielen Albernheiten durchsetzt. Ein interessanter Plot und damit mal was Neues im Krimisektor ist es dennoch. Und so vergebe ich in meiner Bewertung immerhin noch :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb: . :loool:

    :study: Jeder Tag, an dem ich nicht lesen kann, ist für mich ein verlorener Tag!

    Einmal editiert, zuletzt von birgitk ()

  • Ich mag Horst Evers sehr. Seine Kurzgeschichten sprühen vor Sprachwitz, Humor und Überraschung. Und jetzt hat er einen Krimi geschrieben. Allerdings ist nicht ganz klar, ob ihm das die ganze Zeit klar war. Denn es entsteht immer wieder der Eindruck, eigentlich hätte es doch ein humoristisches Buch werden sollen. Oder andersherum. Auf jeden Fall verliert er sich in diesem Spannungsfeld völlig. Zwischendrin lässt er einige Liebesgeschichten beginnen, kommt aber irgendwie nicht dazu, sie weiter zu spinnen.
    Gegen Ende entscheidet er sich dann dafür, dass es auf jeden Fall ein Krimi werden soll und murkst einen Plot hintendran, der gar nichts mehr mit dem eher bizarren Anfang zu tun hat und sich sogar an mafiöse Strukturen heranwagt, was bestimmt die Tragfähigkeit des Romans weit überschreitet.
    Evers ist und bleibt aber ein Sprachkünstler, insofern ist das Ganz stets recht angenehm wegzulesen und langweilt nicht.
    Wie sagte Harry Rowohlt so schön:"Ein Buch für heiße Tage."