Inhalt (Klappentext):
Jaffy Brown wächst in ärmlichen Verhältnissen auf: Londons Docklands im Jahr 1857 stinken nach Moder und Unrat, sind bevölkert von Matrosen und Huren. Eines Tages begegnet Jaffy einem aus einer Menagerie entlaufenem Tiger, einem herrlichen Geschöpf auf geschmeidigen Pfoten. Eine Begegnung, die in ihm Sehnsucht nach fremden, exotischen Welten und nach der Weite des Meeres weckt. Mit seinem besten Freund Tim heuert er auf einem Walfänger an, der sie auf eine abenteuerliche Reise führt, tief hinein in die Stürme des Indischen Ozeans. Und schließlich an die Grenzen der Welt und ihres Menschseins.
Autorin:
Carol Birch, geboren 1951, hat bereits mehrere Romane veröffentlicht und wurde u.a. mit dem David Higham Award ausgezeichnet. "Der Atem der Welt" wurde ein großer Publikumserfolg in England und stand auf der Shortlist des Man Booker Prize 2011. Birch lebt in Lancaster.
Allgemeines:
393 Seiten
3 Teile
Danksagung, die noch einiges klärt
Meine Meinung u. Bewertung:
Das Cover mit dem herrlichen Tiger und im Hintergrund die alten Schiffe zog mich magisch an. Ich erwartete einen guten historischen Roman, den ich auch vorgefunden habe. Doch da war noch wesentlich mehr, und dieses mehr ist gewaltig.
Der erste Teil des Romans widmet sich der Kindheit von Jaffe und u.a. der Begegnung mit diesem herrlichen Geschöpf, das er in kindlicher Unschuld einfach nur mal streicheln wollte. Das ungewöhnliche Erlebnis sollte sein Leben für immer prägen.
London mit seinen dunklen, schmutzigen Strassen, seinen Gerüchen, seinen Menschen, deren Überlebenskampf und die exotische Menagerie sowie das Kennenlernen von Tim, dem späteren Freund - Carol Birch gelingt es alles sehr lebhaft darzustellen und ließ auf weitere Abenteuer mit den zwei Jungs hoffen.
Der zweite Teil führt nun in die noch unbekannte Welt hinaus. Tim und Jaffe heuern mit dem erfahrenen Dan auf einem Walfänger an. Die erste Berührung mit dem Meer, die Angst, die Einsamkeit, aber auch die Verzückung des Neuen, und das Miteinander mit der Besatzung des Schiffes. Der erste Wal, es kommt ein bisschen Moby Dick Stimmung auf. Und da ist noch der Auftrag, den Dan erhalten hat, für die Menagerie einen Drachen zu finden oder das was Seeleute darunter verstanden. Niemand hatte je zuvor solch ein Wesen gesehen, aber es gab Gerüchte denen man folgen wollte um anschließend reich zurückzukehren. Er wäre die Sensation schlechthin.
Doch das war das Verhängnis mit dem alles Übel begann, wenn man dem weitsichtigen, verrückten Skip glauben durfte.
Es kommt zum Verlust des Schiffes und nun erfahren wir was es heißt der Urgewalt des Meeres ausgesetzt zu sein, wie weit Menschen gehen um zu überleben, was sie ertragen können. Und das hatte ich nun nicht erwartet. Abenteuer, Exotik ja, doch diese Abgründe! Was ich vorher schon als lebhaft, realistisch beschrieb machte hiervor keinen Halt. Allzu drastisch werden die Einzelheiten geschildert, aufpeitschend, aufwühlend, schockierend und doch so verständlich, die Ehrfurcht vor dem Leben.
Das hat eine Frau geschrieben - erstaunlich, hätte ich ohne es zu wissen nie vermutet.
Der dritte Teil behandelt das Thema Schuld und Freundschaft über den Tod hinaus, sehr einfühlsam, und ich möchte es ohne abzuwerten auch sehr weiblich nennen.
Carol Birch hat zwei Herzen in der Brust. Ihre Erzählkunst möchte ich dabei nicht unerwähnt lassen.
Fazit: Ein sehr vielseitiges Buch, das die Liebe zum Reisen und Erforschen genau so befriedigt wie die Sensationsgier, die in jedem von uns steckt, auch wenn manche das nur ungern zugeben. Zart besaitete seien jedoch gewarnt, es gibt brutale Momente, die der Nachtruhe nicht unbedingt förderlich sind.
Von mir gibt es und ein kleines Plus.
Liebe Grüsse
Wirbelwind