Kurzbeschreibung bei amazon
Regentin, Rebellin, Heilige: wer war Elisabeth von Thüringen wirklich?
Sabine Weigands Roman um die berühmteste Frau des deutschen Mittelalters.
Seit ihrer Kindheit ist die junge Adlige Gisa die Vertraute von Elisabeth, der Landgräfin von Thüringen. Sie weiß, wie zerrissen
Elisabeth ist zwischen ihrer Liebe zum machtbewussten Landgrafen Ludwig und ihrer Suche nach einem gottgefälligen, einfachen Leben. Gisa erlebt, wie Elisabeth gegen den Hof aufbegehrt, welche Unruhe ihre Spenden, ihre Fürsorge für die Armen auslöst. Sie sieht auch, wie der jüngere Bruder des Landgrafen mit unzufriedenen Adligen paktiert und sie gegen den Stauferkaiser Friedrich II. aufbringen will. Gisas drückendstes Geheimnis dreht sich um die verbotenen Treffen einer Ketzersekte, die sie belauscht hat. Als Elisabeth 1226 dem fanatischen Inquisitor Konrad von Marburg begegnet und ihr Leben radikal strengsten Glaubensregeln unterwirft, gerät Gisas Welt völlig aus den Fugen. Wie weit kann sie Elisabeth zur Seite stehen, ohne selbst unterzugehen?
Autorin (kopiert bei amazon)
Sabine Weigand stammt aus Franken. Sie ist Historikerin und arbeitet als Ausstellungsplanerin für Museen.
Dokumente aus Nürnberg waren der Ausgangspunkt ihres Romans ›Das Perlenmedaillon‹, das wahre Schicksal einer Osmanin am Hof August des Starken liegt dem Roman ›Die Königsdame‹ zugrunde. In ›Die Seelen im Feuer‹ bilden die Hexenakten von Bamberg die historische Romanvorlage, bei ihrem ersten Roman ›Die Markgräfin‹ war es die reale Geschichte der Plassenburg bei Kulmbach, bei ›Die silberne Burg‹ die Bestallungsurkunde einer jüdischen Ärztin.
Allgemeines
Der neue Roman von Sabine Weigand ist am 9.Oktober 2012 erschienen und hat einen Umfang von 608 Seiten.
Er ist folgendermaßen gegliedert: Prolog (1187, Einblick in die Kindheit des Inquisitors und Kreuzpredigers Konrad von Marburg), drei Hauptteile, die das Leben und Wirken der Heiligen Elisabeth von Thüringen darstellen (ihre Kindheit, ihre Ehe mit dem Landgrafen Ludwig IV, ihre Witwenzeit in Marburg) und ein Epilog (1136 Heiligsprechung ). Außerdem hat die Autorin ein umfangreiches Nachwort, ein Glossar mittelalterlicher Wörter und ein Personenverzeichnis mit Kennzeichnung der realen und fiktiven Figuren angefügt. Im vorderen und hinteren Einband befindet sich eine mittelalterliche Stadtansicht von Marburg.
Persönliche Beurteilung
Im Mittelpunkt dieses Romans steht das Leben der Heiligen Elisabeth von Thüringen (1207 - 1231) vor dem Hintergrund ihrer Zeit, die von Armut und Hungersnot, den Kreuzzügen und neuen religiösen Bewegungen (Katharer) geprägt war. Zeitlebens hat Elisabeth Probleme, ihren Platz im Leben zu finden: inspiriert von Franciscus von Assisi möchte sie am liebsten in der "imitatio Christi" jedem Besitz entsagen und sich ihren Lebensunterhalt erbetteln. Doch für eine ungarische Königstochter und die Ehefrau des Thüringer Landgrafen Ludwig ist ein solches Leben undenkbar. Sie fühlt sich jedoch in ihrem privilegierten Leben unglücklich und versucht, mit ihrem Reichtum den Armen Gutes zu tun. Als es ihr nicht mehr ausreicht, ihren Brautschatz und auch das Geld der landgräflichen Familie zu verschenken, begibt sie sich in ärmlichen Gewändern nach Eisenach, um die Kranken zu pflegen. Durch dieses Verhalten und durch ihre Vorwürfe an die Reichen/Adeligen, dass diese ein Gott nicht gefälliges Leben führen, bringt sie nach und nach nicht nur ihre Familie, sondern auch andere Herrscher gegen sich auf. Besonders ihr Schwager Heinrich Raspe hasst sie, zumal sein Bruder Ludwig, wenn er auf Reisen geht, nicht ihn, sondern seine Frau zur Regentin macht.
Nachdem Ludwig auf dem Kreuzzug ums Leben gekommen ist, münden die Konflikte zwischen Elisabeth und Heinrich in ihren Abschied von der Wartburg. Sie lässt ihre drei Kinder zurück und geht in Begleitung ihrer liebsten Hofdamen/Freundinnen unter der Aufsicht ihres Beichtvaters Konrad von Marburg in dessen Heimat, um dort ein Hospital zu gründen und den Rest ihres kurzen Lebens der Askese und der Krankenpflege zu widmen.
Die Erzählperspektive in "Die Tore des Himmels" wechselt beständig: Teilweise wird aus der Sicht eines allwissenden Erzählers berichtet, teilweise handelt es sich um die Ich-Erzählung der fiktiven Gisa (Gislind von Tenneburg, Elisabeths Gefährtin) und des ebenfalls fiktiven Primus (Sohn einer bitterarmen Familie aus Eisenach). Außerdem sind wieder zeitgenössische Quellen in der Übersetzung aus dem Lateinischen eingestreut.
Gisa hängt sehr an Elisabeth, dennoch betrachtet sie sie mit kritischen Augen und kann sie immer weniger verstehen. Dabei wird die Zerrissenheit von Elisabeths Charakter sehr deutlich. Elisabeth schwankt zwischen Extremen, sie ist gegenüber ihrer Gesellschaftsschicht in der Verweigerung ihrer Repräsentationspflichten sehr durchsetzungsfähig, gibt dagegen aber gegenüber dem sadistischen Konrad von Marburg, der ihr durch die Tore des Himmels zur Heiligkeit verhelfen soll, ihren eigenen Willen komplett auf, lässt sich erniedrigen und schlagen. Sie schwankt auch zwischen der Liebe zu ihrem Mann und den damit verbundenen sinnlichen Genüssen und dem Wunsch nach Keuschheit. In ihrem Wesen wird eine gewisse Egozentrik deutlich, denn sie tut in erster Linie um ihrer eigenen angestrebten Heiligkeit willen und dann erst für die Armen/Kranken Gutes. Im Kontext ihrer Zeit ist ihr Verhalten teilweise nachvollziehbar, aus der Sicht der Gegenwart ist sie jedoch ein Fall für den Therapeuten.
Neben Elisabeths religiöser Entwicklung geht es in diesem Roman auch um die Kreuzzüge und die neuen religiösen Bewegungen der Zeit, die von der Kirche natürlich als ketzerisch gebrandmarkt werden. Die Autorin hat hier Mitglieder der Landgrafenfamilie mit "ketzerischen" Neigungen für die Katharer ausgestattet, dies entspricht jedoch - wie sie im Nachwort erläutert- nicht den historischen Tatsachen.
Die meisten Romanfiguren haben tatsächlich gelebt, die fiktiven Figuren stehen exemplarisch für ihre Schicht. Primus führt das armselige Leben der Unterschicht, Ludwigs Waffenmeister Raimund von Kaulberg ist ebenfalls fiktiv, seine Erlebnisse schildern jedoch realistisch die Lage und Beschwernisse der Kreuzritter.
Wie gewöhnlich ist auch dieses Buch sehr gut recherchiert und besticht durch seinen abwechslungsreichen und fesselnden Erzählstil.
Ich gebe eine uneingeschränkte Leseempfehlung für alle Liebhaber anspruchsvoller historischer Romane, die sich für das deutsche Mittelalter interessieren.