Klappentext:
Motte ist sechzehn Jahre alt, als der Tod an seinem Fenster kratzt. An einem harmlosen Wochenende kurz nach Mitternacht bekommt er eine anonyme E-Mail:
sorry für die schlechte nachricht
aber wenn du aufwachst, wirst du tot sein
wir wollten nur, dass du das weißt
Mieser Scherz, denkt Motte, wird aber dennoch ein wenig nervös und beschließt, die Nacht durchzumachen. Natürlich schläft er ein und natürlich wacht er auf - und fühlt sich wie immer.
Bis darauf, dass sein Herz nicht mehr schlägt. Und dann sind da noch diese zwei Flügel auf seinem Rücken ...
Über den Autor:
Zoran Drvenkar wurde 1967 in Kroatien geboren und zog als Dreijähriger mit seinen Eltern nach Berlin. Seit über 20 Jahren arbeitet er als freier Schriftsteller. Zoran schreibt Romane, Gedichte und Theaterstücke über Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Er wurde für seine Bücher mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet und lebt heute in einer alten Kornmühle in der Nähe von Berlin.
Allgemeines zum Buch:
"Der letzte Engel" umfasst 432 Seiten und gliedert sich in vier Teile mit insgesamt 40 Kapiteln. Abgerundet wird das Buch durch eine Danksagung des Autors. Als Überschrift tragen die Kapitel jeweils den Namen des Charakters, mit dem sich das jeweilige Kapitel hauptsächlich beschäftigt.
In typischer Drvenkar-Manier hat das Buch weder einen festen Erzähler noch eine bestimmte Zeitform. Der Leser muss sich auf einen allwissenden Erzähler sowie einen oder mehrere Ich-Erzähler einstellen, dazu auf Zeitsprünge zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Und auch in diesem Roman mangelt es nicht an einem Erzähler, der den Leser direkt mit "Du" anspricht.
"Der letzte Engel" ist im Oktober 2012 als Hardcover mit Schutzumschlag im cbj Verlag erschienen. Das Cover ist so schlicht wie auffällig.
Meine Meinung zum Buch:
Zu dem Inhalt des Buches lässt sich gar nicht mehr sagen, als der Klappentext schon verrät. Denn dafür ist "Der letzte Engel" einfach ein zu dichter Roman, bei dem alles mit allem zusammenhängt und sich nichts so richtig erklären lässt. Die Tatsache, dass Motte plötzlich mit Flügeln auf dem Rücken aufwacht und keinen Herzschlag mehr spürt, ist nur ein winzig kleiner Teil dieses komplexen Buches, das sich kaum beschreiben lässt. Man muss es einfach erleben.
"Der letzte Engel" ist ein sehr anspruchsvolles Jugendbuch. Es entführt seine Leser auf sehr intelligente Art und Weise in die Welt der Engel und Mythen. Dabei springt der Leser regelmäßig nicht nur zwischen den Zeiten - der Gegenwart und der Vergangenheit - sondern vor allem auch von Charakter zu Charakter. Motte, sein Vater, sein bester Freund, tote Mädchen, Söldner, die Gebrüder Grimm, jeder hat hier seine Rolle zu spielen und trägt zu dem Gesamtwerk bei.
Nicht jede der Figuren wird greifbar. Zwar erfährt man als Leser sehr viel über ihr Leben, insbesondere ihre Vergangenheit. Doch es bleibt eine Distanz, die vor allem durch unbeantwortete Fragen bestehen bleibt. Es wird stellenweise einfach nicht klar, was die Figuren antreibt, wie sie in das Gesamtgefüge passen und was ihre Aufgabe ist.
Man muss sich definitiv auf dieses Buch einlassen können. Und vor allem muss man sehr aufmerksam und konzentriert lesen. Denn Zoran Drvenkar nimmt seine Leser nicht an die Hand und führt sie erklärend durch das Buch. Das kennt man von ihm so ja auch gar nicht. Sondern er lässt seine Charaktere einfach los, lässt sie leben und handeln. Was der Leser daraus macht, ist am Ende sein ganz eigenes Problem. Das Buch kann schnell überfordern und verwirren, schnell kann es an hilfreichen Erklärungen mangeln. Aber so ist Zoran Drvenkar eben.
Realität und Fantasie vermischen sich in diesem Buch auf eine sehr gekonnte Art und Weise - der Übergang ist oft fließend. Gerade noch befand man sich zusammen mit Motte in der Gegenwart, schon kämpft man plötzlich Seite an Seite mit einer mächtigen Königin. "Der letzte Engel" lebt von den Sprüngen in die Vergangenheit, bei denen der Leser von einer Sekunde auf die andere an den Erinnerungen der Charaktere teilhat, sie ausfüllt und erlebt.
Die Engel in diesem Buch haben nichts mit den biblischen Figuren gemein. Im Gegenteil: Sie kämpfen mit Schwertern und lassen Blut fließen. An ihnen ist nichts Kitschiges oder Erhabenes zu finden. Und nicht alle von ihnen haben Flügel.
Bei aller Dramatik und Ernsthaftigkeit mangelt es dem Buch jedoch nicht an einem gesunden Humor. Zum Gück, denn der führt an so mancher Stelle aus der bedrückenden Düsternis, die das Buch umgibt. Zoran Drvenkar spielt nicht nur mit Worten, sondern auch mit seinen Lesern. Als solcher bleibt man nach Beenden des Buches etwas hilflos und überfordert zurück und kann nur hoffen, dass sich in einem nächsten Band endlich Antworten finden lassen.
Mein Fazit:
Ein sehr mystisches und intelligentes Buch, das von seinen Lesern höchste Konzentration und Aufmerksamkeit verlangt.