Inhalt (Cover):
Großstadtleben in Zeiten der Finanzkrise: Jedes Haus in der Pepys Road im Süden Londons hat viel Glück, Liebe und Leid gesehen. Anhand der Leben der Bewohner dieser mehr oder weniger normalen Straße zeichnet John Lanchester ein hochaktuelles Panorama unserer Gegenwart.
Autor:
John Lanchester, geboren 1967 in Hamburg, wuchs im Fernen Osten auf und war nach seiner Ausbildung in England als Lektor beim Verlag Penguin Books tätig, ehe er Redakteur der"London Review of Books" wurde. Daneben arbeitete er für zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften sowie als Restaurantkritiker und Kolumnist.
Allgemeines:
882 Seiten
107 Kapitel in 4 Teilen
Inhalt, Meinung u. Bewertung:
Inhalt und Meinung:
Geld regiert die Welt und macht auch vor der Pepys Road in London nicht halt. Früher wohnten hier Leute der Mittelklasse, die es zu bescheidenem Wohlstand gebracht hatten. Inzwischen ist die zweiundachtzigjährige Petunia Howe die einzigste Bewohnerin, die schon hier geboren wurde. Ihr Vater hat das Haus gekauft als es erst auf dem Reißbrett zu finden war. In diesem Haus hat sie mit ihrem Mann Albert gelebt und die beiden Kinder groß gezogen. Nun ist Albert schon lange tot, die Kinder erwachsen und der Enkel steht auch schon auf eigenen Füßen. Die Nachbarschaft hat sich verändert. Das Viertel wird auf dem Immobilienmarkt hoch gehandelt, der Arbeiter- und Mittelklasse folgten Millionäre, die alle etwas zur Verschönerung der Häuser beitragen. Es wird aufgestockt, erweitert, angebaut, erneuert und repariert. Wer sich hier ein Haus leisten kann, ist jemand.
Gegenüber wohnt der erfolgreiche Banker Roger Yount mit seiner Familie nach dem Motto noch luxuriöser, noch teurer, noch besser. Da steckt man schnell in der Krise, wenn die erwartete 1 Millionen Pfund Jahresprämie nicht bezahlt wird.
Da lebt die senegalesische Fußballhoffnung Freddy Kamo mit seinem Vater, der pakistanische Kioskbesitzer mit Familie und im Gemeinschaftshaus die Nigerianerin, die eigentlich keine Arbeitserlaubnis hat und trotzdem als Politesse arbeitet. Hier gehen Handwerker wie der Pole Zbigniew ein und aus, verrichten Kindermädchen wie die Ungarin Matya ihr Tagewerk bis eines Tages merkwürdige Karten in den Briefkästen liegen: "Wir wollen, was ihr habt".
Zunächst zur Seite gelegt, um dann doch als unheimlich registriert zu werden.
John Lanchester beschreibt die Bewohner und deren Schicksale, ihren Überfluß, ihre Macht, ihre Gier, ihren Hass, ihre Stärken und ihre Schwächen mit viel Mitgefühl und Einfühlungsvermögen, aber auch mit dem Spiegel in der Hand, deckt auf und zeigt mit dem Finger auf die Wunde. Man stimmt zu, nimmt Anteil, verinnerlicht, verurteilt und hat Verständnis, kurz man wird zum beobachtenden Mitbewohner dieser Strasse, liest mit Spaß und Freude.
Der Roman ist hochaktuell und fesselnd. Wer allerdings dem Satz "Wir wollen, was ihr habt" zu viel Bedeutung beimisst, wird viel Geduld haben müssen. Die Lösung ist eher ein Mosaiksteinchen im Ganzen und nicht der Mittelpunkt, auch wenn es zunächst den Eindruck macht. Der Autor zeigt sich als brillanter Erzähler, guter Beobachter, der sich jedoch auch die Zeit lässt alles genau zu durchleuchten, seine Charaktere zu schaffen. Ein Personenregister im Anschluß wäre besonders am Anfang nützlich gewesen!
Fazit: Ein schöner Roman über die Laster der modernen Zeit.
Liebe Grüsse
Wirbelwind