Alison McGhee: Ich lebe, lebe, lebe

  • Die Autorin:
    Alison McGhee ist Autorin etlicher hochgerühmter und ausgezeichneter Romane für Erwachsene, Kinder und Jugendliche. Ihre Bücher finden sich regelmäßig auf der New York Times-Bestsellerliste. Alison McGhee lebt mit ihrer Familie in Minneapolis, Minnesota. (Quelle: amazon.de)


    Klappentext:
    Eine Winternacht in den Bergen, eine vereiste Kurve, ein blauer Truck... immer und immer wieder durchlebt Rose den Unfall, bei dem ihre ältere Schwester Ivy schwer verletzt wurde und ins Koma fiel. Rose sucht nach Hilfe: bei ihrer verschlossenen Mutter, bei wechselnden Jungenbekanntschaften. Doch was sie wirklich braucht, ist etwas anderes, etwas, was nur sie elbst sich geben kann.


    Inhalt:
    Ivy ist immer die lebenslustigere der beiden Schwestern gewesen. Während Rose das Leben nicht immer leicht nimmt, sich selbst in Verzicht übt und ihre Forschungsprojekte für die Schule ernsthaft verfolgt, ist es Ivy, die sich nachts heimlich mit ihrem Freund trifft, die das Leben auskosten will, Spaß hat.
    Und dann kommt der Abend, der alles verändert: als die beiden Schwestern zusammen auf einer Landstraße im Auto unterwegs sind, verliert der junge Fahrer des Trucks, der ihnen entgegenkommt, die Kontrolle über das Fahrzeug – der Zusammenstoß ist heftig und während Roses Verletzungen bald heilen, liegt Ivy seitdem im Koma. Sie wird beatmet, ihr Körper kann nichts mehr allein.
    Irgendwo in diesem Körper muss Ivy sein, glaubt Rose. Und so sitzt sie jeden Tag nach der Schule bis zum Abend am Bett ihrer Schwester im Pflegeheim und liest Ivy vor. Was bedeutet schon, dass die Ärzte glauben, Ivy könne sie nicht mehr hören? Woher wollen sie das wissen? Rose jedenfalls ist nicht bereit, Ivy aufzugeben. Schließlich kümmert sich keiner außer ihr und William T., dem väterlichen Freund der Mädchen, wirklich um Ivy. Wo sind alle anderen? Warum sitzen sie nicht bei ihrer Schwester am Bett?
    Rose kann den Unfall nicht verarbeiten. Alles will sie dafür geben, dass Ivy wieder aufwacht. Alles. Und doch nützt es nichts. Und während Rose am Bett ihrer Schwester zu vergessen droht, dass ihr eigenes Leben weitergeht, versuchen ihr Freund Tom und William T. ihr zu zeigen, dass sie genau das tun muss: Leben. Egal, wie schwer es ist.


    Meine Meinung:
    “Ich lebe, lebe, lebe” ist eines dieser Bücher, die einen beim Lesen wirklich berühren. Rose ist eine Erzählerin, in die man sich sehr gut einfühlen kann, auch wenn man hoffentlich niemals in ihre Situation kommt. Sie ist von Alison McGhee sehr liebevoll gezeichnet worden und wirkt absolut authentisch. Rose will stark sein für ihre Schwester, opfert sich auf und sitzt jeden Tag am Krankenbett, ist aber in Wirklichkeit natürlich völlig überfordert von all dem Schmerz, den sie ertragen muss, und der ihr den Boden unter den Füßen wegzieht. Ihre Versuche, dem Schmerz zu entkommen, sind zum Scheitern verurteilt, machen alles nur noch schlimmer. Rose ist genau wie Ivy seit dem Unfall gefangen, und sie kann nicht akzeptieren, dass ihr Leben sich so sehr verändert hat, dass sie aber eben noch lebt – und dieses Leben aktiv gestalten sollte. Dass Roses Mutter unter Depressionen leidet und deswegen erst recht keine Stütze für das Mädchen ist, macht die Situation nur noch schlimmer – und man wünscht sich für Rose sehr, dass sie endlich erkennt, dass es trotzdem in ihrer Umgebung Menschen gibt, denen sie sich öffnen könnte.
    Der Roman geht sehr einfühlsam mit dem Thema um. Auch die Frage, ob man Ivys Geräte abschalten und sie sterben lassen sollte, wird mehrfach aufgeworfen; hier zeigt McGhee sehr deutlich auf, wie schwierig das Thema ist und wie gerade das Loslassen eines geliebten Menschen die Familie und Freunde an den Rand der Belastbarkeit bringt.
    Sprachlich ist der Roman sehr schön geschrieben. Es ist ein Buch, das sich leise anfühlt, traurig, aber manchmal auch voller schöner Erinnerungen, die Rose an Ivy hat. Sie als Ich-Erzählerin ist von McGhee gut gewählt, denn als Leser wird man hautnah in Roses Gedankenwelt geführt, und immer wieder wird man Zeuge des Unfalls, denn genau diese Szene spielt sich immer wieder in ihren Gedanken ab. Oft kreisen ihre Erinnerungen um dieselben Szenen, trotzdem hat man beim Lesen nicht das gelangweilte Gefühl, alles würde sich wiederholen – es ist mehr, als würde man wirklich einem unglücklichen Menschen zuhören, der gerade das Gefühl hat, alles zu verlieren, und der immer wieder zu verarbeiten versucht, was geschehen ist. Dieses Gefühl wird bon der Autorin bewusst dadurch verstärkt, dass Rose den Leser oft anspricht und ihm explizit erzählt, was er sehen könnte, wenn er jetzt an diesem oder jenem Ort wäre.
    “Ich lebe, lebe, lebe” ist ein Buch, das mich wirklich berührt hat und eines von denen, die nach dem Lesen noch eine ganze Weile nachklingen.
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  • "Die Erde hätte aufhören müssen, sich zu drehen. Doch das tat sie nicht."


    Alison McGhee erzählt in ihrem Roman "Ich lebe, lebe, lebe" die anrührende Geschichte von Rose, die einen schweren Verkehrsunfall glimpflich überstanden hat, ihre ältere Schwester Ivy hingegen liegt im Koma, aus dem sie wohl nie wieder erwachen wird. Täglich besucht Rose ihre Schwester im Pflegeheim. Die Welt, die sie umgibt, ist nicht mehr die gleiche wie vor dem Unfall. Rose fühlt die Blicke ihrer Mitmenschen auf sich ruhen und hört, wie von ihrer Schwester als "lebendige Leiche" gesprochen wird. Der Stil der Autorin hat mir gut gefallen. Sie fasst ein schweres Thema auf sehr einfühlsame, metapherreiche und philosophische Weise an. Dabei ist das Buch leicht zu lesen und gleitet nicht ins Pathetische oder Sentimentale ab.


    Sehr gelungen fand ich die häufigen Wiederholungen der Unfallszene als Stilmittel. Das spiegelte sehr deutlich wieder, wie sich Rose' Gedanken im Kreis drehten. Sie hat bis auf ihren Nachbarn, der sich rührend um das Mädchen kümmert, und später dann Tom niemanden, der ihr helfen konnte, sie aus ihrem tiefen Loch, in das sie gefallen war, zu befreien. Auch bei der Mutter findet sie keinen Halt. Rose als Protagonistin ist gut charakterisiert, obwohl es mir schwer fiel, zu ihr wirkliche Nähe aufzubauen. Die anderen Figuren im Roman blieben mir sehr fremd, sie waren nur flüchtig gezeichnet. Das fand ich sehr schade, aber vielleicht boten die gut 150 Seiten nicht genügend Raum dafür.
    Dieser Roman ist als Jugendroman für die Altersgruppe 14 - 17 Jahre deklariert, ist aber vom Thema, vom Anspruch und vom Schreibstil her auch für ältere Junggebliebene empfehlenswert.


    Sehr interessant fand ich die inneren Betrachtungen Roses darüber, was sie alles hergeben würde, um ihre Schwester aus dem Koma zu holen. Alles! Wirklich Alles?


    Alison McGhee erzählt in ihrem Roman von Liebe, Verlust und Loslassen. Es ist ein Buch, das ein wenig traurig und nachdenklich stimmt und mit einer eindeutigen Botschaft versehen ist. Wer Romane über schwere Familienschicksale mag, wird mit diesem gut beraten sein.

  • Roses ältere Schwester Ivy liegt im Koma. Bei einem verheerenden Unfall auf einer vereisten Straße wurde Ivy schwer verletzt und die Ärzte geben keine Hoffnung.
    Rose sucht verzweifelt nach Hilfe. Ihre Mutter ist verschlossen und mehr mit sich selbst beschäftigt. Diverse Jungenbekanntschaften können Rose auch nicht das geben, was sie sucht.
    Denn das kann sie nur bei sich selbst finden.
    „Ich lebe lebe lebe“ von Alison McGhee ist schwer in Worte zu fassen.
    Einfühlsam wird Roses Geschichte erzählt. Es ist eine Geschichte voll von Trauer, Verwirrung und Verlorenheit und Roses Schicksal hat mich sehr berührt.
    Ihr Verlust wird durch ständige Wiederholungen des Unfalls noch eindringlicher.
    Sprachlich ist der Roman auch erstklassig. Mit wunderschönen Phrasen, die auch über das eigene Leben und einen möglichen plötzlichen Verlust nachdenken lassen, geben dem Buch noch die nötige Tiefe.
    Für mich ist es ein Buch, das ich schwer beschreiben kann. Wunderschön, facettenreich und mitreißend. Einfühlsam, nachdenklich machend und tief berührend.
    Einfach lesenswert!


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