Rhoda Janzen: Fix und forty

  • Die Autorin:
    Rhoda Janzen wuchs in Kalifornien als Tochter eines Pastors auf und arbeitet heute als Dozentin für Englisch und Kreatives Schreiben. Sie ist Autorin zahlreicher Gedichte, die in ihrem Band »Babel´s Stair« sowie in renommierten Fachzeitschriften und Zeitungen erschienen. Mit ihrem Roman »Fix und Forty« stand sie 33 Wochen auf der amerikanischen Bestsellerliste und löste in der Presse eine Welle der Begeisterung aus. (amazon.de)


    Klappentext:
    Als sie mit 42 in die Wechseljahre kommt und ihr Mann wenig später auf Gay.com seine große Liebe findet, beschließt Rhoda Janzen, wieder nach Hause zu ziehen: zu einer Mutter, der kein Gesprächsthema zu intim ist, und einem Vater, der als Pastor arbeitet und neben Jesus auch den Erfinder des Seniorenrabatts preist. Eine selbstironische Liebeserklärung an die Heimat – von einer, die auszog, um wieder einzuziehen.


    Inhalt:
    Rhoda Janzens Familie gehört zu den Mennoniten, einer christlichen Glaubensform, die häufig mit den Amish verwechselt wird. Die Mennoniten haben sehr strenge Glaubens- und Verhaltensregeln und Rhoda wächst in einer Welt auf, in der sie mit ihren langen Röcken, den uncoolen Hosen (in Jeans kann man Gott nicht lobpreisen) und mit den streng geflochtenen Zöpfen hebt sie sich einfach schon rein äußerlich sehr von den anderen Kindern in der Schule ab.
    Als Erwachsene entflieht Rhoda dieser Welt, studiert Literaturwissenschaften und bekommt gute Anstellungen, macht sich einen Namen und ist erfolgreich. Als sie heiratet, behält sie (zum Entsetzen der Gemeinde) ihren Familiennamen und sie bleibt kinderlos. Sechzehn Jahre ist sie mit Nick verheiratet und geht mit ihm durch gute und sehr schlechte Zeiten – und dann verlässt Nick sie für einen Mann, den er auf gay.com kennengelernt hat. Rhoda ist entsetzt – und als sie kurz nach dieser schmerzhaften Trennung einen schweren Unfall hat, fällt sie eine Entscheidung: um sich von alledem zu erholen, was ihr widerfahren ist, wird sie zu ihrer Familie zurückkehren.
    Und so taucht Rhoda mit Anfang 40 wieder ein in die Welt der Mennoniten, wo Borscht als Delikatesse gilt, Rhodas Rosinenabneigung wieder auflebt und wo Kohl wesentlicher Bestandteil der meisten Mahlzeiten ist. Hier akzeptiert man Rhoda, obwohl sie eine erfolgreiche und unabhängige Frau ist, weil sie eben doch ein gutes Herz hat und weil Rhoda selbst feststellen muss, dass man seinen Wurzeln einfach nur bis zu einem gewissen Grad entkommen kann. Zu McDonald’s gehen ist gerade noch in Ordnung – aber man muss vor dem Essen beten und man bestellt auf keinen Fall den teuersten Burger, den es dort gibt. Musik hören ist okay – so lange die Musik christlich ist. Nur tanzen, tanzen darf man auf gar keinen Fall – denn Tanzen führt zu Sex.
    So fremd ihr die Welt ihrer Familie auch einerseits ist, so vertraut ist sie Rhoda Janzen auch. Und deswegen ist die alte Heimat vielleicht genau der richtige Ort, um neue Kraft zu schöpfen.


    Meine Meinung:
    Verlassen zu werden ist schmerzhaft und schrecklich, und das weiß jeder, dem das schon mal geschehen ist. Dass Janzens Ehemann aber Bilder von seinen Genitalien auf gay.com veröffentlicht und sie bald darauf für einen Typen namens Bob verlassen hat, ist schon irgendwie besonders bitter. Dass die Autorin diese Demütigung noch nicht ganz weggesteckt hat, wird durch viele ihrer zynischen Kommentare deutlich, und insgesamt macht einen großen Pluspunkt des Buches aus, dass der Erzählstil sehr amüsant, bissig, manchmal sarkastisch und oft lustig ist. Rhoda Janzen rechnet ab – mit ihrer Ehe, ihrer Kindheit, ihrer Familie, mit allem. Doch trotzdem hatte ich beim Lesen nicht das Gefühl, dass sie das alles böse meint oder in den Dreck ziehen will. Dass es nicht einfach war, ein “Sektenkind” zu sein, wie ihre Mitschülerinnen Janzen und ihre Geschwister oft bezeichneten, kann sich vermutlich jeder vorstellen. Dass es gut ist, dass sie trotzdem ihren Weg ging und sich nicht unterkriegen ließ, ist schon auch bewundernswert. Und es ist auch tröstlich, dass eine so gläubige Familie, in der sehr konservative Werte gelten, die Tochter dann einfach wieder aufnimmt und ihr hilft, wieder in die Zukunft zu schauen.
    Mit ihrem Buch macht Rhoda Janzen auf jeden Fall deutlich, wie wichtig Familie ist – egal, wie verrückt diese vielleicht auch nach außen hin scheinen kann. Das hat mir gut gefallen.
    Die Episoden sind nett und unterhaltsam zu lesen, und das macht “Fix und forty” zu einer durchaus lohnenswerten Lektüre, auch wenn ich eigentlich lieber Bücher mit einem roten Faden und strukturierter Handlung als Episoden lese.
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