Dörthe Binkert: Brombeersommer

  • Die Autorin:
    Dörthe Binkert, geboren in Hagen/Westfalen, wuchs in Frankfurt am Main auf und studierte dort Germanistik, Kunstgeschichte und Politikwissenschaft. Nach ihrer Promotion hat sie viele Jahre für große deutsche Publikumsverlage gearbeitet. Seit 2007 ist sie freie Autorin und lebt in Zürich. (amazon.de)


    Klappentext:
    "Was ist wichtiger?", fragt Karl. "Die Freundschaft oder die Liebe?"
    "Dumme Frage. Beides. Die Liebe", antwortet Viola.
    Zwei Männer und eine Frau. Sie kennen sich von Kindesbeinen an. Sie sind die besten Freunde. Die Sache hat nur einen Haken...
    Eine bittersüße Liebesgeschichte aus den fünfziger Jahren über den Neuanfang nach dem Krieg und den Wert der Freundschaft in schwierigen Zeiten.


    Inhalt:
    Karl und Theo sind schon immer Freunde gewesen, und in der Küche von Karls Familie haben sie als Kinder manche schöne Stunde verbracht, auch mit Karls kleiner Schwester Marie und deren Freundin Viola, dem “Storchenbein”. Als Karl und Theo sich nach dem Krieg wiedersehen, erscheint ihnen dies wie Vorsehung – sie haben überlebt und sie dürfen ihre Freundschaft wieder aufleben lassen.
    Das Leben ist nicht einfach – es gibt kaum Nahrungsmittel, die Städte liegen in Schutt und Asche, die Menschen haben allesamt schwere Traumata erlitten, Verwandte und Freunde verloren, und auch politisch ist nicht alles so einfach, wie es die Besatzer gern hätten.
    In dieser Zeit eine Ehe zu schließen, das wird vom Staat gern gesehen. Familien bekommen Zuschüsse, Deutschland braucht Nachwuchs. Und so heiratet Karl seine Freundin Edith, auch wenn die beiden nicht rundum glücklich werden. Edith ist fern ihrer alten Heimat unzufrieden, hat Pläne für ihre Zukunft gehabt, die sie nun nicht mehr umsetzen kann. Sie kann es kaum ertragen, dass der Krieg und ihre Ehe sie in eine Situation gebracht haben, in der sie “nur” Hausfrau sein soll – das alles reicht ihr nicht. Karl spürt, dass seine Frau unzufrieden ist, aber er weiß nicht, was er tun soll. Edith scheint ihm so kompliziert – ganz anders als die lebensfrohe Viola, die wieder in Theos und sein Leben getreten ist. Viola weiß, was sie will, ist unkonventionell und fröhlich. Zu viert verleben die Freunde schöne Stunden und schlagen sich tapfer durch eine schwere Zeit. Doch spätestens als Theo beschließt, Viola einen Heiratsantrag zu machen, stellt Karl fest, dass er für das “Storchenbein” von einst tiefere Gefühle hat, als er ahnte…


    Meine Meinung:
    “Brombeersommer” ist ein Roman, der es schafft, “schön” zu sein, obwohl er unkitschig ist und obwohl er die Nachkriegszeit – so weit ich das beurteilen kann – nicht romantisch verklärt. Dörthe Binkert macht deutlich, wie der Krieg die Menschen veränderte und wie schwer es war, im Deutschland nach dem Krieg seinen Weg zu gehen und dabei Freundschaften zu erhalten und Beziehungen zu pflegen, obwohl nichts mehr so ist, wie es mal war. Ich fand, dass es der Autorin sehr gut gelungen ist, die vier Freunde mit ihren unterschiedlichen Vorstellungen und Fähigkeiten darzustellen. Ich mochte jeden auf seine Art und konnte vor allem Viola und Edith gut verstehen, die sich in einer Zeit, in der viele Menschen Halt in konservativen Werten und Rollenbildern suchten, sich ihre Unabhängigkeit bewahren wollen.
    Die Handlung stellt nicht unbedingt die Liebesgeschichte eines der Paare in den Vordergrund, was ich nach dem Lesen des Klappentextes (“Zwei Männer und eine Frau… Eine bittersüße Liebesgeschichte…”) gedacht hatte. Natürlich geht es auch um Liebe, darum, das Glück zu finden und den Menschen, mit dem man es schafft, trotz allem, was man erlebt hat, unbeschwert und glücklich zu sein, doch wer hier einen Liebesroman erwartet, dürfte enttäuscht sein; “Brombeersommer” ist mehr als das.
    Den Titel des Romans finde ich unheimlich schön, aber nicht unbedingt passend. Brombeeren kommen überhaupt nur in einer Szene vor (wenn auch in einer wichtigen), aber Titel und Klappentext lassen eben auf eine leichte Sommerromanze schließen und Dörthe Binkert kann eindeutig mehr als das. Mit ihr zusammen bin ich gern ins Nachkriegsdeutschland gereist und habe erlebt, wie Karl und Theo sich ihr Leben neu aufbauen und versuchen, ihren Weg zu gehen, auch wenn es nicht immer einfach ist. Mit ihnen zusammen habe ich Tomaten mit Fleischsalatfüllung gegessen und mich über Ananas in Dosen gefreut, Wein vom Schwarzmarkt getrunken und einen herrlichen Urlaub in Italien gemacht.
    Ein Roman, wie er sein sollte – und weit mehr als nur eine Liebesgeschichte.
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