Sebastian Junger - War.Ein Jahr im Krieg

  • Originaltitel War
    Originalverlag Twelve, aus dem Amerikanischen von Teja Schwaner


    Verlagstext
    Als Korrespondent der „Vanity Fair” lebte Sebastian Junger über einen Zeitraum von insgesamt 15 Monaten zusammen mit einer Einheit von US-Soldaten im Korengal-Tal in Afghanistan, einem erbittert umkämpften Gebiet nahe der Grenze zu Pakistan. Die Angst. Das Töten. Die Liebe. Dies sind die drei Gewalten, die der Reporter erlebte, während er zusammen mit einer Gruppe junger Menschen den Alltag in einem hoch gefährdeten Außenposten zu meistern versuchte – einer umzäunten Ansammlung spärlich geschützter Bretterbuden auf einer einsamen, unwirtlichen Anhöhe im Nirgendwo. Die Angst, den nächsten Angriff, die nächste Patrouille, die nächste Nacht nicht zu überleben. Die Gewissheit, getötete Freunde, Zivilisten und Feinde sehen zu müssen, bevor die Dienstzeit im Krieg zu Ende geht und die Rückkehr in die Zivilisation verarbeitet werden will. Die Kraft, die daraus erwächst, bei jedem Schritt und jedem Handgriff Verantwortung für das Leben der anderen zu tragen.


    Sebastian Junger macht deutlich, dass er nicht an Abstraktionen wie Religion, Politik oder militärischer Strategie interessiert ist, sondern daran, wie das Gesicht des Kriegs von heute aussieht. Als einer der angesehensten Journalisten und meistverkauften Buchautoren beweist Junger, dass er weit über die Grenzen dessen geht, was als „embedded” gilt. Nur zwei Dinge durfte er nicht tun zurückschießen und im Weg stehen. Was »War« über Ort und Zeit dabei so erhaben macht, sind Jungers Ausführungen über die physischen und psychischen Extreme eines Lebens unter Beschuss und über die Gedanken und Gefühle der Soldaten. Ausgeliefert, unvorbereitet, einsam. Abhängig von der Geistesgegenwart des Nebenmanns, allein mit den traumatisierenden Erfahrungen, ohne Perspektive auf ein normales Leben nach dem Einsatz.


    Ein brillanter, eindringlicher und persönlicher Mitschnitt aus dem Krieg im 21. Jahrhundert.


    weiteres
    Der bekannte und erfolgreiche US Journalist Sebastian Junger (The Perfect Sorm, dt. Der Sturm) besuchte in den Jahren 2007 und 2008 mehrfach für insgesamt 15 Monate eine Einheit der US Armee auf einem Außenposten im Korengal Tal im Osten Afghanistans, nahe der Pakistanischen Grenze. Einige Male wurde er dabei vom renommierten Kameramann Tim Hetherington begleitet.


    Er lebte mit und unter den Soldaten, begleitet sie auf ihren, teilweise nächtlichen, Kommandos und gerät wie sie unter Beschuss. Die kleine, hochgerüstete Kompanie des Außenpostens soll in dem schmalen, kargen Tal Nachschubwege der Taliban stören. Einige dieser Männer beschreibt Junger immer wieder und zeichnet ihre Gespräche untereinander auf. Es sind sehr junge Soldaten, gut ausgebildet, unterstützt von allerhand Spezialkräften und bei Bedarf von einer ganzen Armada von Kriegsgerät, Hubschraubern und Bombern.


    Auf keine Region in Afghanistan haben die US Streitkräfte mehr Bomben abgeworfen. In keinem Posten wurden mehr Gefechte geführt. Und das tägliche Leben und Überleben, die Langeweile, die Heckenscharfschützen, die Vorbereitungen auf Kommandos und Kämpfe und die Kämpfe selbst schildert Junger penibel genau, immer nahe dran an den beteiligten US Soldaten.


    eigene Einschätzung
    Ein Satz aus einer Amazon-Rezension trifft das Wesen dieses Berichts wie der sprichwörtliche Nagel den Kopf: "Kein Gedanke über die Knarre hinaus."

    Wer sich - wie ich - erhofft, politisch-gesellschaftliche oder gar historische Hintergründe und Zusammenhänge zum Afghanistankrieg zu erhalten, muss schnell feststellen: das interessiert Junger nicht die Bohne. Er will die jungen US Boys in ihrer grässlichen Situation sezieren, aber nicht moralisch, sondern emotional.


    Und so wird dieser Bericht eine unverblümte Huldigung an die tapferen, nur ihre Befehle ausführenden Jungs, nicht frei davon, Probleme aufzuführen (so z.B. die "Sucht" entfachende Sogwirkung von Gefechten), aber eigentlich gänzlich unkritisch, unpolitisch und weitestgehend unreflektiert. So nah uns dabei die US Soldaten gebracht werden, so fern, fast inexistent bleiben die Einheimischen, der Feind, die Taliban und sogar die unter den brutalen Bombardements leidende Zivilbevölkerung.


    Für wen also ist dieser Bericht überhaupt?
    Ich schätze, es ergötzen sich US Kriegsveteranen, Afghanische Kriegsteilnehmer und vor allem Waffennarren. Denn noch nie ist mir eine derart überbordende Waffen-, Kaliber- und Munitionsbeschreibung untergekommen. Abkürzungen, Wirkungsgrade, Gewichte und noch mehr - für mich, der nicht einmal soldatische Dienstgrade hinreichend unterscheiden kann, ein wahres Höllenarsenal, an dem ich angesichts der Fülle an Informationen sofort die Übersicht und jedes Interesse verloren habe.


    Eines habe ich aber aus diesem fürchterlichen (auch langweiligen, weil in seiner Unübersichtlichkeit konfusen) Bericht als Erfahrung ziehen können: Angesichts dieser verachtenden Kriegsmaschinerie kann ich die Afghanen jetzt vollständig verstehen, wenn sie jeden (noch so vermeintlich gutmeinenden) Besatzer hassen, das galt für die Sowjets, gilt für die USA und dürfte auch für die deutschen Helfer gelten.


    Und ich frage mich mehr denn je, was hat "der Westen" da zu suchen? Hilfe für die afghanische Bevölkerung wohl kaum, angesichts der blasphemisch betitelten "Kollateralschäden" an Frauen, Kindern, an den armen Bewohnern, den Einheimischen.


    Nachtrag
    Zusammen mit den britischen Fotografen und Kameramann Tim Hetherington produzierte Junger eine Dokumentation seiner 15 monatigen Erfahrungen mit der Kompanie im Korengal Tal: "Restrepo", der 2011 als bester Dokumentarfilm für den Oskar nominiert war.


    Tim Hetherington stark durch Granatenbeschuss im April 2011 in Misrata während seiners Kriegsberichterstattereinsatzes während des Bürgerkriegs in Libyien.


    Der noch recht junge Blessing Verlag (1996), in dem die Erstausgabe von WAR erschien, bietet einige Infos zu dem Buch, im Internetz leicht zu finden.
    Alle grösseren dt. Zeitungen haben dem Buch eine Rezension gewidmet.


    **danke**

    Es gibt keine grössere Einsamkeit als die des Samurai. Es sei denn die des Tigers im Dschungel

  • Vielen dank für Deine aufschlussreiche Rezi :applause:
    Nun hat sich mein interesse an diesem Buch doch sehr gelegt, und ich werde es mir höchstwarscheinlich nicht ausleihen zum lesen :-k

    Ein Freund ist ein Mensch, der mich so nimmt wie ich bin -
    und nicht so,
    wie er am wenigsten Schwierigkeit mit mir hat!!