Tereza Vanek - Das Geheimnis der Jaderinge

  • Inhalt: (Quelle: Verlagsinfo)


    Die verarmte Hamburger Reederstochter Viktoria Virchow kommt im Jahr 1882 nach Shanghai, um dort ihr Auskommen als Gesellschafterin zu suchen. Durch ihre Arbeitgeberin, eine alte britische Lady, stößt sie auf ein dunkles Familiengeheimnis. Ein grüner Jadering und ein chinesisches Schriftstück aus Zeiten des Taiping-Aufstands geben ihr Rätsel auf. Gemeinsam mit dem chinesischen Akrobaten Jinzi versucht sie, das Geheimnis zu lüften. Die Spurensuche bringt die Deutsche und den Chinesen in Lebensgefahr.



    Inhalt in eigenen Worten:


    Für Viktoria Virchow sieht die Zukunft am 13. August 1859 wahrhaft rosig aus. Sie feiert ihren 20. Geburtstag, liebt ihren Verlobten Anton über alles und ist als einzige Tochter des Reeders Virchow mehr als nur wohlhabend. Die Welt liegt ihr zu Füßen. Doch es kommt anders als geplant. Die Geschäfte ihres Vaters laufen schon länger nicht mehr so gut, er verliert sehr viel Geld bei einem wichtigen Geschäft in Südostasien und kann letztendlich mit der Schmach eines Bankrotts nicht leben und begeht Selbstmord. Nach dem Viktoria keine gute Partie mehr darstellt, verliert ihr Verlobter Anton sein Interesse an ihr und löst die Verlobung auf. Viktoria muss sich eine Arbeit suchen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Doch das stellt sich als sehr viel schwieriger heraus, als sie sich vorstellen konnte. Magda ihre ehemalige Zofe kann einen Kontakt herstellen zu einem englischen Geschäftsmann in Schanghai, der für seine bettlägerige Mutter eine Gesellschaftsdame sucht. Da Viktoria mehrere Fremdsprachen beherrscht und ohnehin sehr interessiert ist an China, packt sie die Gelegenheit beim Schopf und reist nach Schanghai, wo sie im Haushalt der Huntingdons Margaret kennen lernt, eine Frau, die sehr viel erlebt hat und seit einem Schlaganfall halbseitig gelähmt ist. Viktoria merkt sehr bald, dass die Familie ein Geheimnis umwittert über das nicht gesprochen werden darf. Da Viktoria sehr neugierig ist, verlässt sich gerne das internationale Viertel von Schanghai und kommt mit dem echten China in Kontakt.
    Leider gerät Viktoria aufgrund ihres impulsiven Wesens in Missgunst von Mr. Huntingdon, sodass er sie zu Margarets Leidwesen entlässt. Margaret kann ihr eine Stelle in Peking vermitteln. So begibt sich Viktoria abermals auf Reisen, zu ihrer neuen Arbeitsstätte im Haushalt des Mandarins Lao Tengfei. Eine seiner drei Ehefrauen, Chuntian, kommt Viktoria näher. Durch sie lernt sie deren Mutter Yazi kennen, eine Schaukämpferin und Gauklerin, die ihr ihre Geschichte erzählt, die von einem kleinen Bauerndorf bis zur Taiping Rebellion führt.




    Einige Worte zum historischen Hintergrund der Taiping Rebellion:


    Im Jahre 1814 wird Hong Xiuquan im Süden in Chinas in einer bitterarmen Familie geboren. Die Eltern tun alles für ihren Sohn und ermöglichen ihm, sich auf Beamtenprüfungen vorzubereiten. Aber Hong schafft diese auch nach mehrmaligen Versuchen nicht. Als er sich 1836 wieder einmal auf eine Prüfung vorbereitet, kommt er durch Zufall an ein Traktat mit übersetzten Bibelstellen. Hong ist sehr beeindruckt davon und bewahrt das Heft auf. Nach einem erneuten Fehlversuch der Beamtenprüfung fällt er in eine Ohnmacht und hat eine Vision. Er will Gott als bärtigen Mann gesehen haben, der ihm offenbart, dass er der jüngere Bruder Jesu´ ist. Hong fühlt sich dazu berufen, die herrschenden Mandschu zu verjagen und es gelingt ihm schon nach kurzer Zeit 10 000 Anhänger um sich zu scharen. Am 29. März 1853 gelingt es Hong mit seinen Rebellen die Stadt Nanjing einzunehmen, die er zur Hauptstadt seines „Himmlischen Reiches“ macht, das sich zu einem totalitären Gottesstaat mit kommunistischem Einschlag entwickelt. Glückspiel, Opium, Ehebruch und Tanz sind verboten. Homosexuelle, Prostituierte und Dissidenten werden hingerichtet. Über Jahre hinweg bleibt ein Gebiet mitten in China von der Größe Großbritanniens in der Hand der Rebellen. Um den Bedarf an Nahrungsmitteln der Rebellen zu decken, ziehen Aufständische durchs Land und verwüsten einst fruchtbares Land. Infolge verhungern ganze Dörfer. Die kaiserlichen Truppen schaffen es nicht, Hongs Gottesstaat niederzuschlagen. Erst als England, USA und Frankreich sich mit der chinesischen Armee zusammentun, und Hong Xiupuan im Jahre 1864 an einer Krankheit stirbt, bricht das „Himmlische Reich des Großen Friedens“ zusammen. Nach heutigen Schätzungen hat es mindestens 20 Millionen Menschen das Leben gekostet.



    Eigene Meinung:


    Das Geheimnis der Jaderinge bringt dem Leser in der Rahmenhandlung die junge Hamburger Reederstochter Viktoria Virchow näher, die 18xx nach China reist. Die Beschreibungen der Schauplätze sind sehr anschaulich und abwechslungsreich. Mir haben es vor allem Viktorias Ausflüge in die Chinesenviertel von Schanghai und Bejing angetan. Der Trubel der chinesischen Märkte, Theater, die Armut, aber auch das Leid von verwaisten Kindern hat die Autorin sehr gut rüber gebracht Durch die anschaulichen Beschreibungen kann man sich richtig tragen lassen und hört, riecht und fühlt mit.
    Eindrucksvoll fand ich auch die wochenlange Reise von Schanghai nach Peking in einer Sänfte.


    Die Hauptfiguren sind sehr sorgfältig charakterisiert. Ich habe eine sehr gute Vorstellung gewinnen können von Viktoria, aber auch von der Familie Huntingdon. Viktoria trifft in Schanghai auf Max von Brandt, der von 1875 – 1893 deutscher Gesandter in China war und bekannt ist als Verfasser zahlreicher Bücher und Abhandlungen über Ostasien.


    In der Binnenhandlung wird die Geschichte einer Soldatin erzählt, die aus einem ländlichen chinesischen Dorf stammt und es zu hohem militärischen Grad bringt in der Armee der Rebellen. Diesen Teil fand ich recht anspruchsvoll zu lesen, weil ich etwas Mühe hatte, mir die chinesischen Namen zu merken. Hier wäre eine Personenliste unter Angabe von fiktiven und historischen Persönlichkeiten hilfreich gewesen. Mit ein bisschen mehr Anstrengung als sonst und einem kleinen bisschen Recherche war aber genau dieser Teil wirklich ein Gewinn.


    Im zweiten Teil der Rahmenhandlung kommt auch die Liebe nicht zu kurz. Viktoria lernt einen interessanten jungen Man kennen und kommt ihm näher. Diese Ausführungen hätten für mich etwas knapper gehalten sein können, ich war von den geschichtlichen Entwicklungen so hingerissen, dass ich diese Liebesgeschichte nicht noch gebraucht hätte. Ich fand es dann auch sehr schön, dass das Ende offen blieb. Im Jahr 2012 kommt der Folgeroman zu „Das Geheimnis der Jaderinge“ heraus, dann werden wir mehr wissen.


    Hinten im Buch ist ein sehr informatives Nachwort abgedruckt und eine Aufstellung von wichtigen historischen Daten.


    Der Schreibstil von Tereza Vanek gefällt mir ausnehmend gut. Das Buch liest sich angenehm flüssig in einem guten Rhythmus. Durch die anschaulichen Beschreibungen kann man sich richtig tragen lassen und hört, riecht und fühlt mit.



    Mein Fazit:


    Dieses Buch ist für mich so, wie ein historischer Roman sein sollte. Ich konnte wunderbar eintauchen in das China im 19. Jahrhundert, habe viel Neues zu einem interessanten Kapitel der chinesischen Geschichte gelernt und fühlte mich wunderbar unterhalten. Für mich war das ganz sicher nicht das letzte Buch von Tereza Vanek.


    Eine ganz klare Leseempfehlung mit :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Ich schlief und träumte, das Leben sei Freude. Ich erwachte und sah, das Leben war Pflicht. Ich handelte und siehe, die Pflicht ist Freude!
    Rabindranath Tagore (1861-1941)


    Lha gyal lo - Free Tibet!

    Wir sind grüüüüüün!!!!

    Einmal editiert, zuletzt von Felicitas18 ()

  • Danke für diese tolle Rezi! :thumleft: Das Buch spricht mich thematisch zwar nicht so an, aber nach dieser Rezi kann man sich wirklich ein gutes Bild davon machen, was den Leser bei der Lektüre erwartet.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998