Inhalt:
Ulf Vågsvik hat mit seinem früheren Leben gebrochen, mit leichtem Gepäck Oslo verlassen, sich diesen neuen Namen zugelegt und einen Hut gekauft. Den Hut wird er zwar sehr bald verleugnen, aber als er auf die kleine Insel in Nordwestnorwegen kommt, wo seine Brieffreundin Berit wohnt, da kommt er, um zu bleiben. Er scheint auf Vaksøy Frieden gefunden zu haben.
Doch bald wird die kleine Inselgemeinschaft dramatische Dinge erleben. Eine niederländische Familie hat ihre Ankunft auf der Insel angekündigt. Hier sind neue Steuerzahler sehr willkommen, und so richten die Bewohner liebevoll das alte Schulhaus für die van der Klerks her. Beim großen Empfang mit Kaffee und Kuchen im Gemeindehaus jedoch tritt die Katastrophe ein und die Idylle bricht zusammen. Ulf wird gezwungenermaßen zum Vertrauten des zwölfjährigen Tom van der Klerk – was ihm seine eigene Vergangenheit näher bringt, als ihm lieb ist.
Den Oridongo hinauf ist ein wunderschöner und verstörender Roman über eine Gemeinschaft, die von dramatischen Ereignissen heimgesucht wird – und eine ganz besondere Liebesgeschichte.
(Quelle: Verlagsseite)
Der Autor:
Ingvar Ambjørnsen, geb. 1956 in Tønsberg, Norwegens kneipenreichster Stadt, aufgewachsen in Larvik. Nicht vollendete Gärtnerlehre und mancherlei Jobs in Industrie und Psychiatrie. Erste Buchveröffentlichung 1981: 23-salen, seitdem zahlreiche Romane, Welterfolg mit den Elling-Romanen. Lebt seit 1985 in Hamburg. Bei Edition Nautilus erschienen zuerst der autobiografische Roman Weiße Nigger und zuletzt der Krimi Stalins Augen.
(Quelle: Verlagsseite)
Aus dem Norwegischen von Gabriele Haefs
Originaltitel: Opp Oridongo
Meine Meinung:
Ingvar Ambjørnsen wurde durch ein Gemälde von Vettriano zu seinem Roman "Den Oridongo hinauf" inspiriert. Auf dem Bild ist ein Mann mit Hut zu sehen, der einen Koffer trägt und auf das Meer hinausblickt.
Ulf Vågsvik heißt der 50-jährige Ich-Erzähler, der genau wie der Mann auf dem Bild einen Hut und einen Koffer trägt, als er auf der Insel Vaksøy ankommt.
Vaksøy ist eine kleine norwegische Insel. Ulf, der aus Oslo stammt, sucht ein neues Leben mit seiner Brieffreundin Berit.
Er verlässt sein altes Leben,' fährt den Oridongo hinauf', wie er es nennt; einen Fluss, der nur in seinem Kopf existiert.
Zitat“.... ich fahre den Oridongo hinauf, den düsteren Strom hinauf, und es ist so heiß und feucht und hämmernd einsam, so erfüllt von Krankheit und Sehnsucht, und wenn die Motoren ausgeschaltet werden, kann ich daliegen, die Hände vors Gesicht geschlagen oder zwischen die Oberschenkel geschoben, und dem Geplapper der Vögel des Dschungels lauschen, oder Lachen und Weinen aus den anderen Kajüten und von Deck [...], ich kann einfach ganz still daliegen, und Sekunden, Minuten und Stunden zerbrechen. Auf diese Weise bekomme ich eine gute Beziehung zur Zeit. Zur geträumten und zu der, die in der Welt der Wachen herrscht." S. 8
Seine Beziehung zu Berit, die ihren Ehemann Magne verloren hat, ist glücklich, aber auch zerbrechlich. Bei ihr findet er die Ruhe, die er braucht. Aber auch Ungesagtes steht zwischen ihnen, Ulf hat das Gefühl, Magnes Platz einzunehmen.
Die Inselbewohner erwarten eine niederländische Familie und richten ein Begrüßungsfest aus. Doch die Feier endet tragisch, der holländische Ehemann stirbt, der Sohn Tom verschwindet für 5 Tage spurlos.
Als er von Ulf aufgefunden wird, ist Tom verändert. Er spricht nicht mehr, lässt niemanden an sich ran. Nur Ulf findet Zugang, erkennt sich in Tom wieder:
Zitat“Für mich jedoch gibt es Müßiggang, Alleingang, das Leben scheint keine Verwendung für mich zu haben, als Kind kann ich nicht begreifen, warum ich in dieser fast unerträglichen Einsamkeit existiere, die ja notwendigerweise in der Gemeinschaft des anderes bestehen muss, es wirkt wie ein Hohn, nein, es ist ein Hohn. Sie verhöhnen mich. Am Ende verliere ich die Sprache, genauer gesagt, ich verweigere sie.” S.241
Eindringlich beschreibt Ingvar Ambjørnsen die Gefühlswelt von einem Mann, der sein Leben verändern möchte. Mit "Den Oridongo hinauf" ist dem Autoren ein verstörender und atmosphärisch dichter Roman gelungen.
Gerne bin ich den Gedankengängen von Ulf gefolgt; Stück für Stück werden Teile seiner Vergangenheit aufgedeckt.
Die Liebesgeschichte zwischen Berit und Ulf mag etwas seltsam sein, ist dennoch wunderbar und irgendwie berührend.