Erin Morgensterns „Der Nachtzirkus“ ist ein Buch, das auf den ersten Blick ins Auge sticht. Selten habe ich so ein schönes Cover gesehen! Aber auch begeisterte Lesermeinungen auf dem hinteren Buchdeckel sowie der Klappentext versprechen ein sehr besonderes Buch. Ein besonderes Buch ist „Der Nachtzirkus“ in der Tat, jedoch anders, als man zuerst annehmen mag.
Dass sie schreiben kann, stellt Erin Morgenstern mit diesem Debüt sehr eindrucksvoll unter Beweis. Sprachlich ist „Der Nachtzirkus“ erstklassig, die Sätze sind nicht nur schnöde Aneinanderreihungen von Worten, sondern wahre Kunstwerke. Stundenlang könnte man in den Beschreibungen des Zirkus versinken, die das Kopfkino in Gang bringen und das Gefühl vermitteln, selbst im Zirkus zu sein. Anders als wundervoll kann man den Schreibstil der Autorin nicht bezeichnen.
Leider lässt jedoch die Geschichte in ihrer Umsetzung etwas zu wünschen übrig. Trotz aller Schönheit der Worte habe ich das Buch nach dem Lesen mit dem Gedanken „Was für ein merkwürdiges Buch“ zugeklappt. Das grundsätzliche Gerüst der Geschichte ist mir klar, aber oft bin ich bei den Sprüngen, die die Handlung immer wieder macht, nicht ganz mitgekommen. Einige Dinge habe ich auch schlichtweg nicht verstanden, allerdings kann ich nicht sagen, ob es daran liegt, dass die Geschichte Logikfehler beinhaltet oder ich aufgrund der blumigen Sprache wichtige Szenen nicht begriffen habe.
Auch die Figuren sind durch die Bank weg merkwürdige Gestalten, aus denen ich nicht schlau werden konnte. Einzig den Zwillingen Poppet und Widget gelingt es, Sympathien zu wecken. Zu Celia und Marco findet man überhaupt keinen Zugang, und die im Klappentext angedeutete große Liebesgeschichte finde ich ziemlich lieblos und wenig nachvollziehbar.
„Der Nachtzirkus“ ist keinesfalls ein schlechtes Buch, lebt aber mehr vom wunderschönen Schreibstil der Autorin Erin Morgenstern denn von seiner Handlung. Lesern, die Lust haben, sich auf die Geschichte einzulassen und in beinahe poetisch anmutender Schreibkunst zu versinken, denen sei dieses Buch wärmstens empfohlen.