Markus Orths - Die Tarnkappe

  • Seitenzahl : 222


    Inhalt (Klappentext):
    Unsichtbar sein. Sehen können, ohne selber gesehen zu werden. Dinge tun, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen: Jeder hat sich das schon mal gewünscht.
    Simon Bloch, Mitte vierzig, erhält eine solche Chance. Seinen Lebenstraum - Filmkomponist zu werden - hat er längst beerdigt. Und sich eingenistet in alltäglicher Routine.
    Da gelangt er vollkommen unerwartet in den Besitz einer seltsamen Kappe. Als er sie aufsetzt, verschwindet er vor seinen eigenen Augen und spürt ein "Knistern" etwas, was tief in ihm geschah und zugleich auf der Oberfläche, ganz so, als kehre sich alles Verborgene nach außen und alles Äußere nach innen.
    Blochs Leben gerät aus den Fugen. Zunächst saugt er die neuen Möglichkeiten in sich auf. Doch bald werden seine Fragen dringlicher: Wer hat ihm die Tarnkappe zugespielt? Wie funktioniert sie? Und was macht sie mit ihm? Um das herauszufinden, muss Simon Bloch Dinge tun, die er niemals für möglich gehalten hätte.


    Autor:
    Markus Orths, 1969 in Viersen geboren, lebt in Karlsruhe. Seine Romane, inzwischen in 14 Sprachen übersetzt, wurden vielfach ausgezeichnet.
    Bisher erschienen:
    Wer geht wo hinterm Sarg?
    Corpus
    Lehrerzimmer
    Catalina
    Fluchtversuche
    Das Zimmermädchen
    Hirngespinste


    Meine Meinung u. Beurteilung:
    Zugegeben eine Tarnkappe birgt durchaus ihre Reize, auch für mich. Insgeheim male ich mir im voraus aus welche Möglichkeiten sie mir bieten würde.
    Simon Blochs Erlebnisse und sein Werdegang entsprechen aber nur ganz am Anfang meinen Vorstellungen.
    Sein Alltag ist trist, pedantisch geplant ohne Luft zum Atmen. Die Tarnkappe verändert sein Leben von Grund auf.
    Markus Orth zieht mich nach einigen Schmunzlern immer tiefer in diese geheimnisvolle Welt, die mich gruselt und mir manchmal die Haare zu Berge stehen läßt.
    In leichter Sprache zieht mich das Buch in den Bann über das Leben und seinen Sinn bis zur Frage nach Schuld und Tod. Es ist originell, skurril, anregend und sehr tiefgründig. Ich hatte schier vergessen wie spannend philosophieren sein kann.
    Ein ungewöhnliches, fesselndes Buch, das meinen Wunsch nach diesem Gegenstand nun doch weit in die Ferne rücken läßt. :wink:
    Aber weiterempfehlen möchte ich es gern! :thumleft::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


    :study: Rolf Lappert, Pampa Blues

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • @ Wirbelwind:


    Das klingt ja wirklich interessant! :thumleft: Von Markus Orths habe ich noch gar kein Buch gelesen, weiter als bis auf meine Wunschliste sind sie bislang noch nicht gekommen. Aber "Die Tarnkappe" wird vielleicht das erste Buch sein, das es auch in mein Bücherregal schafft. Schade, dass es so dünn ist. Aber dir hat wohl nichts gefehlt beim Lesen? Hat das Buch ausreichend Tiefgang?

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • gaensebluemche


    Ja ich finde es hat Tiefgang, aber vor allen Dingen ist die Geschichte recht ausgefallen.
    Ich finde du solltest es mal lesen. Würde mich interessieren was du dazu sagst. :D


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Ich suche ja sowieso immer wieder nach ungewöhnlichen Büchern bzw. Geschichten. Daher ist dieses Buch sicherlich etwas für mich. :D

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Ja ich finde es hat Tiefgang, aber vor allen Dingen ist die Geschichte recht ausgefallen.

    Sehe ich auch so. :thumleft:


    Das Buch hat mich überrascht, zwar nicht durchgehend positiv, aber die Grundidee des Unsichtbarwerdens gefällt mir auch sehr gut. Schön, dass sich Markus Orths da nicht einen völlig neuen Science-Fiction-Effekt aus den Fingern gesogen hat, sondern dass er die Idee der "guten, alten Tarnkappe" beibehalten hat.


    An einigen Stellen empfand ich das Buch als ein bisschen zu hektisch erzählt, andererseits kam viel Spannung bei mir auf.


    Ein bisschen zu überfrachtet für meine Begriffe, vor allem, was die Sache mit der Filmmusik angeht. Wie Simon Bloch selbst erwähnt, ist man sich oft der Begleitmusik in einem Film als Zuschauer nicht bewusst, weshalb man logischerweise dann nicht so recht nachvollziehen kann, wovon er spricht. Dass er dieses Thema dauernd angebracht hat, erschien mir nicht unbedingt hilfreich oder angenehm in der Erzählung.


    Dagegen habe ich das Buch an den etwas ruhigeren Stellen regelrecht genossen. Sprachlich waren auch einige "Perlen" dabei: z.B. wusste ich sofort, was der Autor meint, wenn er davon redet, dass Simon in einen "losen Flatterschlaf" verfiel. Es macht Spaß, wenn man solche Metaphern so gut für sich selbst nachvollziehen kann :) .
    Oder die Stelle

    Zitat

    Zunge bewegen, Lippen befeuchten, Worte nach draußen schaufeln, egal zu wem, nur irgendwohin, weil die angestauten Gedanken das Innere zu verschütten drohen, weil das Unausgesprochene zu einer Last wird, die abgetragen werden muss, in die Halde der Welt gekippt, um nicht daran zu ersticken.

    hat mir auch so gut gefallen. Oder der hier:

    Zitat

    Die alte Frau stand vorm Waschbecken, pflückte ihr Gebiss aus dem Mund, ließ Wasser in ein Glas laufen und warf eine Tablette hinein, die sich zischend auflöste. Wie die Restlebenszeit, die ihr noch bleibt, dachte Simon, ein kurzes Sprudeln noch, dann ist es vorbei.


    Die Tarnkappe von Markus Orths war für mich genau die richtige Lektüre nach dem ungewöhnlichen und bedrückenden Mammut-Werk 2666 von Roberto Bolaño - es hat mich mit seiner Thematik und seiner Spannung sofort auf andere Gedanken gebracht - vielleicht keine Wahnsinns-Lektüre, aber definitiv ein gutes Buch, und nicht banal und belanglos obenhin erzählt.
    Auch ich würde dieses Buch weiterempfehlen: die Lektüre hat Spaß gemacht und war außerdem ganz schnell durchzulesen. :study:

    » Unexpected intrusions of beauty. This is what life is. «


    Saul Bellow, (1915-2005 ), U.S. author,
    in Herzog

  • Danke, Hypocritia, für deine ergänzenden Eindrücke zu dem Buch! Ja, ich denke doch, dass ich es auch lesen werde. Vielleicht habe ich Glück und finde es in der Bibliothek...

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Die Kommentare von Wirbelwind und Hypocritia düften eigentlich ausreichen, um jeden zum Lesen einzuladen. Nun hole ich den Fred eben trotzdem nochmals nach über drei Jahren hoch: vielleicht trifft es auf neue Interessierte?


    Das Buch geht über 28 überschaubar lange (oder kurze) Kapitel. Neu finde ich nicht so sehr das Thema der Tarnkappe als Gegenstand und Wunschtraum, sondern die Ausarbeitung durch Orths: was wäre in der Vorstellung von Orths die Folge? Und da wird es regelrecht philosophisch: der so genannte Gewinn bringt auch eine Form der Auflösung des Ichs mit sich. Was fehlt, wenn der Körper und die Leiblichkeit fehlt? Was bedeutet das für Beziehungen, die Intimsphäre des anderen?


    Steht die Erfahrung der Alltagsabsurdität am Anfang des Buches, erinnert sie an Gedankengänge der Existenzialisten. Doch die hier vorgestellten einschneidenden Erfahrungen lösen den Menschen anscheinend ebenso auf?