Hugo von Hofmannsthal – Jedermann

  • Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes


    Original : Deutsch, verfaßt zwischen 1903 und 1911, Erstausgabe 1911


    ZUM INHALT :
    Dieses Mysterienspiel entstand in den Jahren 1903 bis 1911. Den "Jedermann"-Stoff, der das Thema von der Hinfälligkeit der irdischen Besitztümer und der Heilsnotwendigkeit der Buße mit der Parabel vom Freund in der Not verbindet, fand Hofmannsthal (1874-1929) in einer englischen Schauspielbearbeitung. Auch eine dramatische Gestaltung aus dem 12. Jahrhundert ist überliefert. Hofmannsthal benutzte die mittelalterlichen und barocken Vorstellungen vom Wandel der Menschen miteinander und vor Gottes Angesicht, um die Grundfrage nach dem Sinn des menschlichen Auftrages in der Welt zu stellen.
    (Kurzbeschreibung bei Amazon)


    Die Uraufführung von Hofmannsthals Jedermann unter Reinhardts Regie eröffnete die ersten Salzburger Festspiele, und wurde dort 1920 sowie 1921 gespielt und wird dort seit 1926 jedes Jahr – allerdings nicht zwischen 1938 und 1945 – gezeigt.
    (Quelle : Wikipedia)


    BEMERKUNGEN :
    Angesichts eines Klassikers, über den man sicherlich eine Menge Artikel finden könnte und über den wohl viel Kluges gesagt worden ist, dachte ich zunächst, nichts dazu schreiben zu wollen. Man will ja nicht an Erkenntnissen vorbeischreiben und als Dummkopf dastehen... Dann aber erinnerte ich mich an die Überschrift bei unseren Kommentaren : Da geht es nicht nur um « Rezensionen », deren Anspruch ich selber als sehr hoch sehe, sondern einfach auch um Empfehlungen. In dem Sinne stelle ich das Buch hier rein und schreibe etwas dazu.


    Geschrieben ist das Stück durchgehend in Versform, meist AA/BB. Es eignet sich gut zur Deklamation, bilde ich mir ein, denn ich hatte öfter Lust, laut zu lesen und zu betonen.


    In diesem « Mysterienspiel » hat niemand einen wirklichen Eigennamen, sondern belegt eher eine Rolle (Geliebte, Mutter, Schuldknecht, Cousin, etc...), bzw. eine höhere, teils auch symbolische, Instanz (Gott, Teufel, Werke, Glaube...). Einerseits hat die Hauptperson seine spezifischen Eigenarten (Reichtum, Liederlichkeit, Mangel an Nächstenliebe), mit denen wir eventuell nichts zu tun haben wollten, andererseits lädt uns sein Name des « Jedermanns » eben auch zu einer Art Identifikation ein, dass wir uns nicht selber in einer richtenden, sich abnabelnden Distanz wähnen, sondern uns mit und in ihm konfrontiert sehen mit einigen wesentlichen Fragen des Lebens.


    Geht es nicht vor allem um die Endlichkeit des Menschen, während er aber oft so tut, als ob das alles ewig so weiter ginge, und er keine Wahl zu treffen hätte ? Mit dem Tode zu leben ist aber nicht etwas Morbides, sondern hoher Realismus. Der Ton ist von mehreren christlichen Grundthemen geprägt : Die Vergänglichkeit des Reichtums, die Vorrangschaft der tätigen Nächstenliebe (=Werke), Vertrauen (=Glaube) auf die unentgeltliche Liebe Gottes (=Gnade). Insofern mag ein « Spiel » im Mittelalter erstmals dargestellt worden sein, doch die Bezüge zur Bibel und die Zitate aus ihr sind eindeutig. Manches wirkt wie die Umsetzung oft gehörter Gleichnisse !


    Der Ton, die « Moral », mag manchem etwas konservativ und fromm daherkommen, und tatsächlich müssen wir uns wohl fragen, wie wir manches Wort übertragen können. Dennoch würde ich mal behaupten, dass das Stück von Hofmannsthal uns gleichzeitig durchaus etwas sagen kann und vielleicht sogar gerade in unserer Zeit ? !


    Das scheint die Meinung mancher Autoren, die dieses also alte Motiv noch und noch aufgreifen. Das war desletzt noch der Fall mit Philip Roths Jedermann, siehe :
    Philip Roth - Jedermann! Und dort besonders den Beitrag von Rosalita !


    Aufmerksam geworden auf den Autor bin ich durch seine phantastische Anthologie der « Erzähler aus dem XIX. Jahrhundert » (Insel-Verlag). Und erinnert wurde ich neulich durch die wunderbare Lektüre von Walter Kappacher - Der Fliegenpalast .


    ZUM AUTOR :
    Hugo Laurenz August Hofmann, Edler von Hofmannsthal, genannt Hugo von Hofmannsthal (* 1. Februar 1874 in Wien; † 15. Juli 1929 in Rodaun bei Wien) war ein österreichischer Schriftsteller, Dramatiker, Lyriker, Librettist sowie Mitbegründer der Salzburger Festspiele. Er gilt als einer der wichtigsten Repräsentanten des deutschsprachigen Fin de siècle und der Wiener Moderne.
    (Quelle und mehr : http://de.wikipedia.org/wiki/Hugo_von_Hofmannsthal )



    Seit seinem Erscheinen sind Dutzende Ausgaben herausgekommen, die einen oder anderen wohl versehen mit Kommentaren oder Fußnoten. Angesichts eines über hundert Jahre alten Vokabulars könnten solche eventuell dem ein oder der anderen hilfreich sein. Ich selber las eine alte Ausgabe aus den 50iger Jahren. Die hier verlinkte war die erste, die bei Amazon auftauchte. Sie ist seitenstärker als die Meinige und so gehe ich davon aus, dass es « Zugaben » gibt. Vielleicht lohnt es sich, dies in Erwägung zu ziehen ?


    Taschenbuch: 134 Seiten

  • Hallo Tom
    ich muss ganz ehrlich zugeben, dass ich Jedermann noch nie gelesen habe, aber dreimal habe ich ihn gesehen.
    Das erste Mal 1964 in Salzburg mit Walter Reyer in der Titelrolle und ich denke ich war einfach zu jung zu dumm und nur begeistert weil ich zu den Salzburger Festspielen gehen konnte.
    Das zweite mal hat ein Freund mit eine Laienspieltruppe den Jedermann in der Karthause Gaming inszeniert und auch die Hauptrolle gespielt und da war ich vom Spiel der mir bekannten Menschen fasziniert und habe doch schon mehr vom Stoff und Inhalt verstanden.
    Das dritte mal hab ich in den 80er jahren eine Aufzeichnung von den Salzburger Festspielen mit Klaus Maria Brandauer gesehen und war ganz hingerissen von dieser Geschichte, damals habe ich erstmals verstanden was Hofmannsthal sagen wollte.
    Vielleicht sollte ich es doch einmal lesen, gibt es doch bestimmt auch als Reclam Büchlein.
    Sonst kenne ich von Hofmannsthal nur den Rosenkavalier und den habe ich gelesen, vor Jahren vor einem Opernbesuch.
    Danke für deine Rezension die mich an dieses wunderbare Stück erinnert hat.
    Liebe Grüsse Mara

    :study: Ich bin alt genug, um zu tun, was ich will und jung genug, um daran Spaß zu haben. :totlach: na ja schön langsam nicht mehr :puker:

  • Danke für diese schönen Erinnerungen! Das würde ich ja auch gerne mal sehen. Brandauer stelle ich mir hervorragend darin vor!


    Und... Du hast Recht:



    Vielleicht sollte ich es doch einmal lesen, gibt es doch bestimmt auch als Reclam Büchlein.


    Angebote siehe: http://www.amazon.de/gp/offer-…7875&sr=1-3&condition=new

  • Auch wenn schon viel "Kluges" über dieses Stück geschrieben wurde ..... es sollte auf keinen Fall hier fehlen. Und auch wenn es "konservativ oder frömmelnd" daherkommt, nicht umsonst wird es jahraus jahrein bei den Salzburger Festspielen aufgeführt, die Frage, wer die Hauptrolle spielen wird, beschäftigt nicht nur Kulturinteressierte schon Monate vorher. Dass das natürlich in erster Linie ein gesellschaftliches "who is who" ist, weiß ich, und wie sehr das Drama selber bzw. der transportierte Inhalt Anlass für den Besuch der Aufführung für manche ist, sei jetzt mal dahingestellt .... Aber dass der Stoff zeitlos ist, bewies auch zuletzt der bereits erwähnte Philip Roth, der meiner Meinung nach einem seiner besten Bücher die Thematik zugrundegelegt hat.

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Hab gerade entdeckt, dass ich es als Reclam Ausgabe ohnehin besitze, ich hab eindeutig zu viele Bücher. :roll:
    liebe Grüsse Mara

    :study: Ich bin alt genug, um zu tun, was ich will und jung genug, um daran Spaß zu haben. :totlach: na ja schön langsam nicht mehr :puker: