Kenneth Oppel - Silberflügel/ Silverwing

Klappentext:
Schatten gilt als
verzärtelter Schwächling unter den Jungtieren der Silberflügel-Kolonie.
Sein Flug ist unbeholfen und langsam. Doch Schatten ist auch neugierig.
Als Einziger wagt er bei Tagesanbruch den verbotenen Blick in die Sonne -
und bricht damit ein uraltes Gesetz. Denn von Sonnenaufgang an gehört
der Wald den Eulen. Rachsüchtig erscheinen diese Erzfeinde der
Silberflügel auch prompt auf dem Plan. Die Fledermäuse müssen früher als
sonst nach Süden aufbrechen, wo sie an einem "Millionen von
Flügelschlägen entfernten" Ort überwintern wollen. Während eines
gewaltigen Sturms wird Schatten auf das Meer hinausgetrieben und findet
sich völlig verlassen wieder. Der Winter rückt immer näher und es wird
bedrohlich kalt. Auf der langen Suche nach den Seinen begegnet Schatten
geheimnisvollen Freunden und grausamen Feinden - und begreift, dass er
nicht mehr nur um sein eigenes Überleben kämpft, sondern um das seiner
ganzen Kolonie. Als er schließlich die Winterzuflucht der Silberflügel
erreicht, hat Schatten Schnee und Eis kennen gelernt, Donner und Blitz,
Hass und Ermutigung, die Tiefen unter der Erde und den helllichten Tag.

Autor:
Der Kanadier Kenneth Oppel (geboren 1967) gilt als literarisches Phänomen. Er
veröffentlichte sein erstes Kinderbuch, von Roald Dahl dazu ermutigt,
mit 14 Jahren. Inzwischen Veröffentlichungen von zahlreichen Romanen und
Drehbücher. Er lebt mit seiner Frau und seiner Tochter in Toronto.

Handlung:
Schatten, der Winzling, wäre so gerne etwas besonderes. Seine geringe Körpergröße und seine ungewöhnliche Neugier machen ihn jedoch zum Außenseiter in seiner Kolonie. Als er eines Morgens verbotenerweise die Sonne sieht, bestrafen die Eulen dafür die ganze Kolonie. Verfrüht brechen die Fledermäuse auf nach Hibernaculum, wo sie überwintern wollen. Auf dem Weg wird Schatten vom Sturm übers Meer getrieben. Er landet auf einer Insel und lernt dort Marina kennen. Sie gehört einer anderen Fledermausart, den Glattflügeln, an, und wurde von ihrer Kolonie vertrieben, weil sie von den Menschen mit einem Ring im Flügel markiert wurde. Auch einige Silberflügel aus Schattens Kolonie haben einen solchen Ring, um den sich viele Mythen und Widersprüche ranken. Marina schließt sich ihm auf der Suche nach Hibernaculum an. Sie folgen dabei einer "Klangkarte", die Schattens Mutter ihm vor dem Abflug gesungen hat. Unterwegs treffen sie immer wieder auf andere Fledermäuse, von denen sie vieles lernen, das ihnen auf ihrer Reise weiterhilft.
Zur gleichen Zeit brechen zwei große Dschungel-Fledermäuse aus einem Zoo aus. Im Gegensatz zu den einheimischen Arten ernähren sie sich von Vögeln und kleine Säugetieren, was einen Krieg zwischen den Fledermäusen und allen anderen Tieren heraufbeschwört. Da die beiden sich nicht an den fremden Sternen orientieren können, brauchen sie einen ortskündigen Führer. Sie erschleichen sich das Vertrauen von Schatten und Marina und wollen sich von diesen zum Winterquartier der Silberflügel führen lassen, um diese als Nahrung während des Winters zu nutzen.

Eigene Meinung:

So stelle ich mir gute Tier-Fantasy vor: die Tiere handeln nicht wie
Menschen, sondern verhalten sich art-typisch, man lernt viel über das
Leben und das Verhalten der Tierart und die Geschichte ist dennoch
spannend.

Kenneth Oppel füllt seine Handlung mit einem reichen Schatz an Fledermaus-Mythologie und -Geschichte, ohne dabei außer Acht zu lassen, dass seine Protagonisten Tiere sind. An keinem Punkt der Erzählung hatte ich das Gefühl, ich habe es mit menschlichen Wesen in Tiergestalt zu tun. Stets bleibt das Denken und Handeln der Fledermäuse artgerecht und dennoch nachvollziehbar. Mir gefiel besonders, wie der Autor die "Sehweise" der Fledermäuse mit Hilfe von Schallwellen erklärt und diese "Klangbilder" sowohl für die Orientierung als auch für die Kommunikation benutzt.

Die einzelnen Fledermäuse sind liebevoll charakterisiert, selbst Nebenfiguren haben einen eigenen Charakter. Auch die fremden Fledermäuse und feindlich gesinnte Tiere wie Eulen oder Ratten werden mit viel Verständnis für ihre Art dargestellt. Der Autor vermeidet dabei Stereotypen; es gibt keine Einteilung in "gut" und "böse", sondern die verschiedenen Tiere verhalten sich ihren Erfahrungen gemäß.

Schatten versucht auf seiner Wanderung das Rätsel um die Ringe zu lösen, mit denen einige Fledermäuse gekennzeichnet wurden. Obwohl er vieles über diese Ringe lernt und auf verschiedene Sichtweisen und Meinungen über diese Ringe trifft, bleibt das Rätsel am Ende des ersten Bandes offen.

Das einzige, was ich mir gewünscht hätte, wäre ein Anhang mit "wissenschaftlichen" Erläuterungen zu den einzelnen Fledermausarten gewesen. Das Leben der Tiere hat mich sehr neugierig gemacht und ich hätte gerne mehr über die Tiere erfahren. Leider gibt der Autor aber keinen Hinweis darauf, wie die Fledermausarten bei uns Menschen heißen.

Fazit:
Ein wundervolles Buch mit liebenswerten Figuren, einer spannenden, unterhaltsamen und informativen Geschichte.