Heike Koschyk - Die Alchemie der Nacht

  • Inhalt: (Autorenhomepage)


    Deutschland, 1780: Der junge Hufeland kommt einem Mysterium auf die Spur, das die Medizin revolutionieren könnte. Gemeinsam mit der schönen und klugen Helene und Samuel Hahnemann, dem Erfinder der Homöopathie, macht er sich auf die Suche nach der Wahrheit.
    Der junge Medizinstudent Christoph Wilhelm Hufeland wird Zeuge, wie ein Kommilitone von einem Degenstoß niedergestreckt wird. Als die Leiche unter mysteriösen Umständen spurlos verschwindet, versucht er gemeinsam mit Helene, der Schwester des Toten, dieses Rätsel zu ergründen. Sie kommen einer blutigen Verschwörung auf die Spur – es geht um ein allmächtiges Heilmittel, skrupellose Menschenversuche an jungen Mädchen und die düsteren Machenschaften einer Freimaurerloge. Begleitet von Samuel Hahnemann, der seine Heilkunst der Homöopathie erst vollendet sieht, wenn er Gewissheit über eine letzte Frage gewinnt, begeben sie sich auf die Fährte einer geheimnisvollen Rezeptur, die ewiges Leben verheißt.
    Ein spannender historischer Roman zwischen Mystik und Wissenschaft, Liebe und Wahnsinn.



    Eigene Meinung:


    Heike Koschyk hat es geschafft, mich mit diesem Roman zu verzaubern. Ich habe während der Lektüre des Buches geistig im Jena und in anderen deutschen Städten zur Zeit der Aufklärung geweilt. Es fiel mir sehr leicht, mich mit der fiktiven Hauptperson, der Apothekertochter Helene Steinhäuser, die an der Seite ihres Ehemannes des Mediziners Johann Vogt Umwälzungen in der Medizingeschichte miterlebt hat. Der größte Teil des Buches spielt in Jena. Das Leben im Umfeld der Universität ist geprägt von zahlreichen Studentenverbindungen, Landsmannschaften und Logen, die teilweise geprägt waren von mystischen Praktiken und gefährlichen Experimenten.


    Vor der Aufklärung waren die Menschen zum großen Teil sehr abergläubig. Die medizinische Forschung sah sich vielen Vorurteilen gegenüber und führte einen dauernden Kampf gegen Quacksalber und Scharlatane.


    Im Roman begegnen wir zahlreichen historischen Persönlichkeiten, unter anderem dem Arzt und Professor Christoph Wilhelm Hufeland sowie Samuel Hahnemann , der als Gründer der Homöopathie in die Medizingeschichte eingegangen ist. Sehr subtil und unaufdringlich erfährt man die Entstehungsgeschichte dieser Lehre die basiert auf der Idee, dass gleiches mit gleichem behandelt werden kann.
    Neben den Theorien der Alchemie, vielen anschaulichen Beschreibungen des Apothekerhandwerks und den hygienischen Zuständen erfährt man auch ganz anschaulich, wie man mit Geisteskranken umgegangen ist.


    Die einzelnen Kapitel tragen als Überschrift jeweils den Schauplatz und das Jahr, was zur Orientierung in der Geschichte sehr hilfreich is. Die Beschreibungen der Orte und Personen empfinde ich als sehr gelungen. Die Autorin hat stellenweise eine schaurige, unheimliche Spannung geschaffen. Sie schafft es dabei durchweg wissenschaftlich und sachlich zu bleiben und kommt gänzlich ohne „Mystery-Elemente“ aus, wie man es im Moment leider immer häufiger auch in historischen Romanen findet.


    Vorne im Buch ist ein historischer Stadtplan abgedruckt, hinten befinden sich ein Glossar, interessante zeitgeschichtliche Informationen zu einigen historischen Persönlichkeiten und ein kurzer Abriss über die Anfänge der Homöopathie.


    Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen. Es war nicht immer einfach zu lesen. Ich musste sowohl den Inhalten als auch dem geschichtlichen Kontext einiges an Aufmerksamkeit schenken. Es ist eindeutig kein schnelles Buch für zwischendurch, aber wenn man sich darauf einlässt, kann man sich damit wunderbar auf eine Zeitreise begeben durch ein Zeitalter, dass unsere heutige Kultur in allen Bereichen prägt.


    Ich vergebe diesem Buch :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Ich schlief und träumte, das Leben sei Freude. Ich erwachte und sah, das Leben war Pflicht. Ich handelte und siehe, die Pflicht ist Freude!
    Rabindranath Tagore (1861-1941)


    Lha gyal lo - Free Tibet!

    Wir sind grüüüüüün!!!!

  • Medizingeschichte :lechz:
    Jetzt habe ich gerade auf Strandläuferins Empfehlung hin das "Schandweib" vernascht und war stolz, die Wunschliste um ein Buch reduziert zu haben...und jetzt kommst Du und bringst mich wieder zum Sabbern. Nehmt doch mal Rücksicht auf meinen SuB. 8-[

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Medizingeschichte :lechz:
    Jetzt habe ich gerade auf Strandläuferins Empfehlung hin das "Schandweib" vernascht und war stolz, die Wunschliste um ein Buch reduziert zu haben...und jetzt kommst Du und bringst mich wieder zum Sabbern. Nehmt doch mal Rücksicht auf meinen SuB. 8-[


    Ja, auf meinen bitte auch :-, Das Buch wandert mal direkt auf meine Wunschliste - es hört sich ja wirklich sehr interessant an.

    Gelesen in 2024: 9 - Gehört in 2024: 6 - SUB: 626


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • Christoph Wilhelm Hufeland studiert gegen Ende des 18. Jahrhunderts in Jena Medizin, zu einem Zeitpunkt, da die Stadt eher für die Ausschweifungen als für die Leistungen ihrer Studenten bekannt ist. Auch Hufeland schlägt sich mehr schlecht als recht durchs Studium, ist aber einigermaßen entsetzt, als ein Kommilitone bei einem Duell ums Leben kommt, was einige Ungereimtheiten und vor allem einige haarsträubende Entdeckungen nach sich zieht. Ein Grüppchen von Studenten scheint sich nämlich der Suche nach einem sagenumwobenen Lebenselixier verschrieben zu haben und schreckt dabei nicht vor seltsamen Experimenten zurück. Auf der Suche nach der Rezeptur ist wohl jedes Mittel recht.


    Helene Steinhäuser ist die Schwester des Duellopfers. Sie ist auf der Flucht vor einer arrangierten Ehe, die hauptsächlich dem Zweck dient, die durch Spielschulden bedrohte Apotheke des Vaters in Königsberg zu retten, unterwegs nach Jena, wo sie sich von ihrem Bruder Beistand erhofft und stattdessen gezwungen ist, sich irgendwie ein paar Groschen zu verdienen, um Kost und Logis zu bezahlen und sich klarzuwerden, wie es weitergehen soll.


    Und auch den Arzt Samuel Hahnemann verschlägt es irgendwann nach Jena. Er hat sich zwar seinem Beruf mit Leib und Seele verschrieben und vor allem den Quacksalbern den Kampf angesagt, sehr viel Geld bringt ihm das Ganze aber nicht ein, zum großen Verdruss seiner Frau, die die Zukunft der Hahnemannschen Kinderschar gefährdet sieht. Auch Hahnemann hat von der legendären Rezeptur des Lebenselixiers gehört und versucht, sich selbst ein Bild zu machen.


    Heike Koschyk malt ein ungemein plastisches Bild ihrer Schauplätze, vor allem aber von Jena, der kleinen Universitätsstadt im ausgehenden 18. Jahrhundert. Gassen, Gebäude, Sinneseindrücke katapultieren den Leser mitten hinein in vergangene Zeiten und längst veränderte Orte. Ihre leicht altertümelnde Ausdrucksweise tut noch ihr Übrigens dazu, dass ganz viel Zeitreisefeeling aufkommt. Besonders spannend fand ich die zahlreichen medizinhistorischen Aspekte - was damals gängige Praxis war, lässt uns heute die Haare zu Berge stehen, und umgekehrt waren Methoden und Denkansätze, die heute zu den wissenschaftlichen Grundlagen des Heilens gehören, verpönt, unbekannt oder wurden zumindest mit großem Argwohn betrachtet.


    Ehrlich gesagt wäre es mir lieber gewesen, die Autorin, die selbst lange als Heilpraktikerin gearbeitet hat, hätte sich auf diesen Themenkreis konzentriert und einfach eine Romanbiographie über Hahnemann und/oder Hufeland - zwei sehr unterschiedliche, aber gleichermaßen interessante Figuren - geschrieben, statt das Ganze noch mit einer Art Kriminalgeschichte zu spicken. Mir erschien das Drama um das Lebenselixier ein wenig zu ausufernd und auch ein bisschen wirr mit zu vielen Anleihen bei den üblichen Mysterythrillern.


    Die einzige fiktive Hauptfigur, Helene Steinhäuser, war dann auch diejenige, deren Handlungsstrang mich etwas genervt hat, weil dort zu viele Historienromanklischees, eindimensionale Bösewichte eingeschlossen, zu finden waren (auch wenn sie ihre Verkleidung als Junge gottlob ziemlich schnell wieder aufgegeben hat). Hahnemann und Hufeland hingegen fand ich deutlich besser, glaubwürdiger und runder dargestellt.


    Abgerundet wird das Buch durch ein sehr informatives Nachwort mit Details zu den historischen Persönlichkeiten und den medizinischen Hintergründen sowie ein Glossar mit den wichtigsten verwendeten Begriffen, die womöglich nicht jedem Leser vertraut sind. Hier wird auch schön klargestellt, was Fiktion und was Fakt ist.


    Sollte sich Frau Koschyk irgendwann dafür entscheiden, einen historischen Roman über einen Arzt oder Apotheker zu verfassen, würde ich ihn sehr gerne lesen, weiteren History-meets-Mystery-Geschichten aus ihrer Feder stünde ich aber eher kritisch gegenüber.