2. Kapitel (Seite 46 - 125) vom 05.08 - 08.08.05

  • ich bin jetzt auch mit dem Tractat fertig, habe ebenfalls das Gedicht im Anschluss daran.


    Puh, das war ja jetzt richtig heavy. Den ersten Seiten des Tractats konnte ich ja recht gut folgen. Es ist die - eh schon bekannte Geschichte - diesmal objektiv erzählt. Die letzten Seiten allerdings hatten es in sich, die werde ich wohl nochmals lesen müssen.


    Die These von den "vielen" Seelen ist durchaus nachvollziehbar. Denn nur 2 Seelen - das wäre gut/böse, schwarz/weiß. Das ist zuwenig.


    Was mir in diesem Zusammenhang aufgefallen ist, und was auch Lancelot im 1. Teil schon erwähnt hat, ist der Ausdruck "Neger" in Zusammenhang mit "simpel, primitiv, einfach".Er spricht davon, dass die simple Annahme der 2 Seelen (Mensch/Wolf) "eine negerhafte Wolfsmethode" ist. Das find ich brutal. Im ersten Teil bezeichnet er die ihm verabscheute Jazzmusik als "negerhaftig" - die im Vergleich zur europäischen Musik Bach/Mozart eine Schweinerei ist."


    Der Vergleich der beiden Seelen im Körper mit einem Garten, bei dem man die Pflanzen in "essbar" und "Unkraut" einteilt, ist sehr anschaulich und sehr gut gelungen. Der Weg zur Menschwerdung führt nicht Zurück, sondern nach vor, in der Weiterentwicklung, einer "offenen" Seele findet man das Heil.


    Im Übrigen fällt mir immer wieder die Hervorhebung von sogenannten "Genies" auf, den großen Unterschied unter den Menschen (den Ausdruck Neger hatte ich schon erwähnt). Das Bürgertum, die Normalos ist schlichtweg Abschaum, nur die wenigen, die die "Menschwerdung" schaffen, die sind unsterblich, oder auch "königliche Menschen". In diesem Zusammenhang erwähnt er auch Buddha. Erlösung gibt es nur durch Überstehen des Leidens, durch die Weiterentwicklung.


    Zum Gedicht selber bin ich eher sprachlos. Ist es die Sehnsucht nach Liebe, nach Geborgenheit? Nach dem Leben, das schon fast vorbei ist? Es verbreitet bei mir jedenfalls eine traurige, deprimierende Stimmung.


    .... kopfrauchende Grüße!

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Hallo nochmals,


    gleich im Anschluss daran kommt der Vergleich mit "jenem Rauche in Nietzsches Herbstlied"
    Ich habe ein bisschen gegoogelt und bin auf diesen Nietzsche-Text gestoßen, der möglicherweise gemeint sein könnte:


    Vereinsamt


    Die Krähen schrein
    und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
    bald wird es schnein -
    wohl dem, der jetzt noch - Heimat hat!


    Nun stehst du starr,
    schaust rückwärts, ach! wie lange schon!
    Was bist du Narr
    vor Winters in die Welt entflohn?


    Die Welt - ein Tor
    zu tausend Wüsten stumm und kalt!
    Wer das verlor,
    was du verlorst, macht nirgends halt.


    Nun stehst du bleich,
    zur Winter-Wanderschaft verflucht,
    dem Rauche gleich,
    der stets nach kältern Himmeln sucht.


    Flieg, Vogel, schnarr
    dein Lied im Wüstenvogel-Ton! -
    Versteck, du Narr,
    dein blutend Herz in Eis und Hohn!


    Die Krähen schrein
    und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
    bald wird es schnein,
    weh dem, der keine Heimat hat!

    Friedrich Nietzsche

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


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  • Hallo!


    Eine Textpassage aus dem Tractat möchte ich hier noch zur Diskussion stellen, denn die habe ich nicht so richtig verstanden.
    Wie könnte das gemeint sein: (bei mir auf S. 59)


    "Darum verbrennt der Bürger heute den als Ketzer, hängt den als Verbrecher, dem er übermorgen Denkmäler setzt."


    :?::?::?:

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


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  • Das ist wieder ganz eindeutig, na wer schon :wink: : NIETZSCHE :!:


    Zu den anderen Themen, ich werde deine Paasagen kopieren, und nochmals lesen , auch das "Tractat", dann erstelle ich eine Antwort. Evtl. aber erst morgen, am Wochenende ist das bei mir immer schlecht; da möchte mein Männi etwas von mir haben :wink:

  • servus rosalita. also die textpassage habe ich folgendermaßen verstanden:


    jede zeit hat seine verbrecher und seine helden. wer gestern noch am pranger stand, wird heute verehrt. als beispiel die gruppe "die weiße rose" die im 2. weltkrieg gegen hitler agierte. damals wurden sie verfolgt und umgebracht. heute, 60 jahre später werden sie lobend in allen schulbüchern erwähnt.


    oder die hexenverbrennung. damals anbeter des teufels und heute werden die erkentnisse in der modernen heilkunde verwendet.

  • Danke für die Hinweise, da ist was dran. Mein erster Gedanke dazu war Jesus Christus oder auch andere Märtyrer.


    .... das mit den Hexen stimmt ja natürlich auch....


    Ich habe gerade den Besuch bei diesem jungen befreundeten Professor gelesen, das ist ja Peinlichkeit pur, wie sich H.H. da aufgeführt hat und was für einen "tollen" Abgang er gemacht hat!! Als Gastgeber würde man da wohl sehr stutzig schauen!


    Weiters finde ich sehr bemerkenswert, wie Hesse den Krieg nahen sieht. Ich bin jetzt schon an der zweiten Stelle angelangt, wo er das Land auf einen Krieg zusteuern sieht bzw. die Blindheit der Bürger in Bezug auf den kommenden Krieg feststellt.


    Bei mir auf S. 75 (er macht sich gerade Gedanken über den jungen Professor): ... er sieht nichts davon, wie rings um ihn der nächste Krieg vorbereitet wird, er hält Juden und Kommunisten für hassenswert, er ist ein gutes, gedankenloses, vergnügtes, sich wichtig nehmendes Kind, er ist sehr zu beneiden."


    Aber ich habe schon öfter gelesen, dass Schriftsteller in den 20-er Jahren dafür besonders sensibel waren (Ödön v. Horvath, z.B.).


    Frohes Lesen!!

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
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  • Zitat

    Original von Rosalita


    Ich habe gerade den Besuch bei diesem jungen befreundeten Professor gelesen, das ist ja Peinlichkeit pur, wie sich H.H. da aufgeführt hat und was für einen "tollen" Abgang er gemacht hat!! Als Gastgeber würde man da wohl sehr stutzig schauen!


    So spielt das Leben :wink:
    Ich habe diese Passage genau umgekehrt erlebt. Da wäre ich von Anfang an geplatzt, wo das mit dem Zeitungsartikel herauskam, und die Beiden über diesen Hallers gelästert haben. Mein Auftritt wäre viel früher gekommen, ich hätte dort gar nicht gegessen :!:



    Hallo Xirlan


    Deine Beispiele sind sehr gut :wink:
    und schön, dass du dich zu Wort gemeldest hast :bounce::bounce::bounce:

  • Xirlan: deiner Interpretation der bewussten Textstelle kann ich nur zustimmen. Das sehe ich auch so.


    Eine Zeitlang gingen mir Hallers wehleidige Gedanken und Selbstmordkokettiereien (was für ein Wort, aber ich finde momentan kein besseres) sehr auf die Nerven und ich dachte nicht nur einmal: Dann bring dich doch um. Mir wäre es in diesen Momenten egal gewesen. Dieses Gejammer und diese negative Weltsicht wirkten auf mich nicht echt.


    Der Besuch bei Professors war dann Leben pur. Endlich sah ich ihn als lebendigen Menschen und amüsierte mich über die ganze absurde Situation.

  • Hallo Ihr


    Zitat

    Im Übrigen fällt mir immer wieder die Hervorhebung von sogenannten "Genies" auf, den großen Unterschied unter den Menschen (den Ausdruck Neger hatte ich schon erwähnt). Das Bürgertum, die Normalos ist schlichtweg Abschaum, nur die wenigen, die die "Menschwerdung" schaffen, die sind unsterblich, oder auch "königliche Menschen". In diesem Zusammenhang erwähnt er auch Buddha. Erlösung gibt es nur durch Überstehen des Leidens, durch die Weiterentwicklung.


    Im Zarathustra verwendet Nietzsche den Ausdruck „Übermensch“, ich denke mit Genie oder königlicher Mensch wollte Hesse es umschreiben. Es läuft aber in die gleiche Richtung.



    Was mir im Tractat so sehr aufgefallen ist, ist der Humor.
    Als ich das Tactat gelesen habe, hatte ich folgenden Gedanken:


    Harra soll es mit Humor nehmen, denn wenn man eine Sache mit Humor begegnet (Zwei-Seelen, Einsamkeit usw.) ist auch der Zwang aufgehoben. Jetzt stellt euch den Steppenwolf mal mit Humor vor. Könnt ihr euch das denken? Einen humorvollen Wolf? Mein erster Gedanke war: Wird Harry dann nicht ironisch? Ja, gar zum Zyniker?
    Dieser Gedanke kam mir dann noch ruppiger, noch wölfischer, ja noch grausamer vor. Ne, dachte ich, mit Humor ist dem Steppenwolf nicht zu helfen.


    So, dann habe ich weitergelesen.
    Das Mädchen sprach dann wieder von einer Art von Humor, das Tanzen. Oder besser das Einfache, welches der Steppenwolf nie gelernt hatte, das Vergnügen. Ja, dachte ich. Diese Art von Humor, die fehlt dem Wolf absolut, das einfache ulken (wie wir z.B. im Chat, harmlose Freude ohne Sinn und Verstand).


    Und dann der Traum mit Goethe.
    Goethe verweist wiederum auf den Humor, und dass man Tote nicht zu ernst nehmen soll.
    Der Scherz, die Freude, das Vergnügen, das sind alles Dinge, die einem total Vergeistigten völlig fremd sind. Ohne ein kleines Lächeln auf den Lippen kann man schwerlich Kontakt zu Mitmenschen aufnehmen, man vereinsamt. (Hier wären wir dann bei einer Leserunde, die ich lieber vergessen wollte.)

  • Stimmt, Humor ist etwas, was HH vollkommen fehlt. Er ist höchstens unfreiwillig komisch.


    Ich muss mal blöd fragen, weil ich anscheinend völlig andere Seitenzahlen habe: wie weit geht dieser zweite Abschnitt? Ich bin jetzt an der Stelle, wo Hermine Harry ins Tanzlokal schleppt.

  • Zitat

    Original von Lancelot


    Ich muss mal blöd fragen, weil ich anscheinend völlig andere Seitenzahlen habe: wie weit geht dieser zweite Abschnitt? Ich bin jetzt an der Stelle, wo Hermine Harry ins Tanzlokal schleppt.


    Das Buch besteht aus Vorwort, Harry Hallers Aufzeichnungen und Tractat vom Steppenwolf (Beginn bei mir auf Seite 46).
    Insgesamt bei mir 234 Seiten. Dadurch habe ich dieses Tractat bis Seite 139 ("Er führt sie, er heizt ein." Absatz Wie das Grammophon ...) bei mir eingeteilt. So ungefähr ...

  • Hallo allerseits!


    Ja, den Teil ueber den Humor fand ich auch sehr gut. Ich finde, dass Humor eine sehr gute Loesung ist, um Schwierigkeiten und schlechte Zeiten zu ueberwinden. Humor hat mir persoenlich schon ueber vieles hinweggeholfen (ich habe 3 Kinder, relativ knapp hintereinander, die waren immer viel krank, und dann hat immer eines den anderen angesteckt.... es kam eine Hiobsbotschaft nach der anderen,.... wenn ich das nicht mit Humor gesehen haette, dann gaebe es mich wohl nicht mehr....).


    Allerdings Humor passt zum Steppenwolf ja ueberhaupt nicht, da muss ich dir Recht geben, Heidi. Der waere ja nicht zum Aushalten!!


    Die Taenzerin hat mir auch gefallen. Die "einfachen Dinge des Lebens", da hat Harry Haller wohl das Los von vielen "Geistesmenschen" gezogen, die glauben, sich mit so banalen Dingen nicht abgeben zu muessen.


    Ich hoffe, dass ich heute noch ein Stueck weiterkomme, allerdings habe ich ganz arge Schwierigkeiten mit meinem PC, der spielt total verrueckt... und wenn das so weiter geht, dann werde ich wohl morgen nicht online sein koennen.


    Liebe Gruesse!

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


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  • Lancelot. was du über das (ich setz es mal in anführungsstriche) "gejammer" gesagt hast, ging mir ähnlich. es ist wirklich toll und genial beschrieben und umschrieben. aber hätte es nicht die wendung mit dem professor und dem aufeinendertreffen mit hermine gegeben, hätte ich schwierigkeiten gehabt das buch intensiv weiter zu lesen. so allerdings passt es sehr gut zusammen wie ich finde. erst das abgrundtief traurige und nun....leben.oder vielleicht doch nicht ???

  • Ja, diese beiden Ereignisse gaben der Geschicht die Würze und mir den Ansporn, mit neuem Eifer weiterzulesen.


    Erst war ich mir gar nicht sicher, ob Hermine "real" ist oder nur eine Vorstellung, ein Traumbild. Fragt mich nicht warum, ich kann es nicht begründen.