Juan Moreno: Teufelsköche. An den heißesten Herden der Welt

  • Der Autor:
    Juan Moreno, geboren 1972 in Huercal-Overa in Spanien, absolvierte die Journalistenschule in München. Seine Kolumne »Von mir aus«, die bis 2007 in der Süddeutschen Zeitung erschien, wird von vielen schmerzlich vermisst. Juan Moreno ist Reporter bei Der Spiegel und lebt in Berlin. (kopiert von der Verlagswebsite)


    Der Fotograf:
    Zu Mirco Taliercio habe ich keine Kurzbiographie gefunden, aber wer sich einen Eindruck von seinen Arbeiten verschaffen will, kann das hier tun: http://www.mirco.net


    Kurzbeschreibung: (von amazon.de)
    Juan Moreno und Mirco Taliercio haben die wirklich Besessenen unter den Köchen aufgespürt: leidenschaftliche Genies wie den Italiener Gerry Addesso, der seine Karriere den Fischen und der Liebe einer Frau verdankt. Oder Sternekoch Vincent Klink, der seinen Besuchern die Freiluftdusche im Garten zeigt, unter die er selbst im Februar steigt. Es geht um den Leibkoch Idi Amins, der mit einem zarten Ziegenbraten die Sympathien des Diktators von Uganda gewann. Und um Wam Kat, der Tausende bekocht, die von Gorleben bis Heiligendamm für eine bessere Welt demonstrieren. Doch »Teufelsköche « erzählt nicht nur von der Liebe zum Essen und der Lust am Genuss, sondern auch von teuflischem Hunger und dem Kampf ums Überleben – wie in der Geschichte von Faith, die mitten auf der Mülldeponie von Nairobi ihr Restaurant eröffnet hat.


    Inhalt und meine Meinung:
    „Teufelsköche“ ist ein Gemeinschaftsprojekt des Journalisten Juan Moreno und des Fotografen Mirco Taliercio. Beide arbeiten unter anderem für den „Spiegel“ und den „Stern“ und die Idee für dieses Buch kam ihnen bei einem Essen in einem Münchener Restaurant, als sie nämlich anfingen, sich über den Inhaber auszutauschen, einen begnadeten Koch – Gerry Addesso – der kurz nachdem er Moreno und Taliercio erzählt hatte, wie es eigentlich dazu gekommen war, dass er Koch wurde, ins Gefängnis kam, weil er in Drogengeschäfte der Mafia verwickelt war.
    In diesem wirklich außergewöhnlichen Buch erzählt Moreno – ergänzt durch großartige und sehr eindrucksvolle Fotos von Taliercio – die Geschichten der verschiedensten Köche. Einige sind bekannt, weil sie drei Sterne haben und im Guide Michelin verweigt sind. Andere haben Restaurants, die in Zeitungen und Lifestyle-Magazinen empfohlen werden. Da ist zum Beispiel der Besitzer des Rao’s in New York, eines Restaurants, in dem man keine Chance hat, einfach so einen Tisch zu reservieren. Man muss Stammgast sein, um dort essen zu können. Ein Freund der Familie. Oder amtierender Präsident. Ansonsten hat man keine Chance.
    Im Kontrast zu den Geschichten dieser Köche steht zum Beispiel das Interview mit Nurse Tifa, der bekanntesten YouTube-Köchin der Welt (ganz offensichtlich bekommt sie eher keine Klicks wegen ihrer Kochkünste, sie hat andere Vorzüge…). Als ich ihr Porträtfoto gesehen habe, hatte sie das Vorurteil weg – das Interview zeigt dann aber eine Frau, die in einer Situation gefangen ist, der sie einfach nicht entkommen kann – auch nicht im gelobten Land, den USA.
    Besonders berühren aber die Geschichten ganz anderer Köche. Zum Beispiel die Geschichte des Mannes, der im Todestrakt eines texanischen Gefängnisses die Henkersmahlzeiten kochte – und der mit dem Mythos um die Henkersmahlzeiten aufräumt, der sich hartnäckig hält und besagt, dass Häftlinge sich als letzte Mahlzeit alles wünschen können, was sie möchten. Seine Geschichte hat bei mir wirklich einen Kloß im Hals hinterlassen, sie berührt einfach.
    Ebenso erging es mir mit anderen Geschichten – zum Beispiel von der Köchin, die auf der größten Müllkippe Nairobis kocht und die Essen als schrecklich empfindet, weil man es immer wieder tun muss. Essen als Genuss kennt diese Frau überhaupt nicht, ihr geht es nur ums Überleben für sich und ihre Kinder. Die letzte Geschichte dieses Buches erzählt von einem afrikanischen Flüchtling, der sich nur eines wünscht: nach Europa zu kommen und dort als Koch zu arbeiten – bei McDonald’s. Diese Geschichte ging mir wirklich unter die Haut, sie ist unfassbar traurig.
    Die Geschichten der Köche in diesem Buch sind toll geschrieben. Es geht nicht nur ums Kochen, nicht um die klassischen Geschichten, die man immer wieder von Köchen hört. Es geht nicht um die Köche, die uns als erste einfallen, wenn wir das Wort „Koch“ hören. Schuhbeck, Mälzer, Oliver, Lafer, Rach und Co. spielen hier keine Rolle. Es geht nicht darum, möglichst bekannte Leute zu präsentieren, sondern hier werden Menschen gezeigt, die Köche sind – aus den unterschiedlichsten Gründen – und die unter den unterschiedlichsten und zum Teil unter unvorstellbaren Bedingungen arbeiten. Die Mischung macht es hier einfach – und die Tatsache, dass jeder der Köche ein Rezept beigesteuert hat, ist ein ganz besonderes Extra.
    Ich glaube, dass „Teufelsköche“ jeden begeistern kann, der sich für Menschen interessiert, die wirklich etwas zu erzählen haben. Die Zusammenstellung der Geschichten, Bilder und Rezepte ist wirklich einzigartig und ich denke, dass ich in diesem Buch noch oft lesen werde. Eine klare Leseempfehlung.
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • @ Strandläuferin
    Deine Auführungen machen mich neugierig. :D
    Ich frage mich nur gerade, warum Du es unter "sonstiges" eingestellt hast? Ich finde, dass es viel besser zu den "Biographien" passt!

    Ich mach' mir die Welt, wie sie mir gefällt .... Astrid Lindgren

  • Ich frage mich nur gerade, warum Du es unter "sonstiges" eingestellt hast? Ich finde, dass es viel besser zu den "Biographien" passt!

    Das hatte ich zunächst auch überlegt, aber dann erschienen mir die Texte dazu wiederum zu kurz und zu schlaglichtartig. Sie bilden zwar natürlich die Menschen ab, von denen die Rede ist, aber Moreno macht zum Beispiel keinen Hehl daraus, dass die Texte durch seine persönlichen Eindrücke bei den Gesprächen gefärbt sind. Das ist zwar bei Biographien auch irgendwie so, aber wie gesagt, dazu erfährt man meiner Meinung nach über die einzelnen Menschen nicht genug. Schwierig. Vielleicht sollte der Beitrag auch einfach verschoben werden. :loool: