Karina Urbach: Queen Victoria. Eine Biografie

  • Kurzbeschreibung (kopiert bei amazon)


    Königin Viktoria wurde zur ersten wahrhaft globalen Herrscherin, etwa
    ein Drittel der damaligen Weltbevölkerung gehörte schließlich zum
    britischen Empire. Mit 18 bestieg sie den Thron, um mehr als 63 Jahre zu
    regieren und ein ganzes Zeitalter zu prägen. Dieses Buch räumt mit
    vielen Legenden über die "jungfräuliche" Königin mit neun
    Schwangerschaften auf, zeigt ihren Familiensinn und ihre Begabung für
    medienwirksames Auftreten, ihren Politikstil und den Umgang mit
    Premierministern wie Disraeli oder Gladstone. Sie wurde Kaiserin von
    Indien und als "Großmutter Europas" bestimmte sie auch maßgeblich die
    europäische Politik bis zu ihrem Tod 1901.




    Autorin (Info im Buch)


    Karina Urbach ist Senior Research Fellow an der Universität London. Sie wurde in Cambridge promoviert und habilitierte sich 2009 über die politischen Verknüpfungen des europäischen Adels im 20.Jahrhundert.


    Eigene Beurteilung


    Diese Biografie ist mit 192 Seiten nicht sehr umfangreich, informiert aber dennoch in insgesamt 10 Kapiteln sehr detailliert über alle Aspekte von Victorias "Berufs-" und Privatleben. Der Leser erfährt Wissenswertes über ihre ständige Gängelei und Überwachung durch ihre Mutter, in deren Zimmer sie bis zum 18.Lebensjahr schlafen musste, und kann dann umso eher nachvollziehen, warum Victoria als blutjunge Königin einer Heirat und damit neuerlichen Überwachung, diesmal durch einen Ehemann, abgeneigt war. Die Autorin beschreibt Victorias erste Gehversuche als Regentin an der Hand des vierzig Jahre älteren Premierministers Melbourne. Eine neue Phase in ihrem Leben wird durch die Heirat mit ihrem Cousin Prinz Albert von Coburg eingeläutet. Nachdem Victoria sich entgegen ihren Plänen zu ihrer eigenen Verwunderung in ihn verliebt hat, gewinnt er immer mehr Einfluss auf sie und ihre politischen Entscheidungen. Die Autorin widmet sich auch der Jugend von Prinz Albert in einem sehr "amoralischen" Umfeld und zeigt auf, wie er zu dem "langweiligen Moralapostel" wurde, den die Briten in ihm sahen. Darüber hinaus hebt sie seine Verdienste hervor: er war nicht nur sehr fleißig, gewissenhaft und vielseitig interessiert, sondern verstand es auch, die königliche Familie pressewirksam zu vermarkten. Die PR-Arbeit der heutigen Royal Familiy soll direkt auf Alberts Methoden der königlichen Inszenierung zurückgehen. Der längste Regierungsabschnitt der Königin fällt in die Zeit nach Alberts Tod 1861, als sie von der willfährigen und anbetungsvollen Ehefrau zur willensstarken und souveränen Königin und im Volk als die "Witwe von Windsor" bekannt wurde.
    Die Biografie berichtet hier sowohl über Victoria als Figur auf dem politischen Parkett und ihre unterschiedlich harmonischen Beziehungen zu den Premierministern ihrer langen Regentschaft als auch über außenpolitische (z.B. Krimkrieg) und innenpolitische (soziale Missstände) Probleme. Über ihre Beziehung zu ihren neun Kindern und zahlreichen Enkeln, die sich bei ihr sehr unterschiedlicher Beliebtheit erfreuten, weiß Karina Urbach einiges zu vermitteln, hier hätte sie meiner Meinung nach noch ausführlicher schreiben können.


    Der Erzählstil ist nicht biografietypisch trocken, sondern sehr unterhaltsam mit einem respektlos-humorvollen Unterton.


    So heißt es auf Seite 10 über den Großvater von Queen Victoria:

    Zitat

    George III galt seinen Zeitgenossen als ausgesprochen unattraktiver Mann, der nicht nur die amerikanischen Kolonien, sondern auch seinen Verstand verloren hatte. Seine Familienverhältnisse waren so zerrüttet wie seine Nerven. Bereits im luziden Zustand bekämpfte er die Mehrzahl seiner 15 Kinder. [...]

    Dieser Sprachstil machte mir das Buch zu einem wahren Lesevergnügen. :wink:
    Als hilfreich empfand ich auch die (nicht sehr zahlreichen) Illustrationen im Buch sowie die Zeittafel und eine umfangreiche Bibliografie im Anhang.


    :arrow: Dieses Buch kann man Lesern, die sich für Victoria (& Albert) und die Situation Englands vor dem Hintergrund der industriellen Revolution des 19.Jahrhunderts interessieren, bedenkenlos empfehlen. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

    Einmal editiert, zuletzt von €nigma ()

  • Danke für die schöne Rezi, €nigma!
    Eine Biografie mit Humor über eine eh schon so interessante Frau, muß ich natürlich haben. :D Das Buch wandert sofort auf meine WL.


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


    :study: Tatiana de Rosnay, Bumerang

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Autorin: Karina Urbach

    Titel: Queen Victoria - Eine Biografie

    Seiten: 284

    ISBN: 978-3-406-72753-5

    Verlag: C.H. Beck


    Einordnung:

    Die Rezension umfasst die erweiterte und aktualisierte Fassung der Biografie, die jetzt im C.H. Beck Verlag erschien.


    Autorin:

    Karina Urbach ist eine deutsche Historikerin mit den Spezialgebieten Drittes Reich, sowie Monarchien. An der University of Cambridge studierte sie Geschichte und Internationale Beziehungen, bevor sie u.a. nach Bayreuth wechselte und dort wirkte. Sie unterrichtete an verschiedenen deutschen und britischen Universitäten und forscht seit 2015 am Institute for Advanced Study in Princeton. Als Fachbearaterin war sie an zahlreichen historischen Dokumentationen des ZDF und der BBC beteiligt. Sie ist Autorin zahlreicher Publikationen zur deutschen und britischen Geschichte.

    Inhalt:

    Als Victoria 1837 im Altern von achtzehn Jahren den Thron bestieg, hätte niemand ihr zugetraut, eine erfolgreiche Königin zu werden - geschweige denn, ein ganzes Zeitalter zu prägen. Die Historikerin Karina Urbach erzählt in dieser glänzend geschriebenen Biografie, wie victoria in ihrer 63-jährigen Regierungszeit allen politischen Stürmen und persönlichen Widrigkeiten standhielt und zur mächtigsten Frau des 19. Jahrhunderts wurde. (Klappentext)


    Rezension:

    Sehr knapp gehaltene Biografien haben oft genug den Nachteil, eher einseitig orientiert zu sein und nicht alle Aspekte einer Person in ihren Einzelheiten zu analysieren. Aufgrund Platzmangels fällt so manche wichtige Begebenheit herunter und wenn dazu dann noch eine etwas klägliche Quellenlage kommt, hat man meist eine unausgegorene Arbeit in den Händen, die es sich nicht zu lesen lohnt. Ganz anders die Biografie Queen Victorias, geschrieben von Karina Urbach.


    Karina Urbach beherrscht die Kunst der Verknappung ohne den Fehler zu machen, zu einseitig die Person zu analysieren, die Hauptthema ihres Werkes ist. Auf nicht einmal 300 Seiten wird einer der größten Herrscherinnen Europas auf den Zahn gefühlt und nahezu alle Aspekte, vom politischen Standpunkt und Wandel bishin zum Privatleben beleuchtet, was bei Monarchen bekanntlich fließend ineinander übergeht. Die Autorin verfolgt dabei eine lineare Strategie, trennt diese Punkte nicht voneinander, sondern orientiert sich an den Jahreszahlen. Sie beschreibt den Werdegang dieser beeindruckenden Frau, das wechselnde politische Gefüge und private Konstellationen, in denen Victoria agieren musste.


    Detailliert, jedoch nicht ausufernd, beschreibt die Historikerin, welchen Einfluss die englische Königin auf die politischen Entscheidungen ihrer Premierminister hatte (oder auch nicht), wie sie die Familiengeschicke lenkte, deren Verbindungen in beinahe sämtliche europäischen Herrscherhäuser hineinreichte. Einzelne Aspekte wie das interesse an sozialen Missständen werden hervorgehoben, aber auch Kritik nicht ausgespart. So wird die fehlgeleitete Irlandpolitik ebenso zur Sprache gebracht, wie die Heiratspolitik, die erbliche Krankheiten quer in die Königshäuser Europas brachte, aber auch einige Mitglieder des britischen Königshauses schwer treffen sollte. Urbach zeigt, wie Victoria sich zum Fixpunkt des Adels entwickelte, der beim Wegfallenfast zwangsweise (nach ihrem Tod) in die Urkatastrophe des 21. Jahrhunderts führen sollte.


    Die Biografie zeichnet das Bild einer Frau ohne jedwedes innenpolitisches Gespür, dafür um so mehr außenpolitischen Glück und Machtbewusstsein, eines Menschen, der sich seiner Fehler bewusst war, bestimmte Wendungen jedoch nicht vermochte, zu verhindern. So differenziert ist "Victoria - Eine Biografie" ein Werk, um sich einen ersten Überblick über eine Königin zu verschaffen, die eine ganze Epoche ihren Stempel aufdrücken sollte, welche jedoch ohne sie keine Chancen hatte, zu überleben. Karina Urbach über ein britisches "National Treasure", welche zwar viele Fehler gehabt, jedoch das Bild prägen sollte, welches teilweise heute noch Groß-Britannien und die britische Königsfamile im Besonderen hat.