Michael Kumpfmüller, Die Herrlichkeit des Lebens

  • Inhalt (Klappentext):
    Im Sommer 1923 lernt der tuberkulosekranke Franz Kafka, als Dichter nur Eingeweihten bekannt, in einem Ostseebad die 25-jährige Köchin Dora Diamant kennen. Innerhalb weniger Wochen tut er, was er nicht für möglich gehalten hat: Er entscheidet sich für das Zusammenleben mit einer Frau, teilt Tisch und Bett mit Dora. In Berlin wagt er mit ihr das gemeinsame Leben, mitten in der Hyperinflation der Weimarer Republik. Den täglich kletternden Preisen, den wechselnden Untermietquartieren, den argwöhnischen Eltern zum Trotz: Bis zu seinem Tod im Juni 1924 werden sich Franz Kafka und Dora Diamant, von wenigen Tagen abgesehen, nicht mehr trennen.


    Autor:
    Michael Kumpfmüller, geboren 1961 in München, lebt als freier Schriftsteller in Berlin. Im Jahr 2000 debütierte er mit dem viel diskutierten Ost-West-Roman "Hampels Fluchten". 2003 folgte das zweite Buch "Durst" nach einem wahren Kriminalfall, 2008 der Gesellschaftsroman "Nachricht an alle", der mit dem Alfred-Döblin-Preis ausgezeichnet wurde.


    Meine Meinung u. Bewertung:
    Franz Kafka schon schwer unter der Tuberkulose leidend begegnet seiner großen Liebe Dora. Bisher hatte er eher ein distanziertes Verhältnis zu Frauen, zu viel Nähe machte ihn unsicher, störte ihn. Bei Dora war zu seiner eigenen Verwunderung alles anderst. Schon bald konnte er sich die Tage ohne sie nicht mehr vorstellen. Mit ihr konnte er sogar schweigend reden. Ein Zusammenleben galt es vorzubereiten. Vor Prag, wo seine Eltern wohnten, fürchtete er sich, war sich seiner finanziellen Abhängigkeit vollkommen bewußt. Deshalb entschloß er sich für die Flucht nach vorne, mietete eine Wohnung für sich in Berlin, nur als Zwischenstation wie er den Eltern zunächst mitteilte. Dora besuchte ihn tagsüber, lernte seinen Freund Max kennen und auch seine Lieblingsschwester Ottla. Doch schon stand ein erneuter Wohnungswechsel an, die Vermieterin beanstandete Doras häufige Anwesenheit. Die Suche war schwierig, das Geld knapp. Ein Zimmer mehr, Dora freute sich, die Vermieterin nahm es nicht so genau. Dora versorgte ihren Franz rührend.
    Kafka nannte dies später als die glücklichste Zeit seines Lebens. Er schrieb sogar wieder und sie sah ihm bei der Arbeit über die Schulter oder beobachtete ihn aus dem Stuhl in der Ecke. Das Geld verfiel rasend schnell. Hunger war ein Begleiter der Stadt. Was abends ausbezahlt wurde, war morgens schon nichts mehr wert. Daher bat Franz Kafka die Eltern um ausländische Währung. Schon bald wurde sein Onkel geschickt um nach dem Rechten zu sehen, aber auch mit ihm verstand sich Dora gut. Den Eltern war langsam klar, dass eine Frau der wahre Grund für das Fernbleiben des Sohnes war. Pakete der Angehörigen linderten die Not ein wenig. Trotz allem viel Heiterkeit zwischen den beiden. Doch das Fieber kam erneut. Franz wollte nicht weg, steigerte sich in Ängste, wenn er an Sanatorien dachte, zögerte es hinaus so lange er konnte..........
    Michael Kumpfmüller gelingt mit diesem Roman eine sehr feinsinnige, sensible Geschichte. Selbst wer mit den Werken von Franz Kafka nicht so bewandert ist, wird dieses Buch mögen, denn sie bleiben im Hintergrund. Die Liebe von Franz und Dora bildet den Kern und vermittelt somit ein intensiveres Kennenlernen. Man gönnt den beiden das Glück, sieht aber auch wie zerbrechlich es ist, wie die Krankheit ständig voranschreitet, konfrontiert mit dem Tod. Dora weicht ihm nicht mehr von der Seite, beruhigt, besänftigt ihn und die Familie ist dankbar dafür. Oft ähnelt sie mehr einer Krankenschwester als der Geliebten. Zum Schluß ist man traurig, aber auch dankbar.
    Ergreifend, gefühlvoll und wunderschön! Ich habe das Buch sehr gerne gelesen.
    Meine Bewertung: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


    :study: Marianna Butenschön, Die Preußin auf dem Zarenthron

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Eine angenehme fiktionale Nachempfindung!


    Das letzte Jahr des Doktors umschreibt der Autor in diesem Buch. Und der Doktor ist kein anderer als Franz Kafka, der anhand vieler Briefe und Tagebucheinträgen sehr einfühlsam und prägnant auferweckt wird. 1923 lernt Kafka in einem Ostseebad Dora kennen. Beide spüren direkt, dass da zwischen ihnen so was wie eine Seelenverwandtschaft existiert und beschließen zusammen zu bleiben. Ein Unternehmen mit Hindernissen, denn der Doktor wird aufgrund seiner Erkrankung, Tuberkulose, stark von seiner Familie bestimmt. Seine Schwestern und Eltern kümmer sich in ihrer Art schon recht rührend um ihm, aber sie nehmen ihm auch den letzten Atem. Dora schenkt ihm diese Freiheit, und so setzt sich Kafka durch und zieht mit Dora nach Berlin, auch wenn es sich für seine Krankheit nachweislich als äußerst ungünstig erweist. Seine Tuberkulose bricht aus, er muss ins Sanatorium und stirbt kaum ein Jahr später.


    >>Er wird sterben, wenn er jung ist, - , ohne die geringste Weisheit.<<


    Das Buch besteht aus drei Teilen: kommen, bleiben und gehen. Der Autor erzählt diese Geschichte mit ganz feiner Hand, eindringlich spürt man die Leidenschaft dieser zwei Menschen, die sich beide aufopfern für den anderen, und so noch eine wunderbare Zeit in Berlin verleben. Leider sind die Briefe von Dora von der Gestapo 1933 bei einer Hausdurchsuchung konfisziert worden und seitdem verschollen.
    Persönlich fand ich den letzten Teil etwas zu pathetisch, ansonsten war das Buch eine sehr angenehme und entspannende Lektüre.


    Michael Kumpfmüller geboren 1961 in München, lebt als freier Schriftsteller in Berlin. Im Jahr 2000 debütierte er mit dem viel diskutierten Ost-West-Roman „Hampels Fluchten“. 2003 folgte das zweite Buch „Durst“ nach einem wahren Kriminalfall, 2008 der Gesellschaftsroman „Nachricht an alle“, der mit dem Alfred-Döblin-Preis ausgezeichnet wurde.